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BFH: Keine Bedenken gegen die Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand bei der Grunderwerbsteuer

Seit mehreren Jahren nimmt die Tendenz zu, das Gesamtobjekt (Grund und Boden plus Gebäude) der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Ausgehend von der verschärften BFH-Rechtsprechung erfassen Finanzämter verstärkt den Wert von Grund und Boden plus nachfolgend errichtetem Gebäude. Damit hat sich die Bemessungsgrundlage für die Steuerrechnung deutlich verbreitert. Dies ist einer der Gründe dafür, warum das Grunderwerbsteueraufkommen zuletzt deutlich gestiegen ist. Die Grunderwerbsteuer bringt zurzeit mehr ein als die Erbschaft- und Schenkungsteuer zusammen, um die oft jahrelang gestritten wird.

So gibt es jetzt grundsätzlich einen sachlichen Zusammenhang zwischen Grundstückskauf und Hausbau, auch wenn hierfür getrennte Verträge abgeschlossen wurden oder die Hausplanung inhaltlich maßgebend vom Erwerber beeinflusst ist. Selbst wenn verschiedene Unternehmer auf der Verkäuferseite aktiv werden, der künftige Hausbesitzer selbst einen Architekten einschaltet, Leistungen in Eigenarbeit erbringt oder an Dritte vergibt, fällt die Grunderwerbsteuer auf das Gesamtobjekt an. Das sind dann neben dem Grundstücks- und Gebäudepreis anfallende Nebenkosten, etwa Kosten für den Makler oder für Sonderwünsche, der kapitalisierte Zins aus vorzeitigen Kaufpreiszahlungen sowie Erschließungskosten.

Durch diese strenge Rechtsprechung kommt es zunehmend zur Besteuerung des schlüsselfertigen Werks. Eine getrennte Behandlung und damit die Erhebung der Steuer nur auf Grund und Boden kommt nur noch in Betracht, wenn Neubesitzer selbst nach einer passenden Baufirma Ausschau halten und hierbei keine Verbindung zum Verkäufer des Grundstücks besteht.

Früher konnten Bauherren noch argumentieren, sie hätten ein unbebautes Grundstück erworben und anschließend hierauf in Eigenregie ein Gebäude errichtet. Dann berechnete sich die Steuer nur auf den Grund und Boden und nicht ausgehend vom Gesamtpreis für das fertige Objekt. Diese lukrative Trennung gelingt jetzt nur noch selten, seit der BFH in einer Reihe von Urteilen von einem einheitlichen Erwerbsvorgang ausgeht. An dieser Tendenz hat auch der EuGH grundsätzlich nichts auszusetzen.

Gegen die ständige und profiskalische Rechtsprechung des BFH zum einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht bestehen keine EU- oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate, so der BFH, der an der strikten Rechtsprechung festhält: Ergibt sich aus weiteren Vereinbarungen, die mit einem Grundstückskaufvertrag in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.

Hinweis: Ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Ein solcher Zusammenhang ist einerseits gegeben, wenn der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber dem Veräußerer in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde. Ein Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag ist zudem auch gegeben, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis annähernd zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot später annimmt. Es ist nicht erforderlich, dass das Angebot in einem Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wird. Auf der Seite des Veräußerers können dabei auch mehrere Personen als Vertragspartner auftreten.

Praxishinweis

Bei der Herstellung eines Gebäudes ist die entscheidende Frage, ob als Gegenleistung (= Bemessungsgrundlage) das Grundstück im bebautem oder unbebauten Zustand gilt.

  • Das Entgelt nur für Grund und Boden ist Bemessungsgrundlage, wenn der Erwerber das Bauvorhaben anschließend in Eigenregie ausführt, also nach dem Grundstückskauf selbst eine passende Baufirma aussucht und hierbei keine Verbindung zum Verkäufer des Grundstücks aufnimmt.
  • •Der Kauf vom Bauträger gilt regelmäßig als einheitliches Vertragswerk mit dem vollen Preis für das fertiggestellte Objekt. Dabei besteht zwischen Kauf- und Bauvertrag ein enger Zusammenhang, wenn der Veräußerer eine annähernd baureife Vorplanung zum Festpreis anbietet und der Erwerber diese annimmt.

Sofern also der Bauherr nicht eindeutig selbst Herr über den Bauvorgang ist, gehören zur Gegenleistung alle seine Zahlungen, um das Grundstück in den fertigen Zustand zu bringen. Das sind neben dem Grundstückspreis in erster Linie

  • Gebäudebaukosten,
  • anfallende Nebenkosten wie etwa Maklergebühren,
  • Kosten für Sonderwünsche bei schlüsselfertigen Gebäuden,
  • der kapitalisierte Zins aus vorzeitigen Kaufpreiszahlungen,
  • Zuzahlungen bei Zwangsversteigerungen,
  • Erschließungskosten.

Zu diesem Grundsatz hat der BFH jüngst in mehreren Entscheidungen dargelegt, was alles zur Bemessungsgrundlage gehört. Nicht erfasst werden lediglich

  • Eigenarbeiten des Erwerbers,
  • vom Neubesitzer selbst beauftragte zusätzliche Bauleistungen, 
  • Grundbuch- und Notarkosten.

Tipp: Nicht zum umsatzsteuerlichen Entgelt für die Grundstücksveräußerung gehört die Hälfte der gesamtschuldnerisch von Erwerber und Veräußerer geschuldeten Grunderwerbsteuer, wenn sie der Erwerber laut Vereinbarung der Parteien allein zu tragen hat.

BFH, Urt. v. 27.09.2012 - II R 7/12
BFH, Urt. v. 29.07.2009 - II R 58/07
BFH, Urt. v. 28.03.2012 - II R 57/10
BFH, Urt. v. 23.08.2006 - II R 42/04
BFH, Urt. v. 13.08.2003 - II R 52/01
BFH, Urt. v. 24.01.2008 - V R 42/05, BStBl 2008 II 697
BFH, Urt. v. 19.03.2009 - V R 50/07, BStBl 2010 II 78

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 11.12.12