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Auch Verwandte im Ausland können Rentenzahlungen nun absetzen

Auch wer jenseits der Grenze lebt, kann seine Rentenzahlungen an seine in Deutschland lebenden Verwandten als Sonderausgaben von der Einkommensteuer absetzen. Das hat jetzt der EuGH auf Vorlage des FG Niedersachsen entschieden und damit das derzeit geltende Abzugsverbot als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit eingestuft.

In dem Streitfall ging es um den Sonderausgabenabzug für Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen, wie sie häufig bei der vorweggenommenen Erbfolge vorkommen. Dabei übertragen beispielsweise Eltern zu Lebzeiten Wirtschaftsgüter auf ihre Kinder. Diese verpflichten sich im Gegenzug zur Zahlung einer monatlichen Geldrente, die sich am Versorgungsbedürfnis der Eltern orientiert. Die neuen Eigentümer setzen ihre privaten Zahlungen bis zum Tod der Eltern als Sonderausgaben ab und die Empfänger versteuern die Rente bei zumeist geringerer Progression als sonstige Einnahmen.

Ein Arbeitnehmer, der in Belgien lebte, hatte von seiner Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück in Deutschland geschenkt bekommen. Im Gegenzug hatte er sich verpflichtet, ihr eine lebenslange monatliche Rente zu zahlen. Mit der Immobilie erzielte er steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Von diesen konnte er die an seine Mutter gezahlte Rente aber nicht steuermindernd geltend machen, weil der Abzug von Sonderausgaben bei Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen bei beschränkt Steuerpflichtigen ausgeschlossen ist. Sein in Deutschland lebender Bruder, auf den die Mutter ebenfalls Grundstücke gegen Rentenzahlung übertragen hatte, konnte die Zahlungen dagegen absetzen.

Diese einschränkende Regelung, die einem beschränkt Steuerpflichtigen den Abzug als Sonderausgaben versagt, einem unbeschränkt Steuerpflichtigen aber gewährt, verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, betonten die EuGH-Richter. Sie kann nämlich Gebietsfremde davon abschrecken, in Deutschland Investitionen zu tätigen. Umgekehrt kann sie hier ansässige Personen davon abhalten, ihr Vermögen durch vorweggenommene Erbfolge auf im Ausland lebende Angehörige zu übertragen. Da die grenzüberschreitend gezahlte Rente eine unmittelbar mit der Immobiliennutzung zusammenhängende Aufwendung darstellt, befindet sich der Sohn aus Belgien in der gleichen Lage wie sein Bruder aus Deutschland. Eine stichhaltige Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung gibt es für den deutschen Fiskus nicht, ein zwingendes Interesse der Allgemeinheit an dieser Einschränkung ist nicht ersichtlich.

Selbst wenn sich die Höhe der Rente nach der Leistungsfähigkeit des Schuldners und dem Versorgungsbedarf des Empfängers bestimmt, bleibt der unmittelbare Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den zu versteuernden Einkünften erhalten. Denn die Kosten sind mit der Tätigkeit zur Einkünfteerzielung untrennbar verbunden und für deren Ausübung erforderlich. Einen solchen unmittelbaren Zusammenhang hat der EuGH zuvor bereits bei Steuerberatungskosten bejaht, die für die Erstellung einer Steuererklärung anfallen, da sich deren Abgabepflicht daraus ergibt, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat Einkünfte erzielt werden.

Praxishinweis

Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde der Sonderausgabenabzug bei Vermögensübertragungen von Grundbesitz zwar ab 2008 ausgeschlossen. Dieses Urteil lässt sich jedoch auf zuvor übertragene Immobilien anwenden. Darüber hinaus ist es noch bei Unternehmensvermögen nutzbar, die beispielsweise im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von Eltern auf ihre Kinder übertragen werden.

Trotz dieser Erleichterung ist zu beachten, dass die Rente von den Eltern bislang nicht versteuert werden musste, weil die Kinder keinen Sonderausgabenabzug hatten. Diese Ausnahmeregelung entfällt.

Bei Vermögensübertragungen ab 2008 wurden Versorgungsleistungen auf den Übertrag von Betriebsvermögen reduziert. Weiterhin begünstigt sind:

  • Unternehmen als Einzel- oder Teilbetrieb
  • Anteile an Personengesellschaften (OHG, KG, GbR, atypisch stille Gesellschaft) mit Gewinneinkünften
  • Anteile an sonstigen Erben- oder Gütergemeinschaften mit Gewinneinkünften
  • Mitunternehmeranteile an einer Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung
  • unentgeltliche Aufnahme des Übernehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen
  • Praxen oder Kanzleien von Freiberuflern
  • GmbH-Anteile bei mindestens 50%iger Beteiligung, wenn sowohl der ehemalige als auch der neue Besitzer für die GmbH tätig sind
  • land- und forstwirtschaftliche Betriebe
  • Wohnteile eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft

EuGH, Urt. v. 31.03.2011 - Rs. C-450/09
EuGH, Urt. v. 12.06.2003 - Rs. C-234/01, BStBl II 2003, 859
FG Niedersachsen, Beschl. v. 14.10.2009 - 3 K 278/07
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG
§ 22 Nr. 1b EStG
§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG
§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 19.04.11