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OFD Frankfurt zur Steuerbefreiung für ähnliche heilberufliche Tätigkeiten

Für Umsätze aus der Tätigkeit in einem der in § 4 Nr. 14 UStG nicht ausdrücklich genannten Heil- und Heilhilfsberufe ist nur dann eine Steuerbefreiung möglich, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt. Die OFD Frankfurt hat in einer aktuellen Verfügung die anerkannten und nicht anerkannten Tätigkeiten aufgelistet, für die eine Steuerbefreiung in Betracht kommt.

Nach den Vorschriften im Umsatzsteuergesetz (UStG) und dem flankierenden umfangreichen und ständig aktualisierten Anwendungserlass (UStAE) ist ein Heilberuf durch die unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten, also dem kranken Menschen, gekennzeichnet (sog. Katalogberufe). Die Ausübung der Heilkunde liegt entsprechend vor, wenn es sich um Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen handelt.

Eine Tätigkeit ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn sie damit vergleichbar ist. Zu den wesentlichen Merkmalen gehört dabei die Vergleichbarkeit

  • der ausgeübten Tätigkeit,
  • der Ausbildung,
  • der berufsrechtlichen Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung.

So scheitert beispielsweise die Vergleichbarkeit eines Heilhilfsberufs ohne staatliche Regelung mit dem Katalogberuf des Krankengymnasten nicht daran, dass der Berufstätige keine staatliche Erlaubnis zur Führung seiner Berufsbezeichnung besitzt. Vielmehr reicht es aus, wenn er über die Erlaubnis seiner beruflichen Organisation verfügt, die ihm Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Ausübung der Heilhilfsberufe vergleichbar sind. Ausreichendes Indiz ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen.

Fehlt diese Zulassung, stellen die Finanzämter fest, ob Ausbildung, Erlaubnis und Tätigkeit eines Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des 5. Sozialgesetzbuchs vergleichbar sind. Auf die Rechtsform kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. So kann auch eine GmbH oder GmbH & Co. KG die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen.

Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird genau definiert, was "ähnliche" heilberufliche Tätigkeiten sind. Die OFD Frankfurt weist jetzt darauf hin, welche Tätigkeiten außer den dort genannten als ähnliche heilberufliche Tätigkeiten angesehen werden können. Das sind etwa zytologische/histologische Leistungen von Fachbiologen der Medizin oder auch die Hippotherapie, die von einem Physiotherapeuten bzw. Krankengymnasten mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird.

Besonders umfangreich ist jedoch die alphabetische Liste, welche Tätigkeiten keine ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten sind und somit nicht unter die Umsatzsteuerbefreiung fallen. Das sind etwa:

  • Augenoptiker (kein Heil-, sondern Hilfsmittelerbringer)
  • Epilation (Haarentfernung)
  • Fachkosmetiker
  • Familienhelfer
  • Gymnastiklehrer (auch mit staatlicher Prüfung)
  • Haaranalysen
  • Heilmagnetiseure
  • Heilpädagogen (sozialpflegerischer Beruf, kein Heilberuf)
  • Kunstpädagogen und -therapeuten (auch mit Diplom)
  • Kurpacker
  • Legasthenie-Therapeuten, sofern Umsätze aus Legasthenie-Behandlungen nicht im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht werden
  • Medizinische Strahlenschutzphysiker
  • Medizinphysiker
  • Musiktherapeuten
  • Orientierungs- und Mobilitätstrainer; allerdings können die Leistungen steuerfrei sein, wenn die Betreuungs- oder Pflegekosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe übernommen werden,
  • Hippotherapie, die nicht von einem Physiotherapeuten bzw. Krankengymnasten mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird 
  • Schwesternhelfer
  • Sozialpsychiatrische Kinder- und Jugendtherapeuten
  • Tomatis-Therapeuten (z.B. Tomatis-Hörkur)
  • Wechseljahresberaterin (diese erbringt im Wesentlichen beratende und informierende Leistungen)
  • Yogalehrer
  • Zilgrei-Selbsthilfekurse für gesetzliche Krankenversicherungen

Praxishinweis

Für Leistungen aus der Tätigkeit von Gesundheitsfachberufen kommt die Umsatzsteuerbefreiung grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie

  • aufgrund ärztlicher Verordnung bzw. einer Verordnung eines Heilpraktikers oder 
  • im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden.

Als ärztliche Verordnung gilt im Allgemeinen sowohl das Kassenrezept als auch das Privatrezept, wobei es sich bei Rezepten von Heilpraktikern durchweg um Privatrezepte handelt.

Eine Behandlungsempfehlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker gilt allerdings nicht als für die Steuerbefreiung ausreichende Verordnung, z.B. bei einem Aufenthalt in einem Kurhotel am Meer, in den Bergen oder im sonnigen Süden.

OFD Frankfurt, Vfg. v. 27.07.2012 - S-7170 A - 59 - St 112
BMF-Schreiben v. 28.02.2000 - IV D 2 - S-7170 - 12/00, BStBl 2000 I 433
BFH, Urt. v. 19.12.2002 - V R 28/00, BStBl 2003 II 532
BFH, Urt. v. 28.08.2003 - IV R 69/00, BStBl 2004 II 954
BFH, Urt. v. 30.01.2008 - XI R 53/06, BStBl 2008 II 647
BFH, Urt. v. 15.09.1994 - XI R 59/93
BFH, Urt. v. 24.02.2005 - V R 60/02
BVerfG, Beschl. v. 10.11.1999 - 2 BvR 2861/93, BStBl 2000 II 160
FG Hessen, Urt. v. 29.06.1998 - 6 K 171/96
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.11.1998 - 12 K 158/98
FG Niedersachsen, Urt. v. 16.10.2002 - 5 K 56/98
FG Niedersachsen, Urt. v. 23.01.1992 - V 309/91
FG Niedersachsen, Urt. v. 12.01.1995 - V 99/94
FG München, Beschl. v. 09.07.1987 - XIV 166/86 AusU
FG Hamburg, Beschl. v. 23.11.1989 - I 167/89
FG Düsseldorf, Urt. v. 07.10.2011 - 1 K 939/10 U

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 02.10.12