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Mehr Klarheit bei den Kinderbetreuungskosten

Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 sind die im Veranlagungszeitraum (VZ) 2006 eingeführten und seit 2009 in § 9c EStG zusammengeführten Regelungen zum Abzug von erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 4.000 € je Kind pro Jahr mit Wirkung ab dem VZ 2012 in einer Vorschrift zusammengefasst worden.

Der wesentliche Unterschied ist, dass die bisherige Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und sonstigen Kinderbetreuungskosten entfällt: Auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern kommt es nun nicht mehr an. Bis 2011 galten folgende Bedingungen:

  • Bei zusammenwohnenden Elternteilen sind Vater und Mutter zum Abzug von Betriebsausgaben und Werbungskosten erwerbstätig.
  • Der Alleinerziehende weist eine Berufstätigkeit auf.
  • Ein Elternteil ist berufstätig und der andere befindet sich entweder in Ausbildung oder ist krank oder behindert.
  • Liegt nur die Berufstätigkeit eines Elternteils vor, können zumindest bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren Sonderausgaben abgezogen werden.

Ab 2012 werden Betreuungskosten für Kinder ohne diese Voraussetzungen ab Geburt bis zum 14. Lebensjahr einheitlich als Sonderausgaben berücksichtigt. Darüber hinaus gilt dies, wenn der Nachwuchs wegen einer vor dem Alter von 25 Jahren eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

Das BMF hat hierzu jetzt einen Anwendungserlass auf neun Seiten veröffentlicht, der grundsätzlich ab dem VZ 2012 anzuwenden ist. Das vorherige Schreiben aus dem Januar 2007 gilt nur für die VZ 2006 bis 2011.

Ab 2012 sind Kinderbetreuungskosten einheitlich als Sonderausgaben abziehbar und der bisherige Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten entfällt. Diese Umstellung innerhalb des EStG hat aber keine Auswirkungen auf außersteuerliche Rechtsnormen, wenn diese (wie etwa das Wohngeld) an steuerliche Einkommensbegriffe („Einkünfte", „Summe der Einkünfte" oder „Gesamtbetrag der Einkünfte") anknüpfen. Denn die als Sonderausgaben abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten mindern weiterhin Einkünfte, die Summe der Einkünfte und den Gesamtbetrag der Einkünfte. Dabei wird ebenfalls nicht danach unterschieden, ob sie erwerbsbedingt sind oder nicht.

Begünstigte Dienstleistungen können Ausgaben in Geld oder Geldeswert wie Wohnung, Kost, Waren, sonstige Sachleistungen zur Betreuung einschließlich Aufwandserstattungen (z.B. Fahrtkosten) sein. Nicht begünstigt sind aber Leistungen eines Elternteils, das zusammen mit dem gemeinsamen Kind im Haushalt lebt, Tätigkeiten zwischen eheähnlichen Lebensgemeinschaften oder eingetragenen Lebenspartnerschaften sowie Leistungen an eine Person, die für das betreute Kind Anspruch auf Kindergeld oder -freibetrag hat.

Wie bisher müssen Leistungen und Kostenersatz im Einzelnen aus Rechnung oder Vertrag ersichtlich sein. Wird von den Eltern ein einheitliches Entgelt sowohl für Betreuung als auch andere Leistungen gezahlt, können sie eine Aufteilung im Schätzungswege machen, wenn die andere Leistung nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Zudem gibt es zwei Besonderheiten:

  1. Bei der Nachmittagsbetreuung in der Schule ist eine Aufschlüsselung der Beträge nötig.
  2. Liegt ein Au-pair-Verhältnis vor, darf die Hälfte der Gesamtaufwendungen abgesetzt werden.

Bei Zusammenveranlagung kommt es für den Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben nicht darauf an, welcher Elternteil die Aufwendungen geleistet hat oder ob sie von beiden getragen wurden. Bei der getrennten Veranlagung in 2012 sind sie mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung demjenigen Ehegatten zuzurechnen, der sie getragen hat. Dabei erhält jeder Ehegatte seine tatsächlichen Aufwendungen grundsätzlich bis zur Hälfte des Abzugshöchstbetrags. Die Ehegatten können aber einvernehmlich gegenüber dem Finanzamt durch Angabe in der Steuererklärung eine anderweitige Aufteilung des Höchstbetrags wählen. Auch bei nicht verheirateten, dauernd getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern ist derjenige Elternteil zum Abzug von Kinderbetreuungskosten berechtigt, der die Aufwendungen getragen hat und zu dessen Haushalt das Kind gehört.

Wie bisher kommt die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nicht in Betracht, unabhängig davon, ob

  • Kinderbetreuungskosten die Voraussetzungen für Sonderausgaben erfüllen oder 
  • es zu einem tatsächlichen Abzug gekommen ist.

Das gilt auch für das nicht absetzbare Drittel der Aufwendungen und für Beträge oberhalb des Höchstbetrags.

Praxishinweis

Der Höchstbetrag von 4.000 € ist ein Jahresbetrag. Eine zeitanteilige Aufteilung findet auch dann nicht statt, wenn für das Kind nicht im gesamten Kalenderjahr Betreuungskosten angefallen sind. Das BMF erläutert diese günstige Regelung an einem Beispiel mit verschiedenen Zeitintervallen:

  • Das Kind eines verheirateten Elternpaares geht von Januar bis Juni 2012 in den Kindergarten.
  • In den Sommermonaten Juli bis zu seiner Einschulung Ende September 2012 lebt es bei seinen Großeltern. 
  • Ab der Einschulung Ende September geht es nachmittags in den Kinderhort.

Den Eltern sind 2012 Kinderbetreuungskosten in Höhe von insgesamt 3.600 € entstanden. Davon können sie zwei Drittel, also 2.400 € als Sonderausgaben geltend machen. Es findet keine zeitanteilige Kürzung für die Sommermonate Juli bis zur Einschulung Ende September 2012 statt.

BMF-Schreiben v. 14.03.2012 - IV C 4 - S-2221/07/0012 :012
BMF-Schreiben v. 19.01.2007 - IV C 4 - S-2221 - 2/07, BStBl 2007 I 184
BFH, Urt. v. 25.11.2010 - III R 79/09, BStBl 2011 II 450
Steuervereinfachungsgesetz 2011 v. 01.11.2011, BGBl 2011 I 2131

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 10.04.12