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Abzugsfähige Reisekosten: BFH-Urteil zu gemischt veranlassten Aufwendungen

Wer Reisekosten steuerlich absetzen will, muss deren berufliche Veranlassung gegenüber dem Fiskus darlegen. Bei beruflich und privat gemischt veranlassten Reisen gilt: Nur wenn der berufliche Anteil dem privaten nicht untergeordnet und von diesem auch trennbar ist, sind beruflich veranlasste Reisekosten abzugsfähig. Eine solche Trennbarkeit verneinte der BFH jetzt im Fall eines nebenberuflichen Autors, der auf ärztlichen Rat seine Autorentätigkeit zwischenzeitlich in einem trocken-warmen Urlaubsdomizil ausübte.

Ein zu 90% schwerbehinderter Lehrer wollte Aufwendungen für Auslandsreisen im Zusammenhang mit seiner Autorentätigkeit als Betriebsausgaben absetzen. Er machte geltend, dass er die Reisen in trocken-warme Gegenden auf ärztlichen Rat hin unternommen habe.

Die Reiseziele habe er nur aufgesucht, um Lehrbücher für die kaufmännische Ausbildung zu aktualisieren. Dort habe er zehn Stunden täglich an seinen Lehrbüchern gearbeitet und ansonsten keine touristischen Aktivitäten unternommen.

Die Reiseaufwendungen für seine mitgereiste Ehefrau seien als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, weil sie ihn aufgrund seiner Schwerbehinderung habe begleiten müssen.

Der BFH entschied: Die Reiseaufwendungen sind insgesamt nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Sie können nicht in einen beruflichen und einen privaten Teil aufgeteilt werden, weil sie gleichrangig sowohl der Erholung an einem Ferienort als auch der beruflichen Tätigkeit gedient haben.

Die Reisekosten für die mitgereiste Ehefrau sind auch keine außergewöhnlichen Belastungen, weil durch die Behinderung kein Mehraufwand entstanden ist. Denn die Ehefrau wäre aus eigenem Interesse auch dann mitgereist, wenn ihr Mann nicht schwerbehindert gewesen wäre.

Nach einer Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BFH aus 2009 gilt: Beruflich bedingte Reisekosten sind bei gemischt veranlassten Aufwendungen (nur) dann abzugsfähig, wenn die beruflich veranlassten Anteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind.

An dieser Trennbarkeit der Reise in einen beruflichen und einen privaten Teil fehlte es aber im vorliegenden Fall. Denn wenn ein Steuerpflichtiger gleichzeitig zur Erholung und im Rahmen seiner Autorentätigkeit in ausländische Ferienorte reist, ist regelmäßig von einer nicht unwesentlichen privaten Mitveranlassung auszugehen, die den Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben ausschließt.

Ob und inwieweit Aufwendungen für eine Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt von den Gründen ab, die den Steuerpflichtigen zur Reise veranlasst haben. Lassen sich keine Gründe feststellen, die eine berufliche Veranlassung belegen, gehen entsprechende Zweifel zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Dabei steht eine unbedeutende private Mitveranlassung dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegen. Umgekehrt eröffnet eine nur unbedeutende berufliche Mitveranlassung keinen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug.

Enthält eine Reise aber abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsanteile, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind (wie z.B. bei einem Urlaub im Anschluss an eine beruflich veranlasste Reise), folgt aus dem „Nettoprinzip", dass der beruflich veranlasste Teil der Reisekosten abzugsfähig ist.

Demnach gilt: Aufwendungen sind nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn

  • mit der Reise auch ein allgemein-touristisches Interesse von nicht untergeordneter Bedeutung befriedigt wird und
  • keine abgrenzbaren betrieblich bzw. beruflich veranlassten Aufwendungen vorliegen.

Für die Frage der Abzugsfähigkeit gemischt veranlasster Aufwendungen kommt es entscheidend auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls an. Dabei kann eine nur unbedeutende private Mitveranlassung sogar den vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten ermöglichen.

Wenn demgegenüber aber eine nur unbedeutende berufliche Mitveranlassung gegeben ist oder berufliche und private Veranlassungen so ineinandergreifen, dass mangels objektivierbarer Kriterien eine Trennung nicht möglich ist, ist ein Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug insgesamt ausgeschlossen.

Zu beachten ist auch die Angemessenheit der Reisekosten. Hierbei ist bei Auslandsreisen nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH besonders sorgfältig abzuwägen, ob hinsichtlich der Art und Größe des Unternehmens eine Auslandsreise überhaupt betrieblich veranlasst sein kann bzw. insoweit unangemessen erscheint.

Dies ist auch im Hinblick auf die Reisedauer zu prüfen. Auch in der Wahl des Reiseziels kann eine wesentliche private Mitveranlassung liegen. Bei Untrennbarkeit der privaten und beruflichen Reiseanteile muss dann von einer insgesamt privat veranlassten Reise ausgegangen werden.

Der BFH hat dabei den behaupteten Umfang der freiberuflichen Arbeiten an den Ferienorten und auch die gesundheitliche Förderlichkeit des dortigen Klimas als wahr unterstellt. Diese allgemeine Förderlichkeit des Aufenthalts an den Ferienorten konnte nach BFH-Ansicht aber nicht zu dem Schluss führen, dass das Entspannungs- und Erholungsinteresse gegenüber der freiberuflichen Autorentätigkeit von nur untergeordneter Bedeutung gewesen ist. Vielmehr sprachen die besondere Erkrankung und die generell lindernde Wirkung des an den Ferienorten herrschenden Klimas für einen erheblichen privaten Stellenwert der Reisen.

Praxishinweis

Die Reisekosten der Ehefrau als Begleitperson können nach BFH-Ansicht mangels behinderungsbedingten Mehraufwands nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Denn dem Steuerpflichtigen erwachsen zwangsläufig Aufwendungen, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ziel ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen.

Aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten werden.

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH dabei davon aus, dass Krankheitskosten (ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung) dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Sie sind auch dann zwangsläufig, wenn sie im Zusammenhang mit der Heilung oder Linderung einer Krankheit entstehen, unter der ein unterhaltsberechtigter Angehöriger leidet.

Dies gilt im Grundsatz auch bei Aufwendungen für Begleitpersonen auf Urlaubsfahrten von Schwerbehinderten insbesondere dann, wenn die behinderten Personen nach ihren Eintragungen im Schwerbehindertenausweis auf dauernde Begleitung angewiesen sind.

Voraussetzung für den Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung im Zusammenhang mit einer Behinderung oder Erkrankung ist aber, dass es sich um einen spezifisch behinderungs- oder erkrankungsbedingten Mehrbedarf handelt. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass miteinander verreisende Ehegatten jeweils in eigenem Interesse an der Reise teilnehmen und damit die insoweit rechnerisch auf sie entfallenden Kosten als Kosten der eigenen Lebensführung anzusehen sind. Sie kommen damit regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne eines Mehraufwands des Ehepartners in Betracht.

BFH, Urt. v. 07.05.2013 - VIII R 51/10
FG Münster, Urt. v. 05.05.2010 - 9 K 2753/07 E
BFH, Beschl. v. 24.08.2012 - III B 21/12
BFH, Beschl. v. 05.02.2010 - IV B 57/09
BFH, Beschl. v. 21.09.2009 - GrS 1/06, BStBl 2010 II 672

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 17.09.13