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Private Equity Fonds: Vermögensverwaltend oder gewerblich?

Bisher konnten Initiatoren oder Anleger in Deutschland darauf hoffen, dass geschlossene Private Equity oder Venture Capital Fonds nicht als gewerblich angesehen wurden. Das war insbesondere für die Gewinne aus Beteiligungsveräußerungen vorteilhaft, weil

  • vor 2009 erworbene Beteiligungen nur innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist steuerpflichtig waren,
  • Neuengagements nach 2008 ohne Gewerbesteuer nur der moderaten Abgeltungsteuer unterlagen.

Für diesen Steuervorteil sorgte bislang eine sehr großzügige Praxis der deutschen Finanzverwaltung. Diese günstige Sichtweise wird jetzt vom BFH in Frage gestellt. Darüber hinaus stellt der BFH grundlegend klar, wie sich ein DBA auf Fondsgesellschaften mit Sitz im Ausland auswirkt.

Inländischer Fonds

Die Frage, ob ein Private Equity Fonds vermögensverwaltend oder gewerblich tätig wird, richtet sich nach Abgrenzungskriterien. Ein Gewerbebetrieb erfordert eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die

  • mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird,
  • sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und
  • nicht mehr als typische Vermögensverwaltung angesehen werden kann.

Der An- und Verkauf von Wertpapieren überschreitet die Grenze zur gewerblichen Betätigung nur in besonderen Fällen. Der An- und Verkauf von Wirtschaftsgütern ist ein Gewerbebetrieb, wenn sich der Steuerpflichtige wie ein Händler verhält. Entscheidend sind der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften, das Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen, das Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit und andere für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen.

Um die Abgrenzungsmerkmale bezogen auf Venture Capital und Private Equity Fonds greifbar zu machen, hat die Finanzverwaltung Grundsätze formuliert. Folgende Voraussetzungen sprechen dabei für eine vermögensverwaltende Tätigkeit:

  • Der Fonds muss den Erwerb von Anteilen am Zielunternehmen im Wesentlichen aus Eigenmitteln finanzieren.
  • Die Verwaltung des Fondsvermögens darf keine umfangreiche eigene Organisation erfordern.
  • Der Fonds darf sich nicht eines Marktes bedienen und auf fremde Rechnung unter Einsatz beruflicher Erfahrungen tätig werden.
  • Der Fonds darf Beteiligungen an den Zielunternehmen nicht gegenüber einer breiten Öffentlichkeit anbieten oder auf fremde Rechnung handeln.
  • Der Fonds muss die Beteiligungen mindestens mittelfristig für drei bis fünf Jahre halten.
  • Die erzielten Veräußerungserlöse dürfen nicht reinvestiert, sondern müssen ausgeschüttet werden.
  • Der Fonds darf sich nicht am aktiven Management der Zielunternehmen beteiligen.

Ob diesen in Richtung einer Vermögensverwaltung tendierenden Merkmalen uneingeschränkt zu folgen ist, ist nach Ansicht des BFH zweifelhaft. Denn überträgt der Fonds seine Geschäfte aufgrund eines Managementvertrages einschlägig versierten und gewerblich tätigen Personen, denen das Betreiben von Finanzdienstleistungen erlaubt worden ist, und werden die jeweiligen Beteiligungen dann auch noch höchstens vier Jahre gehalten, bevor sie veräußert oder an die Börse gebracht werden, ist eher von einem Finanzunternehmen nach Kreditwesengesetz auszugehen, weil es als solches am Marktgeschehen teilnimmt. Für einen rein vermögensverwaltend tätigen Fonds, welcher Transaktionen lediglich anonym über eine Depotbank tätigt, ist das eher untypisch.

Ausländischer Fonds

Ob eine Besteuerungszuordnung zum In- oder Ausland erfolgt, ergibt sich jedoch nicht bereits daraus, ob die Fondsgesellschaft nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts als gewerblich angesehen wird. Denn die gesetzliche Umqualifikation schlägt - entgegen der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung - nicht auf die Beurteilung der Einkünfte nach einem DBA durch. Abkommensrechtlich ausschlaggebend ist allein die tatsächlich verwirklichte Einkunftsart. Ein Private Equity oder Venture Capital Fonds kann unternehmerisch tätig sein und gewerbliche Gewinne erzielen. Dennoch sind die Einkünfte aus einer ausländischen Betriebsstätte nach einem DBA von der inländischen Besteuerung auszunehmen, weil das Besteuerungsrecht für gewerbliche Einkünfte nach Maßgabe eines DBA demjenigen Staat zusteht, in dem der Fonds mit einer Betriebsstätte tätig ist. Dadurch bleiben die Gewinne in Deutschland selbst dann steuerfrei, wenn der Fonds im Ausland über kein eigenes Büro und kein eigenes Personal verfügt und seine Geschäfte über eine Managementgesellschaft ausüben lässt.

Diese Beurteilung ändert sich nicht, wenn die Einkünfte jenseits der Grenze aufgrund dortiger steuerlicher Subventionsmaßnahmen tatsächlich unversteuert bleiben. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber für einen derartigen Fall Vorsorge getroffen: Nach dem gesetzlichen Besteuerungsrückfall fällt das Besteuerungsrecht an Deutschland zurück, wenn andernfalls die Einkünfte überhaupt nicht besteuert werden. Dieser Besteuerungsrückfall gelingt aber nur, wenn er auf eine unterschiedliche steuerliche Auslegung des DBA durch beide Vertragsstaaten (sog. negativer Qualifikationskonflikt) zurückzuführen ist. Er greift nicht, wenn der Grund für die Nichtbesteuerung im anderen Staat dessen nationales Steuerrecht ist, beispielsweise weil dieser Staat Private Equity-Engagements steuerlich subventioniert.

Praxishinweis

Privatanleger können sich mit Investitionen ab 10.000 € über geschlossene Fonds an Unternehmen in der frühen (Venture Capital) oder späteren (Private Equity) Entwicklungsphase beteiligen und so

  • junge Unternehmen,
  • wachsende Mittelständler,
  • die Ausgliederung von Unternehmensteilen oder
  • die Nachfolge in Unternehmen

finanzieren. Der Fonds dient als Mittler zwischen den Kapitalanlegern einerseits und den zu finanzierenden Unternehmen im Portfolio andererseits. Von den Fonds werden Beteiligungen an den Portfoliogesellschaften erworben. Nach Erreichen des durch die Finanzierung beabsichtigten Ziels - wie der Umwandlung in Aktiengesellschaften, der Platzierung der Unternehmen an der Börse oder der Ausgliederung von Unternehmensteilen - werden die Anteile an den Gesellschaften veräußert.

Der Vorteil einer solchen Geldanlage liegt in der Risikostreuung und in der Möglichkeit, unabhängig vom Verlauf der Aktien- und Rentenbörsen positive Renditen zu erzielen. Diese lagen im langjährigen Durchschnitt bei jährlich rund 12 % - vor Steuern und der Finanzkrise. Allerdings lässt sich das voraussichtliche Ergebnis bei Fondsauflegung nicht konkret festlegen. Die Investoren erhalten ihre Erträge aus von den Unternehmen gezahlten Ausschüttungen sowie Gewinnen aus späteren Verkäufen und Börsengängen.

BFH, Urt. v. 24.08.2011 - I R 46/10
BFH, Urt. v. 23.02.2011 - I R 52/10
BFH, Urt. v. 26.06.2007 - IV R 49/04, BStBl 2009 II 289
BMF-Schreiben v. 16.12.2003 - IV A 6 - S-2240 - 153/03, BStBl 2004 I 40
BMF-Schreiben v. 01.04.2009 - IV C 6 - S-2240/08/10008, BStBl 2009 I 515
BMF-Schreiben v. 16.04.2010 - IV B 2 - S-1300/09/10003, BStBl 2010 I 354

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 02.11.11