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Neues BMF-Schreiben zur Umsatzsteuerbefreiung bei ehrenamtlicher Tätigkeit

Die Finanzverwaltung hat in einem neuen Schreiben die Vorgaben zur Umsatzsteuerbefreiung bei ehrenamtlicher Tätigkeit konkretisiert. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird geändert und ergänzt. Die Neuregelungen betreffen insbesondere die erlaubte Entschädigung für Auslagen und Zeitversäumnis.

Die Finanzverwaltung hatte bereits in einem BMF-Schreiben vom Januar 2012 mit der Einführung von Betragsgrenzen Anhaltspunkte dafür vorgegeben, bis zu welcher Höhe nach ihrer Ansicht von einem noch angemessenen Entgelt bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Wird die Grenze nicht überschritten, kommt eine Steuerbefreiung zur Anwendung. Damit besteht für die Betroffenen insoweit seit gut einem Jahr Rechtssicherheit.

Da es sich dabei um sog. Nichtbeanstandungsgrenzen handelt, bis zu deren Höhe seitens der Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine Angemessenheitsprüfung der Entschädigungen verzichtet wird, besteht die Möglichkeit der Einzelfallüberprüfung für Beträge, die über diese Grenzen hinausgehen, nach wie vor. Die Frage nach der Angemessenheit der Entschädigung für Zeitversäumnis richtet das BMF hierbei am vom BFH ausgelegten Begriff des Ehrenamts aus, nicht jedoch nach dem Marktwert der jeweiligen Leistung. Infolgedessen hat der ehrenamtlich Tätige keinen Anspruch auf eine Bezahlung, sondern bestenfalls auf eine Entschädigung, die einen angemessenen Ausgleich zwischen den öffentlichen und den beruflich-privaten Interessen schaffen soll.

Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird daher der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wie folgt geändert und ergänzt:

  • Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit: Insbesondere der Zeitaufwand zur Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit sowie das dafür gezahlte Entgelt müssen derart angemessen sein, dass diese Zahlung nicht auf eine hauptberufliche Beschäftigung hindeutet und auch kein leistungsorientiertes Gehalt erfolgt. Demzufolge kann - neben der Bezahlung - auch ein großer zeitlicher Umfang des ehrenamtlichen Engagements für die Steuerbefreiung schädlich sein.

 

  • Begrenzung der Tätigkeiten: Die sogenannte Nichtbeanstandungsgrenze beträgt

 

 

  • 50 € pro Tätigkeitsstunde,
  • 17.500 € im Jahr.

 

 

Bis zu dieser Höhe wird vonseiten der Finanzverwaltung auf eine Angemessenheitsprüfung verzichtet. Wichtig in diesem Zusammenhang: Der Betrag von 17.500 € beschränkt sich anders als bisher auf umsatzsteuerbefreite ehrenamtliche Tätigkeiten. Zuvor bezog sich die Grenze auf die umfassenden ehrenamtlichen Tätigkeiten. Zur Ermittlung der Grenze von 17.500 € ist auf die tatsächliche Höhe der Aufwandsentschädigung im Vorjahr sowie die voraussichtliche Höhe im laufenden Jahr abzustellen.

 

  • Auslagenersatz: Die Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten fließt nicht in die Berechnung der o.g. Betragsgrenzen von 50 € bzw. 17.500 € ein. Dabei orientiert sich der Begriff des Auslagenersatzes an den Lohnsteuer-Richtlinien. Das hat zur Folge, dass alle angefallenen Kosten so behandelt werden, als würde sie der Arbeitgeber seiner Belegschaft im Sinne der Richtlinien erstatten, und dass sie lohnsteuerlich ihrer Höhe nach als Reisekosten angesetzt werden könnten. Hierunter fallen demnach auch der

 

 

  • der pauschale Kilometersatz für Kfz in Höhe von 0,30 € und 
  • der Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen.

 

 

  • Pauschale Vergütungen: Eine vom tatsächlichen Zeitaufwand unabhängige Vergütung (z.B. laufend gezahlte pauschale bzw. monatlich oder jährlich laufend gezahlte pauschale Vergütung sowie ein gesondert gezahltes Urlaubs-, Weihnachts- und Krankheitsgeld) stehen dem Charakter einer Entschädigung für Zeitversäumnis entgegen. Aus diesem Grund führen sie zur Nichtanwendung der Befreiungsvorschrift. Folge: Sämtliche für diese Tätigkeit gezahlten Vergütungen unterliegen der Umsatzsteuer - auch wenn sie daneben in Auslagenersatz oder einer in Entschädigung für Zeitaufwand bestehen.

 

  • Vertragsregelungen: Zwar fallen pauschale Vergütungen grundsätzlich nicht unter die Steuerbefreiung, doch die Zahlung pauschaler Entschädigungen ist dann unschädlich, wenn

 

 

  • diese gemäß Vertrag, Satzung oder Beschluss eines laut Satzung hierzu autorisierten Gremiums geregelt sind,
  • die Betragsgrenzen (50 €/Tätigkeitsstunde, 17.500 €/Jahr) nicht überschritten werden,
  • eine konkrete Anzahl an Tätigkeitsstunden pro Woche/Monat/Jahr geregelt ist.

 

 

  • Anwendung: Diese Grundsätze sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2012 ausgeführt werden. Für die Anpassung der Vorgaben an Pauschalregelungen ist es ausreichend, wenn der Vertrag, die Satzung oder der Beschluss bis zum 31.03.2014 entsprechend angepasst wird.

 

  • Steuerbefreiung: Begünstigt ist die ehrenamtliche Tätigkeit, wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und in einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören nach der Rechtsprechung des BFH alle Tätigkeiten,

 

 

  • die andere Gesetze als das UStG ausdrücklich als solche nennen,
  • die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet,
  • die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden, was das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraussetzt.

 

Praxishinweis

Zu den Vertragsregelungen zwei Beispiele:

  1. Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine Tätigkeit (eine Stunde pro Woche) eine pauschale Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 120 € monatlich und zusätzlich für eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit (ca. 20 Stunden im Jahr) eine jährliche Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 500 € erhält, kann die Steuerbefreiung auch ohne zusätzliche Nachweise in Anspruch nehmen, da der Jahresgesamtbetrag seiner Entschädigungen (1.940 €) den im EStG genannten Übungsleiterpauschbetrag nicht übersteigt. Ein daneben gezahlter Auslagenersatz für tatsächlich entstandene Aufwendungen bleibt bei der Berechnung der Betragsgrenzen unberücksichtigt.
  2. Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine Tätigkeit (sieben Stunden pro Woche) eine pauschale monatliche Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 1.200 € erhält und acht Wochen im Jahr seine Tätigkeit aufgrund von Urlaub oder Krankheit nicht ausübt, hat einen durchschnittlichen Stundensatz in Höhe von rund 46 € (44 Wochen mit je sieben Stunden, Gesamtvergütung 14.400 €). Eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit übt er nicht aus. Die Steuerbefreiung kann gewährt werden, da die Vergütung weder die Grenze von 50 € je Tätigkeitsstunde noch die jährliche Grenze von 17.500 € übersteigt.

BMF-Schreiben v. 27.03.2013 - IV D 3 - S-7185/09/10001-04
BMF-Schreiben v. 02.01.2012 - IV D 3 - S-7185/09/10001, BStBl 2012 I 59
BFH, Urt. v. 14.05.2008 - XI R 70/07, BStBl 2008 II 912
BFH, Urt. v. 20.08.2009 - V R 32/08, BStBl 2010 II 88

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 09.04.13