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Sorgfalt beim Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung

Unternehmer müssen die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachweisen und dabei die kaufmännische Sorgfalt walten lassen. Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift des Abholers unter der Empfangsbestätigung und der Unterschrift auf dessen Personalausweis können Umstände darstellen, die den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen - so der Tenor eines aktuellen BFH-Urteils. Die Richter weisen darauf hin, dass an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen gestellt werden müssen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen Pkw (im Urteilsfall: ein Porsche 911 Carrera) ein Barkauf mit einem Beauftragten zugrunde liegt.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Kfz-Händler lieferte einen Porsche 911 umsatzsteuerfrei an den in Italien beheimateten Abnehmer. Das Kfz wurde durch Vermittlung einer Fremdfirma von einem Bevollmächtigten beim heimischen Händler abgeholt. Der Bevollmächtigte bezahlte den Kaufpreis bar und legte dem Unternehmer eine Kopie seines Personalausweises vor. Die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung wich aber von der Signatur auf der Personalausweiskopie ab. Dies fiel der Umsatzsteuer-Sonderprüfung auf: Das Finanzamt behandelte die bis zu diesem Zeitpunkt steuerfrei eingestufte innergemeinschaftliche Lieferung als steuerpflichtig und änderte entsprechend den Umsatzsteuerbescheid. Die Versagung der Steuerfreiheit für die Lieferung beruhte auf einer Kontrollmitteilung, nach welcher der Bevollmächtigte ein Scheinunternehmen war.

Anhand dieses Falls erläuterte der BFH die Grundregeln zu den Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach dem UStG nicht vorliegen, ist dieser Verkauf dennoch steuerfrei, wenn

  • die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht,
  • der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, 
  • keine auffälligen Umstände vorliegen, die den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hätten veranlassen müssen.

Auffällige Unterschiede zwischen den Unterschriften auf der vom Abholer vorgelegten Personalausweiskopie und auf der Empfangsbestätigung können allerdings Umstände darstellen, die den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers hätten veranlassen müssen. An die Nachweispflichten sind deswegen besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die innergemeinschaftliche Lieferung von hochwertigen Autos birgt bei Abholung durch einen Beauftragten gegen Barzahlung eine umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr; der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.

Wenn die Unterschrift unter der Empfangsbestätigung von der Signatur auf dem Personalausweis auf den ersten Blick erkennbar erheblich abweicht, ist besondere kaufmännische Sorgfalt walten zu lassen. Zwar kann sich eine Unterschrift im Laufe der Jahre verändern. Zudem kann eine Unterzeichnung auf einem Personalausweis, bei dem wenig Platz für die Unterschrift besteht, ein anderes Aussehen als auf sonstigen Unterlagen haben. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die auffälligen Unterschiede in die Prüfung gar nicht erst mit einzubeziehen, betont der BFH.

Praxishinweis

Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet.
  • Der Abnehmer ist
    • ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
    • eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat,
    • oder bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber.
  • Der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen nachzuweisen. Er soll dabei in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen

  • durch die Kopie der Rechnung,
  • durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere durch den Lieferschein, durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
  • in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern.

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein.

BFH, Urt. v. 14.11.2012 - XI R 17/12
BFH, Urt. v. 12.05.2011 - V R 46/10, BStBl 2011 II 957
BFH, Urt. v. 15.02.2012 - XI R 42/10
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem v. 11.12.2006, ABl. EU L 347, 1

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Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 23.04.13