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Punktuelle Steuervereinfachungen in Sichtweite

Die Bundesregierung hatte sich auf eine Reihe von Punkten geeinigt, die zu Steuerentlastungen und Bürokratieabbau führen sollen. Hierzu hat das BMF am 20.12.2010 den Referentenentwurf für ein Steuervereinfachungsgesetz 2011 veröffentlicht, der einen Großteil dieser Vorgaben umsetzt. Ziel ist es insbesondere, das Besteuerungsverfahren zu vereinfachen und weiter zu modernisieren, Steuerzahler und Finanzverwaltung von Erklärungs-, Prüf- und Verwaltungsaufwand zu entlasten und generell das Besteuerungsverfahren einfacher, transparenter und nachvollziehbarer auszugestalten.

Das beinhaltet im Wesentlichen die folgenden für die Praxis relevanten Maßnahmen, die überwiegend ab 2012 in Kraft treten sollen:

  • Der Werbungskosten-Pauschbetrag für Arbeitnehmer von derzeit 920 € soll auf 1.000 € angehoben werden, wodurch weniger Einzelnachweise für Werbungskosten erbracht werden müssen als bisher. Die Anhebung von jährlich 80 € bringt Berufstätigen Vorteile, die entweder geringe Werbungskosten haben oder denen die Aufwendungen vom Arbeitgeber erstattet werden. Die Steuerentlastung soll 330 Mio. € pro Jahr betragen.
  • Für den Abzug von Kinderbetreuungskosten soll es keine Rolle mehr spielen, ob sie aus beruflichen (derzeit Werbungskosten oder Betriebsausgaben) oder privaten (Sonderausgaben) Gründen entstanden sind. Der Verzicht auf diese Unterscheidung (z.B. Erwerbstätigkeit, Krankheit, Behinderung) entlastet Eltern um rund 60 Mio. € im Jahr.
  • Kindergeld und steuerliche Vergünstigungen erhalten Eltern für ihre volljährigen Kinder ab 2012 ohne Einkommensgrenze. Derzeit entfällt die Förderung z.B. für Kinder in Berufsausbildung, wenn die Einkünfte und Bezüge über 8.004 € im Jahr liegen. Um rund 200 Mio. € soll dies Eltern mit Kindern über 18 entlasten.
  • Benutzen Berufspendler für den Arbeitsweg abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und den Pkw, prüfen die Finanzämter künftig nur noch jahresbezogen, ob die Entfernungspauschale oder die Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrkartenpreise mehr bringt. Damit entfallen umfangreiche Aufzeichnungen, Ermittlungen und Berechnungen. Im Gegenzug kann der Arbeitnehmer den höheren Abzug aber nicht mehr pro Tag geltend machen.
  • Der Abgeltungsteuer unterliegende private Kapitaleinkünfte werden nicht mehr für Nebenrechnungen benötigt. Derzeit müssen sie in der Einkommensteuererklärung für Spendenabzug, bei den außergewöhnlichen Belastungen zur Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung, beim Abzug von Unterhaltszahlungen und für den Ausbildungsfreibetrag angegeben werden.
  • Werden Wohnung oder Haus verbilligt an Angehörige vermietet, lassen sich die Werbungskosten künftig bereits dann in voller Höhe absetzen, wenn die vereinbarte Miete mindestens 66 % des ortsüblichen Mietniveaus beträgt. Derzeit liegt die Hürde bei 75 %.
  • Wer will, kann ab 2012 wahlweise nur noch alle zwei Jahre eine Einkommensteuererklärung abgeben. Diese Vereinfachung zielt auf Bürger mit Einkünften ab, die über die Jahre im Wesentlichen gleich bleiben - z.B. Arbeitnehmer, Bezieher von Alterseinkünften und Personen mit Einkünften aus Vermögensverwaltung im normalen Umfang. Sie können diese Wahl jederzeit durch Abgabe der jährlichen Einkommensteuererklärung rückgängig machen.
  • Spenden für die Opfer von Naturkatastrophen sollen über vereinfachte Zuwendungsnachweise als Sonderausgaben absetzbar sein.
  • Das Veranlagungswahlrecht bei Ehegatten wird ab 2013 neu geordnet, durch die Reduzierung der Veranlagungsarten von bisher sieben auf vier. Durch Einführung einer Tarifminderung wird gewährleistet, dass Ehegatten gegenüber unverheirateten Paaren nicht schlechter gestellt werden.
  • Erstattungsüberhänge von Sonderausgaben werden im Jahr des Zuflusses berücksichtigt. Das betrifft neben Versicherungsbeiträgen insbesondere die Kirchensteuer. Durch die Neuregelung soll vermieden werden, dass die Vergangenheit wieder aufgerollt werden muss.
  • Für eine verbindliche Auskunft des Finanzamts fällt künftig nur noch dann eine Gebühr an, wenn der Gegenstandswert mindestens 10.000 € beträgt. Das beschränkt die Gebührenpflicht auf wesentliche und aufwändige Fälle, für größere Investitionsvorhaben bleibt die Kostenbelastung also bestehen.
  • Wird ein Betrieb verpachtet, muss der Unternehmer die stillen Reserven so lange nicht versteuern, bis er dem Finanzamt eine ausdrückliche Aufgabeerklärung einreicht. Derzeit kommt es bei der Betriebsverpachtung oft zu aufwändigen Verwaltungsverfahren, wenn der Inhaber keine eindeutige Aufgabeerklärung abgegeben hat.
  • Für die Belange der Umsatzsteuer soll es diverse Erleichterungen bei der elektronischen Rechnungsstellung geben, indem die heute hohen Anforderungen reduziert werden.

Praxishinweis

Ab 2012 werden private Kapitalerträge nicht mehr für die Einkommensteuererklärung benötigt, wenn es um Kinderförderung, Spendenabzug oder außergewöhnliche Belastungen geht. Das gilt auch dann, wenn die Einnahmen dem Finanzamt zur Nacherfassung gemeldet werden müssen oder der Anleger einen Antrag auf Günstigerprüfung bei einer Progression unter 25 % stellt. Diese Neuregelung hat den derzeit wenig beachteten Zusatzeffekt, dass das Finanzamt deutlich seltener als derzeit einen Kontenabruf bei inländischen Banken starten kann. Derzeit ist diese Suche nach unbekannten Kontenverbindungen erlaubt, um zu prüfen, ob der volljährige Nachwuchs Kapitaleinkünfte erzielt oder ob die Angaben in den Formularen für den Abzug von Spenden oder außergewöhnlichen Belastungen in exakter Höhe angeben wurden. Diese Motive für eine Recherche entfallen für Veranlagungen ab 2012. Für die bis dahin erzielten Kapitalerträge ist der Kontenabruf aber weiter zulässig.


BMF- Referentenentwurf für ein Steuervereinfachungsgesetz 2011 v. 20.12.2010

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 11.01.11