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Umtausch griechischer Anleihen in neue Titel

Am 12.03.2012 wurden griechische Staatsanleihen in erheblichem Umfang in neue Titel getauscht. Sowohl institutionelle als auch private Investoren haben dabei viel investiertes Geld verloren: Aufgrund des Schuldenschnitts und der geringen Kurse der neu erhaltenen Anleihen bleiben vom ehemaligen Nennwert der griechischen Bonds nur noch rund 21,5 % übrig - ein Verlust von annähernd vier Fünfteln.

An dem Umtausch beteiligten sich mehr als 95 % der privaten Anleger mit einem Nennwert von rund 197 Mrd. €. Der größte Teil von ihnen wurde durch die von der griechischen Regierung eingeführte Zwangsklausel dazu gezwungen. Betroffen waren sowohl nach griechischem als auch nach britischem Recht begebene Anleihen. Die Gläubiger konnten sich bis zum 23.03. entscheiden, doch bei Ablehnung drohte die griechische Regierung mit dem Totalausfall und dem Wegfall des Anspruchs auf die Einbuchung der neuen Anleihen des Euro-Stabilisierungsfonds EFSF sowie griechischer Titel. Am 23.03.2012 hat das griechische Finanzministerium jedoch eine Fristverlängerung gewährt: Die Gläubiger haben noch bis zum 04.04. Zeit, ihre alten Schuldscheine im Rahmen des Schuldenschnitts umzutauschen.

Im Rahmen der Umschuldungsmaßnahme unterbreitete Griechenland (unter Berücksichtigung des beim Schuldenschnitt ausgehandelten Forderungsverzichts in Höhe von 53,5 %) seinen Anleihegläubigern das Angebot, ihre gehaltenen Anleihen zu tauschen. Dabei gibt es vier Möglichkeiten. Bezogen auf jeweils nominal 1.000 € sind das folgende Bestandteile:

  1. 315 € je Ursprungsanleihe von 1.000 € gibt es in Form von 20 neuen griechischen Anleihen (sog. New Bonds) im Nennwert von 15 bis 16 € und mit Laufzeiten von elf bis 30 Jahren (Fälligkeit in den Jahren 2023 bis 2042). 2013 bis 2015 gibt es eine jährliche Zinszahlung von 2,0 %, 2016 bis 2020 von 3,0 %, 2021 dann von 3,65 % und ab dem Jahr 2022 von 4,3 %. Die Zinsberechnung beginnt ab dem 24.02.2012.
  2. 150 € (also 15 % je Ursprungsanleihe von 1000 €) gibt es in zwei neuen Anleihen des Europäischen Rettungsschirms EFSF mit Laufzeiten von einem (0,4 % Zinsen) und zwei Jahren (1,0 % Zinsen) (sog. PSI Payment Notes). Steuerlich maßgebend ist als Veräußerungserlös die Summe der Börsenkurse aller neuen Anleihen, also der Anleihen Griechenlands und der PSI des EFSF am Tag der Depoteinbuchung. Ist zu diesem Zeitpunkt kein Börsenkurs festgestellt, gilt deren niedrigster Kurs am ersten Handelstag. Sofern es sich bei den hingegebenen Anleihen um ehemalige Finanzinnovationen handelt, besteht für bis Ende 2008 erworbene Titel kein Bestandsschutz vor der Abgeltungsteuer.
  3. Hinzu kommt ein Optionsschein (sog. Besserungsschein) mit einem fiktiven Nennwert von 315 €. Diese sog. GDP-linked Securities haben lediglich einen Anspruch auf eine Zinszahlung und werfen nur dann etwas ab, wenn das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) sich positiv entwickelt. Eine Auszahlung kommt erstmals für 2014 in Betracht. Hierfür gibt es am 15.10.2015 Zinsen i.H.v. maximal 1 € je 100 € Nennwert. Maßgebend als Bezugsgröße ist das von der europäischen Statistikbehörde Eurostat veröffentlichte BIP für Griechenland nach einer internen Berechnungsformel im Verhältnis der Wachstumsrate zu nominalen Referenz-BIP-Werten. Die letzte Zahlung kann 2042 für das Jahr 2041 erfolgen. Die Einbuchung der Optionsscheine setzen die Banken aus Vereinfachungsgründen mit Anschaffungskosten von Null an. Damit führt eine spätere Veräußerung der Papiere in voller Höhe des Veräußerungspreises zu Kapitaleinkünften, die der Kapitalertragsteuer unterliegen.
  4. Eine Nullkuponanleihe (Short-term EFSF Notes) mit sechs Monaten Laufzeit. Diese gibt es als Ersatz für die aufgelaufenen Stückzinsen aus den Altanleihen. Sie werden steuerlich bei Einbuchung wie die GDP-linked Securities behandelt, also mit Null angesetzt.

Praxishinweis

Für private Kleinanleger kann sich durch den Umtausch ein neues Problem ergeben. Hatten sie beispielsweise zuvor nur eine herkömmliche Griechenland-Anleihe, halten sie nunmehr 24 neue Papiere im Depot (20 New Bonds mit Laufzeiten von 2023 bis 2042, dazu den Optionsschein, die beiden EFSF-Papiere sowie den Zerobond als Zinsersatz). Da die Kreditinstitute bei solchen Kleinstmengen oft Mindestgebühren verlangen, können die Kosten theoretisch insgesamt über dem Gesamtwert aller Titel liegen. So notierten die 20 neuen Anleihen mit einem Nennwert von zusammen 315 € kurz nach dem Umtausch an der Börse im Schnitt noch nicht einmal bei 25 % ihres Nominalwerts. Es sind dann für den Verkauf der neuen Papiere insgesamt 24 Transaktionen notwendig.

Die detaillierten Einzelheiten der jeweiligen Umtauschaktion stehen hier.

Der Umtausch der griechischen Staatsanleihen ist vergleichbar mit dem ehemaligen Schuldenschnitt in Argentinien; auch dort erfolgte ein Umtausch. Aufgrund ihrer Zahlungsschwierigkeiten setzte die argentinische Regierung Ende Dezember 2001 Zins- und Tilgungszahlungen aus, worauf die Wertpapierkurse für diese sog. Argentinien-Anleihen erheblich fielen. 2002 erklärte sich das Land für zahlungsunfähig und rief den Staatsnotstand aus. Die Wertpapiere wurden nunmehr von den Banken als Finanzinnovation eingestuft, weil bei notleidenden Papieren kein offener Ausweis von Stückzinsen erfolgen darf und die Wertpapiere seitdem flat gehandelt werden. Anleger konnten die Kursverluste mit Argentinien-Anleihen nicht als negative Kapitaleinnahmen geltend machen, weil der realisierte Verlust mit einer notleidenden Anleihe einen nicht steuerbaren typischen Vorgang auf der Vermögensebene darstellt.

Mittlerweile ist das Umschuldungsangebot des Staates Argentinien vom 28.12.2004 abgelaufen, wobei Anleger über einen Forderungsverzicht bis zu 66 % ihres Nennwerts verloren und drei Jahre lang keine Zinsen erhielten. Die Inhaber der alten Argentinien-Anleihen konnten diese in neue Schuldverschreibungen und GDP-Bonds (reine Ertragsscheine) umwandeln. Auch hier galt die Annahme des Tauschangebots durch die Gläubiger steuerlich als Veräußerung der alten und gleichzeitig als Anschaffung der neuen Argentinien-Anleihen. Maßgeblich war der Börsenwert der Altanleihen im Zeitpunkt der Zuteilung der neuen Wertpapiere.

Rund ein Viertel der Anleger ging damals nicht auf das Umtauschangebot ein. Diese Anleger sitzen folglich noch immer auf ihren Bonds oder haben sie auf sog. ABRA-Zertifikate übertragen lassen. Die alten Argentinien-Anleihen notieren weiterhin an der Börse, ohne Aussicht auf Tilgung zum Nennwert oder Zinszahlungen. Die ABRA-Zertifikate waren damals durch Gründung von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) mit einem europäischen Bankenkonsortium zum Schutz der Interessen der Argentinien-Gläubiger eingeführt worden.

BMF-Schreiben v. 09.03.2012 - IV C 1 - S-2252/0:016
BMF-Schreiben v. 22.12.2009 - IV C 1 - S-2252/08/10004, BStBl 2010 I 94

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 27.03.12