Thomas Jansa © Fotolia.de

Thomas Jansa © Fotolia.de

Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

Weitere Neuregelungen steuerlicher Vorschriften

Der Bundestag hat am 27.10.2011 abschließend das Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz) verabschiedet. Da der Finanzausschuss zuvor noch zahlreiche Änderungen eingefügt hat, weist das Paket jetzt einen enormen Umfang an steuerlichen Neuregelungen auf, die nachfolgend in einer Übersicht aufgelistet werden.

  1. Der BFH hatte vor wenigen Monaten den Weg geebnet, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht nur als Sonderausgaben bis zu 4.000 € im Jahr absetzbar sind. Jetzt erfolgt eine „klarstellende“ Regelung, dass der Abzug von Studien- und Ausbildungskosten nur begrenzt als Sonderausgaben möglich sein soll, und dies rückwirkend ab 2004. Immerhin ist eine kleine Verbesserung vorgesehen, indem die Höchstgrenze von 4.000 auf 6.000 € angehoben wird, aber erst ab 2012. Nach der Gesetzesbegründung ist die rückwirkende Änderung erlaubt, weil nur eine jahrelang gefestigte Rechtsansicht wiederhergestellt werden soll.
  2. Wer in der Vergangenheit in Unkenntnis zu geringe Beiträge in eine Riester-Police gezahlt hat, kann die Rückforderung der Riester-Zulage vermeiden, indem er die erforderlichen Beiträge nachzahlt. Der jeweilige Anbieter muss den Sparer auf die Beitragslücken und die Möglichkeit der Nachzahlung hinweisen. Ab dann können die Beiträge bis spätestens zum Beginn der ersten Rentenauszahlung nachentrichtet werden. Zuvor war nur ein kurzer Übergangszeitraum vorgesehen.
  3. In den Genuss der Familienförderung (Anspruch auf Kindergeld, Steuerfreibeträge und Riester-Zulagen) kommen auch Kinder, die einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst oder den neu eingeführten Bundesfreiwilligendienst ableisten.
  4. Derzeit kann ein Sparer mit Konfession die Kirchensteuer auf Antrag mit abgeltender Wirkung durch die Bank einbehalten lassen, wenn er dem Institut seine Konfession zuvor mitgeteilt hat. Alternativ kann er sich extra für die Kirchensteuer gesondert vom Finanzamt veranlagen lassen. Diese Wahlmöglichkeit soll künftig entfallen. Denn der Steuereinbehalt durch Kreditinstitute wird in der Weise neu geregelt, dass das bestehende Verfahren durch einen automatisierten Abzug ersetzt wird. Es gibt aber eine „Escape-Klausel“: Der Anleger kann der Übermittlung von Daten zur Religionszugehörigkeit widersprechen. Bei einer Sperrung wird er weiterhin erst über eine Einkommensteuererklärung zur Kirchensteuer veranlagt.
  5. Die EU-Kommission hatte entschieden, dass die sogenannte Sanierungsklausel bei nicht verrechenbaren Verlusten aus einer GmbH nicht in Einklang mit den Regeln für staatliche Beihilfen steht. Daher kommt es jetzt zu einer gesetzlichen Suspendierung der Anwendung der Sanierungsklausel. Die Klausel soll aber erneut angewendet werden, sollten die Gerichte keine schädliche Beihilfe feststellen oder die Kommission selbst von ihrem Beschluss wieder abrücken.
  6. Arbeitgeber müssen ab 2012 die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Belegschaft elektronisch beim Fiskus abrufen. Das sind Steuerklasse, Faktor bei Ehegatten, Zahl der Kinderfreibeträge, Hinzurechnungsbetrag und gemeldete Beiträge für eine private Kranken- und Pflege-Pflichtversicherung. Konnte der Arbeitgeber die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale wegen technischer Störungen zunächst nicht abrufen oder hat ihm der Arbeitnehmer die Identifikationsnummer unverschuldet nicht mitgeteilt, muss er Lohnsteuerermittlungen längstens für die drei zurückliegenden Monate überprüfen und ggf. ändern. Die geänderte Lohnsteuer ist jeweils bei der nächsten Abrechnung auszugleichen. In anderen Fällen muss der Arbeitgeber keine rückwirkende Änderung vornehmen.
  7. Zahlt der Gesellschafter in seine GmbH Einlagen, um damit indirekt den Wert der Anteile von Mitgesellschaftern zu erhöhen, wird das genauso schenkungsteuerpflichtig, als wenn er die Mittel direkt zugewendet hätte.
  8. Eine verdeckte Gewinnausschüttung wird nur dann als Schenkung angesehen, wenn diese Zuwendung in der Absicht getätigt wird, Gesellschafter zu bereichern.
  9. Vorsorgeaufwendungen werden nur beim Sonderausgabenabzug berücksichtigt, wenn der Versicherte in die elektronische Datenübermittlung eingewilligt hat. Für die Korrektur des Steuerbescheids kommt es aber nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Datenübermittlung erfolgt oder ob die Einwilligung nicht erteilt wird.
  10. Kann ein Gutachterausschuss - z.B. aufgrund fehlender Marktdaten - keinen Bodenrichtwert ermitteln, darf das Finanzamt für ein Grundstück einen Bodenwert aus den Preisen vergleichbarer Flächen ableiten.

Praxishinweis

Die Gesetzänderung zur Ausbildung macht die Aussicht auf Werbungskosten oder Betriebsausgaben für viele Studenten, Azubis, Lehrlinge und alle, die mit ihrer Ausbildung einen konkreten Beruf anstreben, nunmehr jedoch zunichte. Denn die nachfolgenden drei positiven Folgewirkungen kann weiterhin nur derjenige nutzen, der entweder Maßnahmen im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchführt oder bereits ein Studium oder eine Berufsausbildung absolviert hat:

  1. Die Kosten müssten nicht mehr lediglich jährlich beschränkt bis zu 4.000 € als Sonderausgaben abgezogen werden. Beim Ansatz von Werbungskosten oder Betriebsausgaben wirkt sich auch ein darüber hinausgehender Betrag auf das zu versteuernde Einkommen aus.
  2. Sofern Studenten oder Azubis kein anderes Einkommen haben, verpuffen die getätigten Aufwendungen nicht mehr wirkungslos über den Sonderausgabenabzug.
  3. Es ist nicht mehr hinderlich, dass es im Bereich der Sonderausgaben keinen Verlustvortrag auf andere Jahre gibt. Denn ihre Aufwendungen können Betroffene, die während der Ausbildung oder des Studiums kaum Geld verdienen, später nach Abschluss der Maßnahme steuerlich durch Verrechnung nutzen, wenn sie dann die durch die Ausbildung angestrebten höheren steuerpflichtigen Einnahmen erzielen.

Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRUmsG), BT-Drucks. 17/7469 v. 26.10.2011
BFH, Urt. v. 28.07.2011 - VI R 38/10
BFH, Urt. v. 28.07.2011 - VI R 7/10
BFH, Urt. v. 28.07.2011 - VI R 5/10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 02.11.11