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Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung

Am 01.07.2011 kam es zu einer großen Entlastung für die gewerbliche Wirtschaft, indem die formalen Vorgaben zur elektronischen Rechnungsstellung für den Vorsteuerabzug durch das Steuerentlastungsgesetz 2011 deutlich herabgesetzt wurden. Die zuvor geltende Regelung sah für auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen hohe technische Anforderungen vor: Der Unternehmer konnte die Echtheit und die Unversehrtheit (und damit seinen Anspruch auf Vorsteuer) nur gewährleisten, wenn er entweder eine qualifizierte elektronische Signatur verwendete oder ein Verfahren zum elektronischen Datenaustausch (sog. EDI-Verfahren) nutzte. Beide Verfahren verursachen hohe Bürokratiekosten in den Unternehmen und stellten somit oftmals eine Hürde dar, auf elektronische Verfahren umzustellen. Sie sind aber weiterhin zulässig.

Vor diesem Hintergrund kam es für ab dem zweiten Halbjahr 2011 ausgestellte Rechnungen zu einer erheblichen Vereinfachung. Auf elektronische Signatur oder Rechnung per EDI kommt es für den Vorsteuerabzug nicht mehr an. Jetzt können auch elektronische Rechnungen, die z.B. per E-Mail, als PDF- oder Textdatei (als E-Mail-Anhang oder Web-Download), Computer-Telefax oder Fax-Server übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen. Das bringt eine umsatzsteuerliche Gleichstellung von Papier- und elektronischen Rechnungen, führt aber nicht zu höheren Anforderungen an Papierrechnungen. Bei ihnen waren nämlich bereits nach den bestehenden Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit für den gesamten zehnjährigen Aufbewahrungszeitraum zu gewährleisten.

Das BMF hat aktuell den Entwurf eines einführenden Schreibens zur Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zur Stellungnahme der Verbände veröffentlicht. In diesem Rahmen sollen auch die entsprechenden Abschnitte im Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst werden. Nunmehr gilt als eine elektronische Rechnung eine in einem elektronischen Format ausgestellte und empfangene Rechnung. Die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen, um sie zum Vorsteuerabzug zu benutzen, wurden dabei gegenüber der bisherigen Rechtslage deutlich reduziert.

Jeder Unternehmer kann dabei selbst festlegen, in welcher Weise er die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts sicherstellen möchte. Hierbei kann er auch auf innerbetriebliche Kontrollverfahren zurückgreifen, die bereits zuvor im Einsatz waren. Hierunter fallen z.B. Verfahren, die der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seinen Zahlungsverpflichtungen einsetzt. Er prüft nämlich schon im eigenen Interesse insbesondere, ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde und ob der Rechnungsaussteller tatsächlich den Zahlungsanspruch hat. Der Unternehmer ist frei darin, ein für ihn geeignetes Verfahren zu wählen. Dies kann im Rahmen eines entsprechend eingerichteten Rechnungswesens geschehen, aber beispielsweise auch durch manuellen Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z.B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein).

Hinweis: Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Vorsteuerabzug (z.B. ordnungsgemäße Rechnung, Leistungsbezug für sein Unternehmen, Höhe der gesetzlich geschuldeten Steuer) trägt der Unternehmer die Feststellungslast.

Im Praxisalltag überschneiden sich die Durchführung des Kontrollverfahrens und die Prüfung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs in Teilen. Ist der Nachweis erbracht, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs gegeben sind, misst das BMF der Frage der Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens in dem konkreten Einzelfall keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Das Finanzamt oder der Außenprüfer vor Ort können insbesondere den Vorsteuerabzug hierbei nicht mehr versagen.

Praxishinweis

Hilfreich könnte in diesem Zusammenhang eine aktuelle Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern zum Kontierungsvermerk auf elektronisch erstellten und versandten Eingangsrechnungen sein, da in der Praxis derzeit vermehrt elektronische Rechnungen verwendet werden und bei dieser Art der Rechnungsstellung keine Originalbelege in Papierform mehr vorliegen.

Gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) sind zur Erfüllung der Belegfunktion Angaben zur Kontierung, zum Ordnungskriterium für die Ablage und zum Buchungsdatum auf dem Beleg erforderlich. Die Reihenfolge der Buchungen ist zu dokumentieren. Da elektronische Abrechnungen auf einem Datenträger zu speichern sind, der Änderungen nicht mehr zulässt, ist die Kontierung nicht möglich.

Nach den GoBS muss bei der Speicherung von originär digitalen Dokumenten beachtet werden, dass diese während des Übertragungsvorgangs auf das Speichermedium nicht bearbeitet werden können. Finden dennoch Bearbeitungsvorgänge statt, sind diese zu protokollieren und mit dem Dokument zu speichern. Darüber hinaus muss gemäß den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) der Originalzustand eines übermittelten Dokumentes jederzeit prüfbar sein. Der Verzicht auf einen herkömmlichen Papierbeleg darf die Möglichkeit der Prüfung des betreffenden Buchungsvorgangs in formeller und sachlicher Hinsicht nicht beeinträchtigen. Dies kann sichergestellt werden, indem an die Rechnung ein Datensatz angehängt wird, der die für die Buchung notwendigen Informationen enthält. Der Datensatz muss mit der Rechnung so verbunden werden, dass er von dieser nicht mehr getrennt werden kann.

Das BMF hat in einem Antwortschreiben auf eine entsprechende Anfrage der Bundessteuerberaterkammer ein solches Vorgehen als ordnungsgemäß im Sinne der GoB und der GoBS anerkannt, wenn die sonstigen Anforderungen beachtet werden.

BMF, Entwurfsschreiben für Anwendungserlass v. 01.02.2012 - IV D 2 - S-7287 a/09/10004: 003
BayLfSt, Verfügung v. 13.02.2012 - S-0316.1.1-5/1 St42

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 21.03.12