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Verfassungsmäßige Zweifel am Solidaritätszuschlag

Ist der Solidaritätszuschlag verfassungsgemäß? Während das Niedersächsische Finanzgericht Zweifel daran geäußert hat, dass der langfristige Bedarf für die Kosten der deutschen Einheit durch eine Ergänzungsabgabe gedeckt werden darf, und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat, hat jetzt das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 08.12.2009 eine gegenteilige Auffassung vertreten. Anfang dieser Woche hatte bereits das Bundesfinanzministerium reagiert und in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder festgelegt, dass Steuerbescheide spätestens ab dem 23.12.2009 in Hinblick auf den Solidaritätszuschlag nur vorläufig festgesetzt werden.

Nach Ansicht des FG Niedersachsen hat die Ergänzungsabgabe nach dem Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG) spätestens seit 2007 ihre verfassungsmäßige Berechtigung verloren. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers dient eine Ergänzungsabgabe nur der Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen. Mit dem Solidaritätszuschlag sollen die Kosten der deutschen Einheit finanziert werden, wofür ein langfristiger Bedarf besteht, der eben nicht durch eine Ergänzungsabgabe gedeckt werden darf. Hierzu liegt dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nun Klageverfahren zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vor.

Das FG Münster hält dagegen mit Urteil vom 08.12.2009 (Az. 1 K 4077/08 E) den Solidaritätszuschlag für verfassungsgemäß. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG nicht nur befristet erhoben werden dürfe.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags hat die Finanzgerichte in der Vergangenheit schon häufig beschäftigt. Bereits das Finanzgericht Köln (Beschl. v. 11.09.2009 - 10 K 2709/09) hatte Zweifel geäußert, ob die Erhebung dieser Zuschlagsteuer zur Einkommensteuer nach wie vor verfassungsgemäß ist. Die Klage wurde jedoch mit Blick auf die anstehende Entscheidung des FG Niedersachsen zunächst ausgesetzt.

Das BVerfG hatte in der Vergangenheit eine Beschwerde für das Jahr 2002 ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen (Urt. v. 11.02.2008 - 2 BvR 1708/06). Nach dem Beschluss des BVerfG (v. 19.11.1999 - 2 BvR 1167/96) ist das Erfordernis einer Befristung der Ergänzungsabgabe nicht in die Verfassung aufgenommen worden. Daher ist es nicht geboten, eine Ergänzungsabgabe von vornherein zu befristen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte den SolZ noch für das Jahr 2002 für verfassungsgemäß angesehen, weil die zeitliche Befristung nicht zum Wesen der Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG gehörte (Beschl. v. 28.06.2006 - VII B 324/05, BStBl II 2006, 692). Der Begriff der Ergänzungsabgabe besage lediglich, dass sie die Einkommen- und Körperschaftsteuer ergänzen solle. Es gebe keine Hinweise auf eine vom Gesetzgeber gewollte zeitliche Begrenzung einer Erhebung von Ergänzungsabgaben.

Hinweis: Privatpersonen, Unternehmer und Kapitalgesellschaften sollten ihre Veranlagungen in Hinblick auf den Solidaritätszuschlag mit einem Einspruch offenhalten. Mit Schreiben vom 07.12.2009 (IV A 3 - S 0338/07/10010) hat die Finanzverwaltung festgelegt, dass Steuerbescheide von Amts wegen spätestens ab dem 23.12.2009 in Hinblick auf den Solidaritätszuschlag nur vorläufig festgesetzt werden. Ein Einspruch muss nur bei Bescheiden vorgenommen werden, die noch nicht unter dem Vorläufigkeitsvermerk ergehen.

Quelle: FG Niedersachsen - Beschluss vom 25.11.09