Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

BFH: Lohnzahlung durch Dritte kann steuerfrei bleiben

Preisvorteile und Rabatte, die Arbeitnehmer von Dritten erhalten, stellen nur dann steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, wenn sie im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen.  Arbeitslohn liegt jedoch nicht allein deshalb vor, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabatte mitgewirkt hat; dies gilt erst recht, wenn er von der Rabattgewährung nur Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. So entschied der BFH mit Urteil vom 18.10.2012.

Die Verwaltung unterstellt auch bei der Zuwendung eines Dritten (z.B. der Kontenmutter oder von Geschäftspartnern) Arbeitslohn, wenn sie Entgelt des Arbeitnehmers für eine Leistung im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber bildet. Diese ständige Rechtsprechung konkretisiert der BFH, differenziert zwischen unechten und echten Lohnzahlungen durch Dritte und macht Ausnahmen von der Regel.

  • Unechte Lohnzahlung: Ein Dritter wird lediglich als Leistungsmittler des Arbeitgebers tätig, z.B. stellt er in Kassenfunktion des Arbeitgebers Mittel zur Verfügung oder zahlt im Auftrag des Dienstherrn. Hierzu bedarf es eines Auftragsverhältnisses. Dieses kann nur angenommen werden, wenn der Arbeitgeber auch Einfluss auf die konkrete Vorteilsgewährung hat. Folge: Diese Drittzuwendung unterliegt der Lohnsteuer ohne Besonderheiten.
  • Echte Lohnzahlung: Der Betriebsfremde ist nicht bloßer Leistungsmittler, sondern er räumt dem Arbeitnehmer Vorteile ein, die Gehalt für eine Leistung sind, die der Empfänger im Rahmen seines Dienstverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt. Denkbar sind etwa der verbilligte Einkauf im Geschäft des Schwesterunternehmens oder Aktienoptionen von der Mutter, weil die Tochter als Arbeitgeber solche Wertpapiere nicht selbst besitzt und z.B. eine GmbH oder KG ist. Hier handelt es sich um sog. Drittlohn.

Im aktuellen Fall hat der BFH einen der Lohnsteuer unterliegenden Arbeitslohn von dritter Seite versagt: Preisvorteile und Rabatte, die Arbeitnehmern im Rahmen eines Mitarbeiter-Vorteilsprogramms durch eine Apotheke, die auch den Arbeitgeber beliefert, zufließen, sind nicht allein deshalb durch das Dienstverhältnis veranlasst, weil der Preisnachlass nur den eigenen Mitarbeitern und nicht auch denen anderer Firmen gewährt wird.

Bei einem Mitarbeiter-Vorteilsprogramm steht vor allem das Interesse im Vordergrund, neue Kunden zu gewinnen und trotz der verbilligten Preise durch Synergieeffekte einen zusätzlichen Gewinn zu erwirtschaften. Das stellt noch keine Entlohnung der Arbeitsleistung dar, denn es fehlt ein aktives Mitwirken des Arbeitgebers an den Rabatten. Bloße Einwilligung, Duldung oder Informationen über die Preisvorteile über Aushang am schwarzen Brett reichen nicht.

Bei Drittlöhnen (Bar- und Sachlohn) muss der Arbeitgeber Lohnsteuer bereits dann einbehalten, wenn er davon konkret weiß oder die Zahlung als Vergütung von Dritten erkennen kann. Dies wird sogar dann gesetzlich unterstellt, wenn Arbeitgeber und Dritter konzernverbundene Unternehmen sind. Außerdem muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die gewährten Bezüge zügig angeben. Auf diese gesetzliche Verpflichtung hat der Arbeitgeber seine Belegschaft hinzuweisen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann er für die entgangene Lohnsteuer haften. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber die Lohnzahlung Dritter oder unternehmensverbundener Betriebe erkennt und der Arbeitnehmer dennoch keine oder unrichtige Angaben macht. Das hat der Arbeitgeber dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzuzeigen.

Achtung: Wenn der Arbeitgeber der Angabepflicht nicht nachkommt, geht die Verwaltung davon aus, dass der objektive Tatbestand der Steuerverkürzung erfüllt ist.

Praxishinweis

Ob es einen ähnlichen Sachverhalt darstellt, wenn es zu einem Gebührenverzicht eines Dritten zugunsten von Mitarbeitern eines Vertriebspartners kommt, und ob dann Arbeitslohn vorliegt, ist noch nicht geklärt. Beim BFH ist eine Revision (Aktenzeichen VI R 62/11) anhängig, inwieweit der Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug verpflichtet ist.

Dabei geht es um die Frage, ob Versicherungsverträge zu vergünstigten Tarifen von mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmen als Arbeitslohn zu beurteilen sind. Zudem kann der BFH die Frage klären, ob in einem solchen Fall ein zugewendeter Vorteil erkannt werden kann und auf diese Weise die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Lohnsteuerabzug auslöst.

BFH, Urt. v. 18.10.2012 - VI R 64/11
BFH, Urt. v. 20.05.2010 - VI R 41/09, BStBl 2010 II 1022
BFH, Urt. v. 12.04.2007 - VI R 36/04
BFH, Urt. v. 04.06.1993 - VI R 95/92, BStBl 1993 II 687
BFH, Urt. v. 28.06.2007 - VI R 45/02
BFH, Urt. v. 26.07.2007 - VI R 64/06
BFH, Urt. v. 10.05.2006 - IX R 82/98, BStBl 2006 II 669
BFH, Urt. v. 10.05.2006 - IX R 110/00
BFH, Urt. v. 04.04.2006 - VI R 11/03, BStBl 2006 II 668
FG München, Urt. v. 28.10.2011 - 8 K 3176/08 (Rev. unter VI R 62/11)
BMF-Schreiben v. 27.01.2004 - IV C 5 - S-2000 - 2/04, BStBl 2004 I 173

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 18.12.12