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Wer zu spät zahlt, den bestraft die Bundesbank

Das zweite Halbjahr 2011 fängt schlecht an - zumindest aus Sicht der Schuldner, denn ihre offenen Rechnungen werden kostspieliger. Zum 01.07.2011 hat die Deutsche Bundesbank den Basiszinssatz auf 0,37 % festgesetzt: den höchsten Stand seit zwei Jahren. Zwar lag er im zweiten Halbjahr 2008 noch bei 3,19 %. Doch anschließend fiel er bis auf 0,12 % und galt in dieser Höhe vom 01.07.2009 bis zum 30.06.2011.

Der Basiszinssatz wird halbjährlich neu berechnet, der aktuelle Satz ist also bis zum 30.12.2011 maßgebend. Bezugsgröße ist der Festzinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank (EZB) vor Beginn des jeweiligen Halbjahres. Dieser betrug am 28.06.2011 1,25 % und stieg seit dem für die letzte Änderung maßgeblichen Zeitpunkt am 01.01.2011 um 0,25 Prozentpunkte.

Mit der Einführung des Euro ist die Zuständigkeit für die Geldpolitik auf die EZB übergegangen und der Diskont- und Lombardsatz der Deutschen Bundesbank seit 1999 nicht mehr festgesetzt worden. Dabei gab es eine dreijährige Übergangszeit. Die Deutsche Bundesbank ist verpflichtet, den Stand des Basiszinssatzes im Bundesanzeiger zu veröffentlichen - den aktuellen finden Sie in der Ausgabe vom 30.06.2011.

Wichtig ist der Basiszins, wenn Schuldner mit ihrer Zahlung in Verzug geraten. Für den Verkäufer als Gläubiger ist der Basiszins eine rechnerische Größe, die seinen Anspruch auf Verzugszinsen bei unpünktlichem Begleichen seiner Rechnung regelt. Wird diese nämlich nicht binnen 30 Tagen bezahlt, darf er Verzugszinsen erheben, deren Grundlage der Basiszins bildet. Der Satz für das Jahr liegt bei Verbrauchern 5 % und bei Unternehmern 8 % über dem jeweiligen Basiszins. Die aktuellen Sätze sind also 5,37 % und 8,37 %.

Auch für die Immobilienvermietung gelten die Verzugszinsen nach dem Basiszinssatz. Bei Wohnraummieten zwischen Privatleuten liegen sie mit einem Aufschlag von 5 Prozentpunkten und bei Gewerberäumen mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Maßgebend ist der Zeitraum, in dem sich der Schuldner in Verzug befunden hat. Somit können verschiedene Sätze für einen Zeitraum in Betracht kommen. Der Verzugszeitraum beginnt in der Regel frühestens einen Tag nach dem Fälligkeitsdatum. Verzugszinsen werden dabei tageweise ab dem Tag des Verzugsbeginns fällig; ein Zinseszins wird nicht berücksichtigt. Relevant sind also alle Tage zwischen Fälligkeit und Rückzahlung.
Der Gläubiger kann allerdings nicht stillschweigend 30 Tage auf das Eintreffen seines Geldes warten, um dann Verzugszinsen zu berechnen. Er muss den Verbraucher auf die Folgen einer säumigen Zahlung hingewiesen haben - etwa in der Rechnung. Hier kann er beispielsweise darauf hinweisen, dass der Betrag innerhalb von 30 Tagen ohne Abzug zahlbar ist und ab diesem Zeitpunkt ohne weitere Mahnung ein Zahlungsverzug per Gesetz eintritt, der Zinsen in Höhe von 5 % über dem gültigen Basiszins auslöst.

Die Berechnung erleichtert übrigens ein kostenloses Online-Modul unter www.zinsen-berechnen.de/verzugszinsrechner.php. Dort lassen sich die Verzugszinsen bei Verbraucher- und Handelsgeschäften auf Tastendruck für beliebige Zeiträume berechnen.

Praxishinweis

Bei der Bemessungsgrundlage für den Verzugszins müssen Unternehmer die Umsatzsteuer beachten.

  • Soll-Besteuerung nach vereinbarten Entgelten: Der durch den Zahlungsverzug erlittene Zinsschaden beinhaltet auch die im Voranmeldungszeitraum abgeführte Umsatzsteuer, maßgebend ist daher der offene Bruttorechnungsbetrag.
  • Ist-Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten: Dem Gläubiger entsteht kein Zinsschaden, weil er die Umsatzsteuer erst bei Zahlung an das Finanzamt abführt. Maßgebend ist daher der offene Nettorechnungsbetrag.

Dabei kann die Ist-Besteuerung in der Praxis nun deutlich öfter in Betracht kommen als in der Vergangenheit. Denn diese Methode ist bei einem Gesamtumsatz bis zu 500.000 € im vorangegangenen Kalenderjahr auf Antrag möglich und wird von vielen mittelständischen Betrieben wegen des Liquiditätsvorteils genutzt.

Hintergrund ist, dass der Gläubiger bei unberechtigter Leistungsverzögerung durch Zahlungsverzug einen Schaden in Höhe des entgangenen Zinses erleidet. Ein Schadensersatz kann sich dabei nur aus dem Betrag ergeben, der verzinst werden könnte oder für den ersatzweise ein Darlehen genommen werden muss.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.09.2010 - 17 U 46/09
BMF-Schreiben v. 05.01.2011 - IV D 4 - S 3102/07/10001, BStBl I, 5

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 06.07.11