Klaus Eppele © fotolia.de

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Wer zahlt, wenn der Ehepartner am Wochenende zum Zweitwohnsitz kommt?

Häufig kann oder will ein Arbeitnehmer über das Wochenende nicht nach Hause fahren, etwa weil die Entfernung zu groß ist oder der Bereitschaftsdienst ansteht. Kommt stattdessen sein Ehepartner zu ihm, handelt es sich um eine sogenannte umgekehrte Familienheimfahrt im Rahmen der doppelten Haushaltsführung. Der Aufwand für diesen Besuch kann zumindest dann nicht bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden, wenn der am Arbeitsort weilende Gatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht antritt. Nach Auffassung des BFH stellen in einem solchen Fall die Aufwendungen für die Besuchsfahrt, die der andere Partner zum Beschäftigungsort des Arbeitnehmers unternimmt, keine Werbungskosten dar, weil es insoweit an der beruflichen Veranlassung fehlt.

Zwar können Aufwendungen für die Wege vom Beschäftigungsort zum Ort des eigenen Hausstands und zurück im Rahmen der doppelten Haushaltsführung zeitlich unbegrenzt als Werbungskosten abgezogen werden - jeweils für eine Familienheimfahrt wöchentlich über die Entfernungspauschale. Diese gesetzliche Möglichkeit erfasst jedoch nicht die Besuchsreise des anderen Partners vom Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort. Denn solch eine Fahrt ist nicht beruflich veranlasst, wenn der Arbeitnehmer aus privaten Gründen nicht zum Hauptwohnsitz kommen wollte.

Der BFH betont in seinem Urteil, dass diese einschränkende Regelung zu Familienheimfahrten im EStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Zu den Werbungskosten gehören auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen - und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Hierdurch hat der Gesetzgeber dem Schutz der Ehe ausreichend Rechnung getragen. Seine Entscheidung, dass nur die Fahrten vom Beschäftigungsort zum Lebensmittelpunkt begünstigte Familienheimfahrten darstellen und damit als Werbungskosten abzugsfähig sind, verletzt die Vorgaben im Grundgesetz nicht. Und es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn das EStG nur die Fahrten zum gemeinsamen Familienwohnsitz als den - beiderseits berufstätigen - Ehegatten notwendig entstandene Aufwendungen beurteilt. Denn eine Reise an den Beschäftigungsort des Gatten ist ungeachtet der bestehenden doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach eine private Wochenendreise und muss steuerlich nicht privilegiert werden.

Praxishinweis
Der BFH konnte es in seinem Urteil dahinstehen lassen, ob Fahrtkosten bei umgekehrten Familienheimfahrten beruflich veranlasste Aufwendungen und damit Werbungskosten sein können, wenn der Arbeitnehmer die wöchentliche Reise zu seiner Familie aus beruflichen Gründen nicht antritt. Dies wäre der Fall, wenn der Arbeitnehmer am Zweitwohnsitz im Besuchszeitraum beispielsweise wegen

  • eines Bereitschaftsdiensts,
  • Arbeit am Wochenende,
  • einer Fortbildungsveranstaltung am Samstag oder Sonntag,
  • eines Verbots des Arbeitgebers oder
  • anderer beruflicher Gründe dienstlich unabkömmlich und deshalb
    an der Heimfahrt gehindert wäre.

Keine beruflich begründete Hinderung an der Familienheimfahrt liegt hingegen vor, wenn der Arbeitnehmer wegen der großen Entfernung zwischen seinem Beschäftigungsort und dem Familienwohnsitz keine wöchentliche Fahrt durchführen oder keinen Urlaub nehmen wollte.
Sofern (nachweislich) eine beruflich bedingte umgekehrte Familienheimfahrt vorliegt, kann

  • der Arbeitgeber die dem anderen Partner entstandenen Kosten steuerfrei erstatten oder
  • der Arbeitnehmer Werbungskosten geltend machen.

Das gelingt aber nur in der Höhe, in der nach den Grundsätzen für Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung dem Arbeitnehmer eine Erstattung bzw. ein Werbungskostenabzug gewährt würde. Daher lassen sich die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung des besuchenden Gatten nicht steuerfrei erstatten.

BFH, Beschl. v. 02.02.2011 - VI R 15/10
BFH, Urt. v. 28.01.1983 - VI R 136/79, BStBl II 1983, 313
BFH, Urt. v. 03.11.1965 - VI 14/65 U, BStBl III 1966, 75
BFH, Urt. v. 21.08.1974 - VI R 201/72, BStBl II 1975, 64

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 29.03.11