Beraterpraxis, GmbH, Steuerberatung -

Kein Gestaltungsmissbrauch bei verlustbringender Veräußerung an Mitgesellschafter

Das durchaus nachvollziehbare Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerlich lukrative Vorgehensweise noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung wird erst dann als unangemessen eingestuft, wenn der Steuerpflichtige nicht die vom Gesetzgeber vorgegebenen Möglichkeiten zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nutzt, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, der eigentlich nicht vorgesehen war. Daher ist ein Gestaltungsmissbrauch erst dann gegeben, wenn der gewählte Weg - gemessen an dem erstrebten Ziel - nur der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.

Das hat der BFH zu einer gezielten verlustbringenden Veräußerung eines im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteils an einen Mitgesellschafter entschieden. Diese Veräußerung stellt nicht schon deshalb einen Gestaltungsmissbrauch dar, nur weil der Verkäufer in engem zeitlichen Zusammenhang von einem anderen Mitgesellschafter einen in gleicher Höhe bestehenden Gesellschaftsanteil erwirbt und durch dieses ringweise Geschäft per Saldo - mit Ausnahme der realisierten Steuerverluste - alles beim Alten bleibt.

Im Urteilsfall ging es um eine GmbH, die fast ausschließlich mit Aktien am neuen Markt handelte und deren Vermögen sich aufgrund der negativen Börsenentwicklung drastisch verminderte. Vor diesem Hintergrund veräußerten die Gesellschafter der GmbH ihre jeweilige Beteiligung mit Verlust reihum an einen Mitgesellschafter und erwarben zeitgleich wieder eine Beteiligung in gleicher Höhe von einem jeweils anderen Gesellschafter. Die erklärten Verluste aus der Veräußerung erkannte das Finanzamt wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an. Dem hat der BFH allerdings widersprochen.
Einem Steuerpflichtigen steht es nämlich frei, ob, wann und an wen er seine Anteile an einer GmbH veräußert. Liegt keine der gesetzlich ausdrücklich geregelten Verlustabzugsbeschränkungen vor, ist das realisierte Minus aus dem Veräußerungsgeschäft entsprechend dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

Es ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung wiederum Anteile an derselben GmbH in gleichem Umfang erworben werden. Zwar hatte der BFH es in Einzelfällen als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn Beteiligte steuerrechtlich grundsätzlich zulässige Gestaltungen durch gegenläufige Rechtsgeschäfte tatsächlich und wirtschaftlich konterkarieren. Doch beim ringweisen Verkauf der GmbH-Anteile liegt der Fall anders. Denn durch den erneuten Anteilserwerb hat sich die steuerrechtliche Ausgangslage insoweit geändert, als sich Verkauf und Erwerb in diesem Fall nicht aufheben.

Bei einer späteren Veräußerung dieser Anteile oder bei einer Liquidation der GmbH ist der dann anfallende Gewinn oder Verlust unter Berücksichtigung der neuen Anschaffungskosten zu ermitteln, und durch den geringeren Anschaffungspreis fällt das Plus entsprechend höher und das Minus entsprechend geringer aus. Durch den ringweisen Anteilsverkauf erreichen die Gesellschafter also zumindest einen Steuerstundungseffekt durch das Vorziehen von Verlusten, die sie mit anderen Einkünften verrechnen können. Durch das Teileinkünfteverfahren gelingt das allerdings nur zu 60 %, weil im - umgekehrten - Erfolgsfall der Veräußerungserlös zu 40 % steuerfrei bleibt.

Praxishinweis

Die Verlustnutzung gelingt bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft - AG, GmbH oder Genossenschaft - ab 1 %. Dann steht sich der Gesellschafter deutlich besser als der Privatanleger mit Aktien im Depot. Die hieraus realisierten Verluste sind nämlich unter den Regeln der Abgeltungsteuer seit 2009 nur noch schwer verrechenbar:

  • Ein Verlustausgleich gelingt grundsätzlich nur im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht mit anderen Einkunftsarten.
  • Ein Verlustrücktrag aufs Vorjahr ist nicht vorgesehen.
  • Der Verlust aus Aktien darf nur mit Gewinnen aus Aktien, nicht jedoch mit anderen positiven Kapitaleinnahmen wie Zinsen, Dividenden oder dem Kursplus aus anderen Wertpapieren verrechnet werden.

BFH, Urt. v. 07.12.2010 - IX R 40/09
BFH, Urt. v. 29.05.2008 - IX R 77/06, BStBl II 2008, 789
BFH, Urt. v. 17.12.2003 - IX R 56/03, BStBl II 2004, 648

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 08.03.11