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Nachträglicher Erlass der Grundsteuer bei ausbleibenden Mieten

Lagen die Mieterträge im vergangenen Jahr 2011 unter dem Üblichen, gibt es auf Antrag einen nachträglichen Erlass von Grundsteuer. Dieser kam durch die Entwicklung der Rechtsprechung zeitweise öfter in Betracht, wurde dann aber gesetzlich wieder eingeschränkt. Der Antrag muss bei der zuständigen Gemeinde - in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg beim Finanzamt - bis Ende März gestellt werden. Da der 31.03.2012 auf einen Samstag fällt, verlängert sich die Frist auf den 02.04.2012. Um die verbleibende Zeit bis zur Ausschlussfrist von gut einem Monat nutzen zu können, werden nachfolgend die aktuellen Tendenzen und Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2009 dargestellt.

Die Erlassgründe hatten sich erhöht, da der BFH seine Rechtsprechung zum Grundsteuererlass bei ausbleibenden Mieterträgen in den Jahren 2006 bis 2008 erweitert und konkretisiert hatte. Hintergrund hierfür war die geänderte Rechtsprechung des BVerwG, wonach auch in Fällen strukturell bedingter Ertragsminderungen von gewisser Dauer ein Grundsteuererlass in Betracht kommt. Seitdem kommt ein solcher Erlass auch in Fällen strukturellen Leerstands in Betracht, in denen die Ertragsminderung des Grundstücks weder atypisch noch vorübergehend ist. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Vermieter die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat, wenn er im Falle eines Leerstands die Vermietung innerhalb einer marktüblichen Preisspanne anbietet. Schädlich wäre hingegen, wenn er eine höhere als die marktgerechte Miete verlangt hatte.

Damit gibt es jetzt keine Unterschiede mehr zwischen typischen oder ungewöhnlichen, strukturell oder nicht strukturell bedingten, vorübergehenden oder dauerhaften Ertragseinbußen. Entscheidend ist nur noch, dass es zu einer Einnahmeminderung im Vergleich zur üblichen Miete kommt. Als Anlass für einen Steuererlass gelten nun auch strukturell bedingte Ertragsminderungen wie allgemeiner Mietverfall, Überangebot oder schleichender Bevölkerungsrückgang in der Region. Das kommt etwa in vielen Gebieten Ostdeutschlands in Betracht, in denen die Bevölkerungsdichte rapide abnimmt und ein Überangebot an Wohnungen besteht. Ähnlich sieht es aber auch in einigen Gebieten Westdeutschlands aus.

Wegen drohender Einnahmeausfälle bei den Gemeinden wurde die Erlassmöglichkeit über das Jahressteuergesetz 2008 deutlich eingeschränkt. Dies sollte zu einer gerechteren Lastenverteilung zwischen Grundstückseigentümern und den Kommunen beitragen. Die Änderungen galten rückwirkend ab 2008.

  • Bis 2007 kam ein Erlass in Betracht, wenn sich der Rohertrag um mindestens 20,1 % gemindert hatte. Dann wurde die Grundsteuer um vier Fünftel hiervon wieder erstattet. 
  • Ab 2008 kommt ein Erlass erst dann in Betracht, wenn eine Ertragsminderung von mindestens 50,1 % vorliegt. Dann erfolgt ein Erlass um ein Viertel der erhobenen Grundsteuer. Die Hälfte der gezahlten Abgabe wird erstattet, wenn der Ertrag für das gesamte Jahr vollständig ausgefallen ist, weil z.B. die Wohnung komplett leer stand, es von einem Mieter kein Geld gab oder die Räume wegen Unwetter oder anderer Vorfälle nicht nutzbar waren.

Ausgangsgröße ist die an Neujahr geschätzte übliche Jahresrohmiete in Anlehnung an Wohnungen gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung. Dabei handelt sich um eine Bruttokaltmiete, also die Miete einschließlich der sog. kalten Betriebskosten wie Umlagen und sonstigen Leistungen des Mieters. Keine Rolle spielt hingegen, welche Miete tatsächlich zum Jahresbeginn erzielt wurde oder ob die Höhe vom ortsüblichen Preis abweicht.

Praxishinweis

Für den gesetzlichen Anspruch auf Erlass kommt es nicht auf persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse des Grundstücksbesitzers an. Allein maßgebend ist die Tatsache, dass es im Jahr zu verminderten Immobilienerträgen gekommen ist. Keine Rolle spielt auch, wenn sich der Hausbesitzer beim Neu- oder Umbau verkalkuliert hat und daher jetzt erfolglos nach zahlenden Nutzern Ausschau hält oder wenn er erst mit Verzögerung oder deutlichen Preisnachlässen Mieter findet. Führen besondere Ereignisse wie etwa Hochwasser, Blitz oder Brand zu Mietausfällen, wird dies ebenfalls akzeptiert. Nur Leerstandszeiten wegen Renovierung oder Modernisierung zählen nicht, da diese Umstände vom Eigentümer herbeigeführt wurden.

Sofern die Wohnung unter Marktniveau vermietet wird, steht die Erstattung allerdings den Mietern zu. Die Berücksichtigung erfolgt dann mit der Jahresendabrechnung über die Umlage. Da die Mieter einen Anspruch auf die geringstmöglichen Nebenkosten haben, ist der Hausbesitzer sogar zur Antragstellung verpflichtet.

Die Gemeinden hatten den Erlass im vergangenen Jahr oftmals mit der Begründung abgelehnt, dass dem Nutzer keine Mieten unter Marktniveau angeboten wurden und daher der Leerstand verschuldet in Kauf genommen wurde. Weder Rechtsprechung noch GrStG verlangen jedoch diese Bedingung. Ausreichend ist vielmehr, wenn sich der Immobilieneigentümer während der Leerstandszeiten intensiv um neue Mieter bemüht und dies durch Inserate oder das Einschalten von Maklern belegen kann. Auch bei einem Überangebot auf dem betreffenden Marktsegment kann dabei nicht der untere Rand der Mietpreisspanne verlangt werden. Ausreichend ist eine Miete innerhalb einer marktgerechten Spanne. Nicht entscheidend für ein Verschulden ist, ob und wie lange bei neuen Mietobjekten mit Anlaufschwierigkeiten zu rechnen ist und was zum Vermieterrisiko gehört. Denn die Erlassvorschrift im GrStG ist keine Lenkungsnorm, das Unternehmerrisiko betrifft nur eigengewerblich genutzte Grundstücke.

BFH, Urt. v. 13.09.2006 - II R 5/05, BStBl 2006 II 921
BFH, Urt. v. 26.02.2007 - II R 5/05, BStBl 2007 II 469
BFH, Urt. v. 24.10.2007 - II R 5/05, BStBl 2008 II 384
BFH, Urt. v. 24.10.2007 - II R 4/05
BFH, Urt. v. 24.10.2007 - II R 6/05
BVerwG, Urt. v. 03.03.2010 - 9 B 77.09
BVerwG, Urt. v. 24.04.2007 - GmS-OGB 1.07
BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 9 C 8.07
FG Bremen, Urt. v. 09.06.2010 - 3 K 57/09 (1)
SenFin Berlin, Erl. v. 21.01.2009 - III D - G-1163 a - 1/2009
FinMin Bayern, Erl. v. 21.06.2011 - 37 - S-1915 - 009 - 23 743/11
FinMin Sachsen, Erl. v. 09.08.2010 - 31 - S-1915 - 1/218 - 37144
FinMin Nordrhein-Westfalen, Erl. v. 18.12.2007 - S-1915 - 6/19 - V A 3

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 21.02.12