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Kranken- und Kfz-Versicherung und Kostenrecht: Änderungen durch neue Gesetzespakete

Die Bundesregierung hat zwei Gesetzespakete auf den Weg gebracht, die zwar nur am Rande mit der Steuer zu tun haben, aber für den Alltag besonders relevant sind. Die Änderungen betreffen etwa Krankenversicherte, Autobesitzer und Rechtsanwälte.

  • Das Gesetz zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften sieht künftig u.a. einen Auskunftsanspruch sowie das Recht auf Einsicht für privat Krankenversicherte vor. Im Gegenzug schränkt es den Wechsel aus Unisex-Tarifen bei der privaten Krankenversicherung ein und beseitigt Unzulänglichkeiten bei der Kfz-Haftpflichtversicherung. 
  • Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz hat die Vereinfachung des Kostenrechts als wichtigstes Ziel, um Gerichte von der sehr umfangreich gewordenen Kostenrechtsprechung zu entlasteten. Die Gebühren der Rechtsanwälte werden an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst.

Geänderte versicherungsrechtliche Vorschriften

Neben Neuregelungen bei der Krankenversicherung werden Schwächen bei der Kfz-Haftpflichtversicherung beseitigt. Zu erwähnen sind insbesondere vier Schwerpunkte im Bereich der Krankenversicherung und der Kfz-Haftpflichtversicherung:

  1. Auskunftsanspruch: Ein privat Krankenversicherter kann von seiner Versicherung Auskunft darüber verlangen, ob diese für eine geplante Behandlung die Kosten trägt. Der Anspruch besteht, wenn die Behandlungskosten den Betrag von 2.000 € vermutlich überschreiten werden. In diesem Fall kann der Versicherungsnehmer eine konkrete Zusage verlangen; auf vorgelegte Unterlagen wie etwa Kostenvoranschläge muss sein Versicherungsunternehmen in der Auskunft eingehen. Die Antwort darf nicht länger als zwei Wochen dauern. Bummelt die Versicherung, wird zugunsten des Versicherungsnehmers angenommen, dass die beabsichtigte Behandlung notwendig ist. Wenn es zum Streit kommen sollte, muss der Versicherer dann beweisen, dass dies nicht der Fall ist.
  2. Einsichtsrecht: Bisher kann ein privat Krankenversicherter in Unterlagen, die der Versicherer zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeholt hat, nur indirekt über einen Arzt oder über einen Rechtsanwalt Einsicht nehmen. Zukünftig soll er direkt selbst Einsicht nehmen können, sofern keine erheblichen therapeutischen oder sonstigen Gründe dem entgegenstehen. Dies ist eine Folgewirkung einer entsprechenden Regelung im Entwurf des neuen Patientenrechtegesetzes.
  3. Unisex-Tarife: Mit Einführung dieser geschlechterunabhängigen Tarife in der privaten Krankenversicherung - als Folge der EuGH-Rechtsprechung - soll das Recht auf Tarifwechsel eingeschränkt werden, um Nachteile für die Versichertengemeinschaft zu vermeiden. Aus Unisex-Tarifen soll nicht in herkömmliche Tarife gewechselt werden können, während hingegen der umgekehrte Wechsel möglich bleibt. Ohne diese Einschränkung funktionieren Unisex-Tarife nicht, so das Bundesjustizministerium. Denn diejenigen Versicherungsnehmer, für die Unisex-Tarife zu höheren Prämien führen können, würden sich dem durch einen gezielten Wechsel in für ihr Geschlecht günstigere Tarife entziehen. Das würde dann zu erhöhten Belastungen der restlichen Versichertengemeinschaft führen. Darüber hinaus erleichtert die Einschränkung die Kalkulation der Unisex-Tarife.
  4. Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge: Das Pflichtversicherungsgesetz schreibt die Kfz-Haftpflichtversicherung vor. Dieses Gesetz wird in zwei Punkten geändert:

 

 

  • Bei einer Insolvenz des Haftpflichtversicherers soll der dann eintrittspflichtige Entschädigungsfonds (die von der Versicherungswirtschaft getragene Verkehrsopferhilfe e.V.) bis zum Dreifachen der Mindestversicherungssumme haften. Bisher haftet er nur bis zur Mindestversicherungssumme.
  • Der Versicherungsnehmer, der einen Unfall verursacht hat und nach der Insolvenz seines Versicherers existenzbedrohenden Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sein kann, wird dadurch geschützt, dass bestimmte Ansprüche gegen ihn auf 2.500 € beschränkt werden.

 

 

Die Schäden des Unfallopfers werden bei Insolvenz des eintrittspflichtigen Kfz-Versicherers stets durch den Entschädigungsfonds abgedeckt, beschränkt werden durch das neue Gesetz aber z.B. die Ansprüche von anderen Versicherungen, die den Unfallverursacher aus übergegangenem Recht in Anspruch nehmen könnten.

Modernisierung des Kostenrechts

Auf den Weg gebracht wurde das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Dessen wichtigstes Ziel ist die Vereinfachung des Kostenrechts. Hierdurch sollen die Gerichte so weit wie möglich von der im Laufe der Jahre sehr umfangreich gewordenen Kostenrechtsprechung entlastet werden. Zudem sollen u.a. die Gebühren der Rechtsanwälte und vergleichbarer Freiberufler an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst werden.

Hierzu sollen Honorare erhöht werden, um den Kostendeckungsgrad in der Justiz zu verbessern. So sollen

  • die Gebühren der Rechtsanwälte,
  • die Honorare der Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer sowie 
  • die Entschädigungen für ehrenamtliche Richter

an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst werden. Für diese und andere in der Justiz tätigen Berufsgruppen sind die Gebühren, Honorare und Entschädigungen gesetzlich geregelt. Von Zeit zu Zeit muss aber der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung getragen werden, so das Bundesjustizministerium anlässlich des Kabinettbeschlusses.

Ein weiterer Schwerpunkt ist das neue Gerichts- und Notarkostengesetz. Das ist erstaunlicherweise seit 1936 in seiner Struktur unverändert geblieben, sofern es um die Kostenordnung geht. Insofern bedarf es einer grundlegenden Neugestaltung, um den Anforderungen der heutigen Zeit zu genügen - etwa dem Zusammenwachsen Europas oder der zunehmenden elektronischen Datenverarbeitung mit dadurch veränderten Arbeitsabläufen. Diese Entwicklung findet künftig auch im Kostenrecht Berücksichtigung.

Das 2. Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts ist ein Teil der Kostenstrukturreform. Nach der Neugestaltung von

  • Gerichtskostengesetz,
  • Rechtsanwaltsvergütungsrecht und 
  • Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz

durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz von 2004 sollen mit dem aktuellen Modernisierungsgesetz die Kostenordnung von einem modernen Gerichts- und Notarkostengesetz und die Justizverwaltungskostenordnung von einem modernen Justizverwaltungskostengesetz abgelöst werden.

Praxishinweis

Über die beiden o.g. Pakete hat die Bundesregierung drei weitere Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht:

  • Statistik: Um das Ausmaß der konjunkturellen Dynamik besser einschätzen zu können, soll das System der monatlichen Konjunkturindikatoren um das Merkmal „Auftragsbestand" erweitert werden. In den Konjunkturstatistiken des Verarbeitenden Gewerbes sind bisher nur die neu erteilten Aufträge gemeldet worden. Stornierungen von Aufträgen werden jedoch nur im Auftragsbestand wirksam. Diese Stornierungen könnten - wenn ihr Ausmaß zunimmt - ein Indiz für eine konjunkturelle Abschwächung sein. Bei den 13.300 betroffenen Unternehmen kommt es zu einer geringen Mehrbelastung.
  • Gewerbliche Schutzrechte: Die Bundesregierung will den Aufwand bei der Anmeldung gewerblicher Schutzrechte senken. Um die Verfahrensabläufe - einschließlich der EDV - den neuen Verfahrensstrukturen anzupassen, entsteht beim Deutschen Patent- und Markenamt ein einmaliger Vollzugsaufwand in Höhe von voraussichtlich 500.000 €. Die entstehenden Kosten sollen durch die Erhöhung der Recherchegebühr um 50 € auf 300 € pro Recherche kompensiert werden. Abgesehen von dieser Erhöhung sollen der Wirtschaft keine zusätzlichen Kosten entstehen. Hingegen ist allein durch die Umstellung auf die elektronische Akteneinsicht eine jährliche Kostenersparnis in Höhe von 450.000 € zu erwarten. Das neue Gesetz bezweckt eine praxisgerechte Optimierung der Verfahrensabläufe beim Deutschen Patent- und Markenamt und bei den Anmeldern gewerblicher Schutzrechte. Ergänzend sollen Gebrauchsmuster-, Marken-, Patentkosten-, Halbleiterschutz- sowie Geschmacksmustergesetz und das Gesetz über internationale Patentübereinkommen angepasst werden. Für Unternehmen werden Informationspflichten weder eingeführt noch erweitert.
  • Information: Das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess sieht die Einführung der Rechtsbehelfsbelehrung in allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor, in denen die anwaltliche Vertretung nicht obligatorisch ist. Somit werden für Gerichte, Gerichtsvollzieher, Staatsanwaltschaften und Notariate zusätzliche Informationspflichten geschaffen. Denn die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung erschwert Bürgern die Orientierung im gerichtlichen Instanzenzug.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften, Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 31.08.2012, BR-Drs. 513/12
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG), Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 31.08.2012, BR-Drs. 517/12
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Statistik im Produzierenden Gewerbe, Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 15.08.2012, BT-Drs. 17/10493
Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung patentrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes, Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 12.07.2012, BT-Drs. 17/10308
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess, Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 15.08.2012, BT-Drs. 17/10490
EuGH, Urt. v. 01.03.2011 - C-236/09

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 25.09.12