Bertold Werkmann © fotolia.de

Bertold Werkmann © fotolia.de

Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

Steuervereinfachungsgesetz 2013 soll Steuerrechtsdschungel weiter lichten

Am 23.11.2012 beriet der Bundesrat zum geplanten Steuervereinfachungsgesetz 2013. Als Ergänzung zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 wird ein erneuter Versuch unternommen, das Steuerrecht zu lichten.

Die Länder Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bremen hatten dem Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts zugeleitet. Neben dem erhofften Vereinfachungseffekt geht es auch um Steuergerechtigkeit und Steuersystematik, weil Mitnahmeeffekte, Steuergestaltungsmöglichkeiten und unsystematische Ausnahmetatbestände reduziert werden sollen.

Insgesamt enthält der Entwurf zum Steuervereinfachungsgesetz 2013 elf Vorschläge:

  1. Neuregelung beim Einzelnachweis tatsächlicher krankheits- und behinderungsbedingter Kosten sowie die dauerhafte Wirkung der Übertragung des Pauschbetrags eines behinderten Kindes auf die Eltern. Hinzu kommt die Erhöhung der Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung. Die Abstufung erfolgt künftig - angelehnt an das Sozialrecht - in Zehnerschritten: 
    GdB (Grad der Behinderung)
    Pauschbeträge alt
    Pauschbeträge neu  Zuschlag                 
    30 310 €       
    400 €     
    30 %
    40 430 €
    560 €
    30 %
    50 570 €
    740 €
    30 %
    60 720 €
    940 €
    30 %
    70 890 €
    1.250 €
    40 %
    80 1.060 €
    1.590 €
    50 %
    90 1.230 €
    1.850 €
    50 %
    100 1.420 €
    2.130 €
    50 %
    Merkzeichen H (hilflos) oder BL (blind)
    3.700 €
    5.550 €
    50 %
  2. Vereinfachungen der Pflegekosten. Die bisher pauschale Kürzung dieser Kosten um die Haushaltsersparnis und damit zusammenhängende Zweifelsfragen sind nicht zeitgemäß. Aufwendungen für die Unterbringung in einem Heim können als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, soweit sie auf Pflegeleistungen entfallen. Verpflegungskosten können nicht berücksichtigt werden. Kosten der Unterkunft können berücksichtigt werden, wenn es sich um eine vorübergehende Unterbringung in einem Heim bis zu sechs Monaten handelt und eine Kurzzeitpflege oder eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung vorliegt.
  3. Betrugssichere Gestaltung beim Abzug von Unterhaltsleistungen an Personen mit Wohnsitz in Staaten außerhalb des EU-/EWR-Raumes, indem nur unbare Zahlungen berücksichtigt werden. Hat die unterhaltene Person ihren Wohnsitz nicht im EU-/EWR-Raum, erfolgt ein Abzug nur, wenn die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung durch Urteil oder Bescheid der für Unterhaltsangelegenheiten zuständigen Stelle des Wohnsitzstaates des Unterhaltsempfängers nachgewiesen wird und die Zahlung auf das Konto des Unterhaltsempfängers erfolgt ist.
  4. Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags um 130 € auf 1.130 €.
  5. Pauschalierung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 100 € pro Monat, wenn das häusliche Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, dafür aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, diesen Pauschbetrag unterschreiten.
  6. Zweijährige Gültigkeit von Freibeträgen im Lohnsteuerabzugsverfahren. Die Regelung ist nicht nur im Steuervereinfachungsgesetz 2013, sondern mittlerweile auch im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 enthalten.
  7. Angleichung und Begrenzung der Steuerfreiheit von Arbeitgeberleistungen zur Kinderbetreuung (z.B. betriebseigene Kindergärten, Zuschüsse zu Kita-Gebühren) an die steuerliche Behandlung der Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben. Zwei Drittel der Leistungen des Arbeitgebers für die Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder des Arbeitnehmers bleiben steuerfrei, soweit sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden und maximal 4.000 € betragen.
  8. Absenkung der Freigrenze für Sachbezüge von 44 € auf 20 €.
  9. Neuer Sockelbetrag von 300 € bei der Steuerermäßigung für Handwerkerrechnungen. Die Einführung des Sockelbetrags bedeutet, dass bis zur Höhe von 300 € Rechnungsbeträge bei der Ermittlung der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen unberücksichtigt bleiben.
  10. Wegfall der steuerlichen Vergünstigungen für Initiatorenvergütungen von vermögensverwaltenden Private-Equity-Fonds (Carried lnterest).
  11. Vereinfachung des Verlustabzugs bei beschränkter Haftung bei Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft oder vergleichbaren Beteiligungsformen durch Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens in die Ermittlung des Kapitalkontos; Abschaffung des erweiterten Verlustausgleichs bei überschießender Außenhaftung.

Die Regelungen des geplanten Steuervereinfachungsgesetzes 2013 sollen grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2013 Anwendung finden. Da sich ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens mindestens bis Ende 2012 hinziehen wird, können die das Lohnsteuerabzugsverfahren betreffenden Regelungen erst ab dem Jahr 2014 angewendet werden.

Die Länder verstehen Steuervereinfachung als einen Prozess, der für alle am Besteuerungsverfahren Beteiligten Vorteile bringen soll - für die Steuerpflichtigen und ihre steuerlichen Berater, für Arbeitgeber, Finanzverwaltung und Finanzgerichte. Umfang und Komplexität des Steuerrechts belasten die Finanzverwaltung nicht weniger als die Bürger. Reformvorhaben in den zurückliegenden Jahren - wie etwa Unternehmenssteuerreform, Abgeltungsteuer, Rentenbesteuerung, Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge, elektronisches Lohnsteuerabzugsverfahren - haben die Finanzverwaltungen an die Grenzen ihrer Kapazitäten geführt. Damit die Beamten ihre Aufgaben effizient erfüllen können, sollen die rechtlichen Arbeitsgrundlagen anwendungsfreundlich ausgestaltet sein.

Die Fortsetzung des 2011 begonnenen Prozesses der Steuervereinfachung soll deshalb ein wichtiger Schlüssel für effizientes Verwaltungshandeln sein und die Steuerverwaltung entlasten. Ziel ist, ein serviceorientiertes Leistungsniveau zugunsten der Bürger zu erhalten und auszubauen. Aufgrund der angespannten finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte werden die Steuervereinfachungen nicht nur einseitig unter dem Blickwinkel steuerlicher Entlastungen betrachtet, sondern auch Maßnahmen einbezogen, die durch Subventionsabbau oder Begrenzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten zur Gegenfinanzierung beitragen.

Praxishinweis

Die elf Vorschläge zum Steuervereinfachungsgesetz 2013 sehen sowohl Mehreinnahmen als auch Mindereinnahmen vor: Mehreinnahmen kommen unter anderem dadurch zustande, dass Aufwendungen für Handwerkerleistungen steuerlich nur dann berücksichtigt werden, wenn sie einen Sockelbetrag von 300 € jährlich übersteigen, und dass Unterhaltsleistungen in das Ausland an höhere Auflagen geknüpft werden.

Im Gegensatz zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 sieht das Steuervereinfachungsgesetz 2013 auch einseitige Kürzungen zu Lasten der Steuerpflichtigen vor. So soll beispielsweise die Möglichkeit eingeschränkt werden, dass Arbeitgeber steuerfreie Zuschüsse für die Kinderbetreuung leisten. Damit werden Zahlungen an den Kindergarten zu Gunsten der Arbeitnehmer teilweise lohnsteuerpflichtig. Zudem soll zusätzlich Abzugsvolumen für die weiteren Kinderbetreuungskosten gekürzt werden.

Unergründlich ist, warum die Absenkung der Grenze für steuerfreie Sachleistungen des Arbeitgebers auf 20 € vereinfachend sein soll. Damit werden wohl viele vom Arbeitgeber finanzierte Jobtickets entfallen. Ebenfalls kaum nachzuvollziehen ist, wie ein nicht abziehbarer Sockelbetrag für Handwerkerleistungen der Vereinfachung dienen soll.

Immerhin profitieren viele Beschäftigte davon, dass der Arbeitnehmer-Pauschbetrag erhöht werden soll. Dies bezieht etwa eine Million Arbeitnehmer zusätzlich in die Vereinfachungsfunktion des Arbeitnehmer-Pauschbetrags ein und entlastet sie vom Einzelnachweis der Werbungskosten. Diese Änderung soll jedoch erst mit zeitlicher Verzögerung 2014 in Kraft treten, ebenso wie die Neuregelung beim Arbeitszimmer.

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts 2013 (Steuervereinfachungsgesetz 2013 - StVereinfG 2013), Gesetzesantrag der Länder Hessen, Bremen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein v. 02.11.2012, BR-Drs. 684/12

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 04.12.12