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Umsatzsteuer: BMF weist auf Konsequenzen der BFH-Rechtsprechung für die Besteuerung von Freiberuflern hin

Wer als Freiberufler Umsatzsteuer abführt, kann die sogenannte Ist-Besteuerung beim Finanzamt beantragen. Umsatzsteuer wird dann nach den vereinnahmten Entgelten berechnet und erst mit Eingang des Rechnungsbetrags fällig. In einem aktuellen Schreiben weist das BMF nun darauf hin, dass diese günstige Besteuerung für einige Freiberufler nicht mehr möglich ist. Dies ist die Konsequenz eines BFH-Urteils, das zuletzt auch vom Bundesverfassungsgericht nicht aufgehoben wurde.

Das Finanzamt kann einem Freiberufler auf Antrag gestatten, die Umsatzsteuer nach den vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) zu berechnen. Der BFH hat jüngst entschieden, dass dies nicht anwendbar ist, wenn der Unternehmer

  • in Bezug auf seine Umsätze buchführungspflichtig ist oder
  • freiwillig Bücher führt.

Die gegen das BFH-Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Daher geht die Finanzverwaltung jetzt im Sinne der BFH-Entscheidung vor. Darauf weist auch das BMF hin. Die Genehmigung zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten wird Freiberuflern ab sofort nicht mehr erteilt, wenn der Unternehmer bzgl. dieser Umsätze Bücher führt, und zwar unabhängig davon, ob er hierzu gesetzlich verpflichtet ist oder nicht.

Betroffene Unternehmer sollten aber drei wichtige Einschränkungen beachten:

  1. Beträgt der im Vorjahr erzielte Gesamtumsatz nicht mehr als 500.000 €, kann die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs genehmigt werden. Das gilt auch, wenn der Unternehmer Bücher führt.
  2. Sollte eine bereits unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilte Genehmigung aufgrund des BFH-Urteils vom Finanzamt zurückgenommen werden, gilt das nicht sofort, sondern erst mit Wirkung für Umsätze ab dem Jahr 2014.
  3. Von einer Rücknahme der Genehmigung zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten wird abgesehen, wenn der im Kalenderjahr 2012 erzielte Gesamtumsatz nicht mehr als 500.000 € betragen hat und aus diesem Grund eine Genehmigung erteilt werden könnte. In diesem Fall wird das Unternehmen oder der Freiberufler darauf hingewiesen, dass die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) zu berechnen ist, wenn der Gesamtumsatz 2013 oder der eines späteren Kalenderjahres den Betrag von einer halben Million Euro übersteigt.

Aufgrund dieser Neuregelungen ergibt sich eine Änderung des UStAE; diese trat am 01.08.2013 in Kraft.

Bei den Umsätzen, die vor dem Wechsel der Berechnungsart ausgeführt wurden, sind weitere Besonderheiten zu beachten: Die zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung geltenden Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer bleiben auch dann maßgebend, wenn der Unternehmer von der Berechnung der Steuer nach „vereinnahmten" Entgelten (Ist-Besteuerung) zur Berechnung der Steuer nach „vereinbarten" Entgelten (Soll-Besteuerung) wechselt.

Für Umsätze, die in einem Besteuerungszeitraum ausgeführt wurden, für den die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten erlaubt war, gilt diese Besteuerung weiter, auch wenn in späteren Besteuerungszeiträumen ein Wechsel zur Soll-Besteuerung eintritt.

Danach entsteht die Steuer bei Vereinnahmung des Entgelts. Im Fall eines bereits sollversteuerten Umsatzes bleibt der Zeitpunkt des Entstehens der Steuer auch dann unverändert, wenn der Unternehmer zur Ist-Besteuerung wechselt und das Entgelt noch nicht vereinnahmt hat.

Praxishinweis

Die für die Berechnung der Umsatzsteuer nach der Ist-Besteuerung maßgebliche Umsatzgrenze wurde zur Abmilderung der Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise zum 01.07.2009 bundeseinheitlich auf 500.000 € angehoben und wird auf Dauer beibehalten.

Die Ist-Besteuerung wirkt sich für Gewerbetreibende, Landwirte und Freiberufler günstig auf die Liquiditätslage aus, da die Umsatzsteuer nicht schon im Leistungszeitpunkt, sondern erst bei Zahlung durch den Kunden ans Finanzamt abgeführt werden muss.

Andererseits dürfen Unternehmer die Vorsteuer bereits bei Vorlage der Rechnung geltend machen, auch wenn die noch gar nicht bezahlt ist. Bei der Soll-Besteuerung haben hingegen Unternehmen die Umsatzsteuer bereits für den Voranmeldungszeitraum zu entrichten.

Sie erbringen also ihre Leistung, selbst wenn der Kunde erst Monate später zahlt.
Hintergrund ist, dass es kleinen und mittleren Unternehmen regelmäßig schwerfällt gegenüber dem Fiskus in Vorleistung zu gehen.

Zur günstigen Ist-Besteuerung sind generell nicht-buchführungspflichtige Gewerbetreibende und Landwirte berechtigt, die unterhalb dieser Umsatzgrenze liegen. Hinzu kommen Freiberufler ohne betragsmäßige Beschränkung.

Die Umsatzgrenze von 500.000 € stimmt mit der für die Buchführungspflicht bestehenden Grenze überein. Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte sind erst bei Überschreiten dieser Grenze zur Buchführung verpflichtet. Dies gilt, sofern nicht bereits nach anderen Vorschriften eine Buchführungspflicht besteht oder die Gewinngrenze überschritten wird.

Besteht keine Buchführungspflicht und werden auch freiwillig keine Bücher geführt, ergeben sich die steuerlichen Konsequenzen aus einem Geschäftsvorfall erst bei Zufluss der Einnahmen. Dies gilt einheitlich sowohl bei der Umsatz- als auch bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer.

Für den Wechsel von der Soll- zur günstigen Ist-Besteuerung müssen Unternehmer beim Finanzamt einen Antrag stellen. Dieser ist an keine Frist gebunden.

BMF, Schreiben v. 31.07.2013 - IV D 2 - S 7368/10/10002
BFH, Urt. v. 22. 07.2010 - V R 4/09
BFH, Urt. v. 11.02.2010 - V R 38/08, BStBl 2010 II 873
BFH, Urt. v. 30.11.1982 - VIII R 9/80, BStBl 1983 II 187

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 20.08.13