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Mitteilungsbefugnis der Finanzbehörden bei Verletzung der Berufspflicht durch Anwälte

Verletzen Rechtsanwälte, Patentanwälte oder Notare ihre Berufspflichten oder verstoßen sie gegen Amtspflichten, können entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Durch eine Mitteilungsbefugnis der Finanzbehörden an die jeweilige Berufskammer wird das Steuergeheimnis ausgehebelt. Die OFD Niedersachsen weist jetzt ausführlich auf die Vorgehensweise bei der Erteilung von Auskünften und der Weitergabe von Informationen hin.

Werden Berufspflichten verletzt oder wird gegen Amtspflichten (z.B. fehlende Berufshaftpflichtversicherung, Vermögensverfall) verstoßen,

  • kann gegen einen Rechts- oder Patentanwalt eine berufsgerichtliche Maßnahme verhängt werden; über die Ahndung von Berufs- oder Amtspflichtverletzungen hinaus ist die Zulassung als Rechtsanwalt oder als Patentanwalt zurückzunehmen oder zu widerrufen. Zuständig für die Einleitung eines Verfahrens ist die jeweilige Berufskammer;
  • kann gegen einen Notar eine Missbilligung ausgesprochen oder eine Disziplinarmaßnahme verhängt werden. Er kann vorläufig seines Amtes enthoben werden. Zuständig für die Einleitung der entsprechenden Verfahren ist die Aufsichtsbehörde. Die Amtsenthebung als Notar obliegt dem Präsidenten des jeweils zuständigen Oberlandesgerichts.

Denn Rechtsanwälte, Notare und Patentanwälte müssen ihren Beruf entsprechend den in den jeweiligen berufsordnenden Gesetzen geregelten Grundsätzen ausüben. Insbesondere hinsichtlich der Erteilung von Auskünften und der Weitergabe von Informationen weist die OFD Niedersachsen jetzt ausführlich auf die Vorgehensweise bei der Mitteilungsbefugnis der Finanzbehörden hin. Die Mitteilungsbefugnis

  • regelt die bei Verdacht auf eine Berufs- oder Amtspflichtverletzung gesetzliche Offenbarungsvorschrift auch für Anwälte und Notare
  • und hebelt als eine gesetzliche Offenbarungsvorschrift das Steuergeheimnis der AO aus.

Ein Anfangsverdacht reicht für die Annahme einer Berufs- oder Amtspflichtverletzung allerdings grundsätzlich nicht aus. Es sind nur solche Pflichtverletzungen mitzuteilen, die für die Einleitung berufsrechtlicher Maßnahmen als ausreichend angesehen werden, insbesondere schwerwiegende Berufs- oder Amtspflichtverletzungen bei Ausübung des Berufs, die eine Ahndung erfordern. Ausnahme sind Bagatellfälle. Liegt eine Berufs- oder Amtspflichtverletzung vor, erfolgt die Unterrichtung der Berufskammer (bei Notaren der Aufsichtsbehörde) auch dann, wenn ein ausreichender Verdacht besteht. Der Ausgang des Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahrens wird nicht abgewartet. Dabei werden nur die Tatsachen angegeben, die im Zusammenhang mit dem Verdacht auf eine Berufs- oder Amtspflichtverletzung für die Ermittlung des Sachverhalts von Bedeutung sind, und aus welchen Umständen geschlossen wird, dass der Berufsangehörige schuldhaft gehandelt hat.

Der Bericht muss den Sachverhalt so darstellen, dass er ohne Hinzuziehung weiterer Unterlagen verständlich ist. Bei Berichten über Pflichtverletzungen in eigenen Steuerangelegenheiten ist außerdem anzugeben, welche steuerlichen Maßnahmen gegen den Berufsangehörigen durchgeführt worden sind und ob der Betroffene sich auch bei der Erledigung der Steuerangelegenheiten von Mandanten pflichtwidrig verhalten hat. Sofern zur Erläuterung zusätzliche Unterlagen notwendig sind (z.B. Teile der Steuerakten, Bußgeldbescheide, Stellungnahmen, gerichtliche Entscheidungen), sind diese dem Bericht in Kopie beizufügen.

Die Zulassung als Rechts- oder als Patentanwalt wird u.a. dann widerrufen, wenn der Berufsangehörige in Vermögensverfall geraten ist. Das bedeutet, der Anwalt ist wegen ungeordneter wirtschaftlicher Verhältnisse außerstande, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, und es kann davon ausgegangen werden, dass sich dies in absehbarer Zeit nicht ändern wird.

  • Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder einer Eintragung in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis liegt kraft gesetzlicher Vermutung ein Vermögensverfall vor.
  • Vollstreckbare Steuerschulden von mehr als 25.000 € sowie die Nichteinhaltung von Tilgungsvereinbarungen sind ein deutlicher Hinweis auf einen Vermögensverfall.
  • Lediglich in Ausnahmefällen, in denen Mandanteninteressen nicht gefährdet sind, ist von einem Widerruf abzusehen; die Beweislast hierfür obliegt dem Berufsangehörigen.
  • Zuständig für das Rücknahme- bzw. Widerrufsverfahren sind bei Rechtsanwälten die örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammern und bei Patentanwälten die Patentanwaltskammer in München.

Praxishinweis

Die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsenthebung eines Notars ist geboten, wenn

  • seine wirtschaftlichen Verhältnisse,
  • die Art seiner Wirtschaftsführung oder
  • die Durchführung von Verwahrungsgeschäften

die Interessen der Rechtsuchenden gefährden. Die Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Notars durch die Aufsichtsbehörden ist - unabhängig von der Höhe der Steuerrückstände - bereits dann erforderlich, wenn Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße Wirtschaftsführung des Notars vorliegen und hierdurch Bedenken gegen seine Zuverlässigkeit begründet werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Vollstreckungsmaßnahmen gegen einen Notar erforderlich sind. Unerheblich ist, ob er seine belastende wirtschaftliche Situation selbst verschuldet hat.

Unerheblich ist außerdem, dass der Notar die Forderungen des Finanzamts möglicherweise bestreitet. Wenn keine Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide gewährt wurde, müssen die festgesetzten Beträge beglichen werden. Auch Schätzungen des Finanzamts begründen - mangels Erfüllung der Erklärungspflichten des Notars - Zweifel an seiner ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung.

Ein Notar kann seinen Pflichten nur nachkommen, wenn er stets Zugriff auf die Konten hat, auf denen Fremdgelder eingehen. Ist das wegen vorläufiger Zahlungsverbote nicht der Fall und kann er die Vollstreckung auch nicht abwenden, muss die zuständige Aufsichtsbehörde ihn vorläufig seines Amtes entheben.

OFD Niedersachsen, Vfg. v. 26.02.2013 - S-0824 - 31 - Z 138
FinMin Baden-Württemberg, Erlass v. 23.01.2012 - 3 - S-082.4/1, BStBl 2012 I 205 (koordinierter Ländererlass)

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 21.05.13