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Ab Juli gilt Umkehr der Steuerschuldnerschaft beim Kauf von Mobilfunkgeräten

Durch das am 24.06.2011 verkündete Verbrauchsteuergesetz wird ab 01.07.2011 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten erweitert. Am Tag der Gesetzesverkündung hat das BMF die Erweiterung erläutert und wichtige Detailfragen für die Praxis geklärt. Das beinhaltet insbesondere, welche Art von Geräten betroffen ist und was bei der Umstellung in Bezug auf die Rechnungserstellung zu beachten ist.

Definition von Mobilfunkgeräten

Mobilfunkgeräte werden zum Gebrauch innerhalb eines zugelassenen Mobilfunk-Netzes und auf bestimmten Frequenzen hergestellt oder hergerichtet, unabhängig von etwaigen weiteren Nutzungsmöglichkeiten. Hiervon werden insbesondere alle Geräte erfasst, mit denen Telekommunikationsleistungen in Form von Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke in Anspruch genommen werden können (Mobil- und Satellitentelefone). Ebenso fällt die Lieferung von kombinierten Produkten (sog. Produktbundles) hierunter. Das betrifft gemeinsame Lieferungen von Handys und Zubehör zu einem Einheitspreis, wenn die Lieferung des Mobilfunkgeräts die Hauptleistung darstellt.

Geräte, die reine Daten übertragen, ohne diese in akustische Signale umzusetzen, fallen nicht hierunter. Das sind zum Beispiel

  • Navigationsgeräte,
  • Computer, soweit sie keine Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke ermöglichen (z.B. Tablet-PC),
  • MP3-Player,
  • Spielekonsolen oder
  • On-Board-Units.

Schwellenwert

Zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers kommt es nur, wenn die Summe der in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 € beträgt. Von der Regelung werden somit nur Lieferungen dieser Gegenstände, nicht aber sonstige Leistungen erfasst. Abgestellt wird dabei auf alle im Rahmen eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgangs gelieferten Gegenstände, um Manipulationen etwa durch Aufspalten der Rechnungsbeträge zu unterbinden. Anhaltspunkt für eine solche Verknüpfung sind insbesondere Bestellung, Auftrag oder Vertrag.

Beispiel: Ein Großhändler bestellt beim Handyhersteller 1.000 Mobilfunkgeräte zum Preis von insgesamt 45.000 €. Laut Vereinbarung werden die Handys in zehn Tranchen á 90 Stück zu je 4.500 € ausgeliefert. Dennoch bildet dies einen zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgang, weil der Verkauf auf eine Bestellung über die Gesamtmenge von 1.000 Stück basiert. Daher schuldet der Großhändler die Umsatzsteuer für diese zusammenhängenden Lieferungen.

Für die Anwendung der Betragsgrenze kommt es jedoch auf das Gesamtentgelt und nicht auf die in den Anzahlungs- und Endrechnungen angegebenen Teilentgelte an. Das ergibt sich insbesondere aus Bestellung, Auftrag oder Vertrag.

Nachträgliche Entgeltminderungen und Teilrückabwicklungen bleiben für die Beurteilung der Betragsgrenze von 5.000 € unberücksichtigt, um dadurch eine einfache Handhabung der Regelung für die betroffenen Unternehmer sicherzustellen.

Anwendungsregelungen

Das BMF-Schreiben beschreibt sehr detailliert Übergangsregelungen, bei denen Rechnungen und Lieferungen/Zahlungen vor oder nach Juni/Juli 2011 fallen:

  • Schlussrechnung nach Juni über vor Juli erbrachte Abschlagszahlungen: Bei nach Juni ausgeführten Lieferungen ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner und die Rechnung erfolgt ohne Ausweis der Umsatzsteuer. Zuvor erteilte Rechnungen sind im Voranmeldungszeitraum der tatsächlichen Ausführung der Leistung zu berichtigen.
  • Berichtigung einer vor Juli 2011 erstellten Rechnung über Anzahlungen bei Zahlung erst nach Juni: Entscheidend ist nicht, wann die Rechnung erstellt worden ist, sondern der Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts. Erfolgt dies nach dem 30.06.2011, ist hierfür der Leistungsempfänger Steuerschuldner und eine zuvor erstellte Rechnung mit Umsatzsteuerausweis ist entsprechend zu berichtigen.
  • Abrechnungen nach Juni 2011 über Leistungen vor Juli 2011: Der leistende Unternehmer bleibt noch Steuerschuldner und die Neuregelung ist nicht anzuwenden.
  • Berichtigung nach Juni 2011 einer vor Juli erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen: Die ursprüngliche Rechnung ist zu berichtigen, sofern der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde und insoweit die Grundlage für die Versteuerung der Anzahlung entfallen ist. Hinsichtlich einer berichtigten Anzahlung wird der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, soweit ein weiteres Teilentgelt ab Juli vom leistenden Unternehmer vereinnahmt wird.

Praxishinweis

Bei der Lieferung von Mobilfunkgeräten wird der Leistungsempfänger allerdings nur dann Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist. Beim Handyverkauf an Privatkunden bleibt es bei der Steuerschuld des leistenden Unternehmers.

Hat ein Leistungsempfänger für einen an ihn erbrachten Umsatz die Umkehr der Steuerschuldnerschaft angewendet und stellt sich später heraus, dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben, ist diese Handhabung beim Leistenden und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn sich beide Vertragspartner über die Anwendung einig waren und der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert wird.

Haben die Parteien in der Praxis bei Lieferungen von Mobilfunkgeräten Zweifel, ob die Umkehr der Steuerschuldnerschaft anzuwenden ist, sollten sie sich daher einvernehmlich darauf einigen, und der Leistungsempfänger sollte die Steuer abführen. Diese Vereinfachungsregelung gilt aber nur, wenn die Rechtsanwendung schwierig ist. Steht unzweifelhaft fest, dass die Leistung nicht darunterfällt, kann beim leistenden Unternehmer Steuer nacherhoben werden, auch wenn er und sein Vertragspartner einvernehmlich von der Anwendung ausgegangen waren.

Umgekehrt gilt die Vereinfachungsregelung nicht. Wenn der leistende Unternehmer in der Rechnung für seine Lieferung fälschlicherweise Umsatzsteuer ausgewiesen hat, schuldet er die Steuer infolge eines unrichtigen Steuerausweises. Ein Vorsteuerabzug auf Seiten des Leistungsempfängers aus der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer ist jedoch unzulässig.

BMF-Schreiben v. 24.06.2011 - IV D 3 - S 7279/11/10001
Sechstes Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen v. 16.06.2011, BGBl I 2011, 1090
§ 13b Abs. 2 Nr. 10, Abs. 4 Satz 2 UStG
Abschnitt 13b.1 UStAE

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Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 28.06.11