Gina Sanders © fotolia.de

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BFH veröffentlicht Entscheidungsvorschau für 2013

Der BFH gibt in seinem Jahresbericht 2012 Hinweise darauf, welche einkommensteuerrelevanten Entscheidungen Steuerzahler im Jahr 2013 erwarten können. Mit Verweis auf das jeweilige Aktenzeichen können Einsprüche ruhen und so den strittigen Fall offenhalten.

Nachfolgend stellen wir (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) die für die Praxis wichtigen zu erwarteten Entscheidungen bei der Einkommensteuer dar. Mit Verweis auf das jeweilige Aktenzeichen können Einsprüche ruhen und so den strittigen Fall offenhalten.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Tätigkeit

  • Betriebsausgabenabzug für teilweise als Arbeitszimmer genutzte Räume: In den Verfahren III R 62/11 und X R 32/11 werden der III. und der X. Senat sich damit befassen, ob Aufwendungen für Räume, die sowohl betrieblich als auch privat genutzt werden, anteilig als Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer abgezogen werden können.
  • Nachträgliche Änderung eines Auflösungsverlusts nach § 17 EStG: Im Verfahren IX R 34/12 ist streitig, ob sich ein Auflösungsverlust nach § 17 EStG nachträglich ändert, wenn der Steuerpflichtige mit seinen Gläubigern später eine neue Zahlungsvereinbarung trifft, die zu einem längeren Zahlungslauf der von ihm übernommenen und grundsätzlich abzuzinsenden Zahlungsverpflichtungen führt.
  • Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten für Verständigungsverfahren: Das Verfahren IX R 25/12 wirft die Frage auf, ob Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit einem Verständigungsverfahren wegen der Besteuerung eines Gewinns aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung entstanden sind, im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG als Veräußerungskosten steuermindernd zu berücksichtigen sind.
  • Steuerpflicht von Honoraren für Kinderbetreuung: In den Verfahren VIII R 29/11 sowie VIII R 30/11 wird sich der VIII. Senat mit der Frage beschäftigen, ob die von einer Vollzeitkinderbetreuerin vereinnahmten Honorare und Sachkostenpauschalen steuerpflichtige Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit sind und ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung dieser Honorare erfüllt sind.
  • Auslandsreisen eines Lehrbuchautors: Der VIII. Senat hat in dem Verfahren VIII R 51/10 zu entscheiden, ob die Kosten eines nebenberuflichen Lehrbuchautors für Auslandsaufenthalte in Italien und Spanien beruflich veranlasst sind oder zumindest eine außergewöhnliche Belastung darstellen, weil der Aufenthalt in südlichen Gefilden ärztlich empfohlen war.
  • Tarifbegünstigung für Rechtsanwaltshonorar: Zu klären ist im Verfahren III R 84/11 (vormals VIII R 2/11), ob die Vergütungen eines Anwalts für eine mehrjährige Tätigkeit in einem umfangreichen Mandatsverhältnis außerordentliche Einkünfte und damit Gegenstand der Tarifermäßigung sind. 
  • Begründung einer Masseverbindlichkeit: In dem Verfahren III R 21/11 wird sich der III. Senat damit beschäftigen, welche ertragsteuerrechtlichen Folgen sich ergeben, wenn der Insolvenzverwalter die auf ein von ihm geführtes Anderkonto eingegangenen Betriebseinnahmen des Insolvenzschuldners aus der von diesem fortgeführten gewerblichen Tätigkeit in Höhe des pfändungsfreien Teils an diesen auszahlt.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

  • Werbungskostenabzug für Familienheimfahrten trotz Pkw-Überlassung: Arbeitnehmer, die aus beruflichen Gründen neben ihrem Hauptwohnsitz einen weiteren Haushalt am Beschäftigungsort führen, können u.a. eine Familienheimfahrt pro Woche steuermindernd geltend machen. Im Verfahren VI R 33/11 wird der VI. Senat prüfen, ob dies auch für solche Familienheimfahrten gilt, die mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Firmenwagen durchgeführt werden.
  • Verfassungsmäßigkeit der 1-%-Methode für private Nutzung von Firmenfahrzeugen: In dem Verfahren VI R 51/11 geht es um die Frage, ob die Bemessung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung von Firmenwagen anhand der 1-%-Methode insoweit verfassungsmäßig ist, als dieser Vorteil noch immer nach dem Listenpreis bei der Erstzulassung bemessen wird, obwohl bei Neuwagenkäufen mittlerweile allgemein Rabatte gewährt werden.
  • Erschütterung des Anscheinsbeweises bei der Nutzung eines Firmenwagens: Ist einem Arbeitnehmer die private Nutzung des ihm überlassenen Firmenwagens gestattet, kann der sich daraus ergebende geldwerte Vorteil mit der pauschalen 1-%-Methode bewertet werden. In den Verfahren VI R 26/10 und VI R 31/10 geben die Arbeitnehmer an, sie hätten den Firmenwagen trotz des Bestehens einer solchen Nutzungsberechtigung nicht privat genutzt. Es stellt sich die Frage, ob diese Behauptung nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch oder auch auf andere Weise - etwa durch Spesenabrechnungen (VI R 26/10) oder durch Zeugenbeweis (VI R 31/10) - belegt werden kann.
  • Beitrag für Golfclub als Arbeitslohn: In dem Verfahren VI R 31/10 wird der VI. Senat ferner entscheiden, ob der von einer GmbH für ihren angestellten Geschäftsführer entrichtete Beitrag einer angeordneten Mitgliedschaft in einem Golfclub für den Geschäftsführer Arbeitslohn ist, obwohl dieser selbst keine Platzreife hat. 
  • Zuwendungen an Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen: Gibt der Arbeitgeber bei Betriebsveranstaltungen (Firmenjubiläen oder Weihnachtsfeiern) mehr als 110 € pro Arbeitnehmer aus, sollen diese Aufwendungen nach Ansicht der Finanzverwaltung unüblich und damit insgesamt Arbeitslohn des Arbeitnehmers sein. Der VI. Senat wird in mehreren Verfahren (VI R 79/10, VI R 93 bis 96/10 und VI R 7/11) zu entscheiden haben, ob diese Freigrenze angesichts des allgemeinen Preisanstiegs noch angemessen ist. Zudem ist dabei die Frage relevant, ob für die Berechnung des Überschreitens der Freigrenze auf die eingeladenen, die angemeldeten oder die tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer abzustellen ist.

Einkünfte aus Kapitalvermögen

  • Steuerbarkeit von Erstattungszinsen: In den Verfahren VIII R 1/11, VIII R 38, 39/11, VIII R 48/11, VIII R 26/12 steht auf dem Prüfstand, ob die Neuregelung die Rechtsauffassung des BFH überspielt, wonach die Erstattungszinsen teilweise nicht steuerbar sind, und ob verfassungsrechtliche Bedenken - insbesondere im Hinblick auf die rückwirkende Anwendung der Neuregelung - durchgreifen. 
  • Totalüberschussprognose bei Optionen: Gegenstand des Verfahrens VIII R 28/11 ist die Frage, ob für die Prüfung der Überschusserzielungsabsicht der Zeitpunkt der Anschaffung oder der Ausübung einer Option maßgeblich ist, wenn in Ausübung der Option eine Inhaberschuldverschreibung angeschafft wird und sich unter Berücksichtigung von Rückzahlungen und Zinsen aus der Inhaberschuldverschreibung ein negatives Ergebnis ergibt.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte

  • Erbauseinandersetzungskosten als Anschaffungsnebenkosten bei unentgeltlichem Erwerb: Anlässlich des Verfahrens IX R 43/11 wird der IX. Senat Stellung zu der Frage nehmen, ob sich die Kosten für eine Erbauseinandersetzung, die zur unentgeltlichen Übertragung von - teilweise - vermieteten Objekten auf den Steuerpflichtigen führt, als Anschaffungsnebenkosten im Wege der AfA steuerlich auswirken, soweit sie auf vermietete Räumlichkeiten entfallen.
  • Besteuerung von Teilkapitalabfindungen berufsständischer Versorgungseinrichtungen: Gegenstand der Verfahren X R 3/12 und X R 11/12 ist die Frage, ob einmalige Teilkapitalabfindungen berufsständischer Versorgungseinrichtungen wie laufende Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu versteuern sind. Dabei wird der X. Senat ggf. zu klären haben, ob eine solche Besteuerung auch dann verfassungsgemäß ist, wenn die Kapitalabfindung auf vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes erbrachten Beiträgen beruht. 
  • Erstmalige Verlustfeststellung trotz Teilverjährung der Steuerfestsetzung: Im Verfahren IX R 30/12 wird sich der IX. Senat mit der Frage beschäftigen, ob eine erstmalige Feststellung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach §§ 23, 10d EStG auch dann möglich ist, wenn die Steuerfestsetzung des Verlustjahres allein wegen hinterzogener und später nacherklärter Einkünfte aus Kapitalvermögen noch nicht verjährt und im Übrigen Teilverjährung eingetreten ist.

Privatbereich

  • Kindergeldberechtigung für Wanderarbeitnehmer: Nach der Entscheidung des EuGH vom Juni 2012 wird der III. Senat des BFH in den Verfahren III R 35/10 und III R 5/09 unter Heranziehung der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 sowie Nr. 574/72 über den Kindergeldanspruch nach dem EStG von nur vorübergehend in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern entscheiden, die weiterhin den Rechtsvorschriften ihres Heimatlandes unterliegen und für die die Bundesrepublik Deutschland deshalb nach Unionsrecht für die Gewährung von Familienleistungen wie dem Kindergeld eigentlich nicht zuständig ist.
  • Meldung eines arbeitslosen Kindes bei der Agentur für Arbeit: Gegenstand der Verfahren III R 19/12 und III R 37/12 sind mögliche Folgen aus der Neufassung des SGB III zum 01.01.2009 auf den Kindergeldanspruch für ein bei einer inländischen Arbeitsagentur arbeitsuchend gemeldetes Kind. Insbesondere geht es um die Frage, ob das Kind zur Aufrechterhaltung des Anspruchs - wie bisher vom III. Senat im Hinblick auf § 38 SGB III a.F. gefordert - seine Meldung weiterhin alle drei Monate erneuern muss. 
  • Kindergeldberechtigung bei getrennt lebenden Eltern: Im Verfahren V R 41/11 geht es um die Frage, welchem Elternteil Kindergeld zu gewähren ist, wenn das Kind in die getrennten Haushalte beider Eltern integriert ist.

Praxishinweis

Neben dem Ausblick auf 2013 wird im Jahresbericht 2012 auch der Geschäftsstand erläutert. Der Rückblick auf die Arbeitsergebnisse des Jahres 2012 bestätigt die weiter anhaltende Normalisierung des Arbeitsanfalls und der Bearbeitung der Rechtsstreitigkeiten beim BFH:

  • Der Prozentsatz der zugunsten der Steuerpflichtigen getroffenen Entscheidungen liegt -bezogen auf alle Verfahren - mit 17,6 % etwas unter dem Vorjahresergebnis (20,5 %). Betrachtet man allein die Revisionen, liegt der Erfolgsanteil der Steuerpflichtigen bei 41,7 % (42,9 % in 2011); bei den Nichtzulassungsbeschwerden sind es 12 % (15 % in 2011).
  • Die Zahl der Eingänge ist im Jahr 2012 mit 3.016 Verfahren gegenüber dem Vorjahr (3.000 Verfahren) nur unwesentlich angestiegen.
  • Die BFH-Richter haben 2012 insgesamt 2.962 Verfahren erledigt, dabei aber das Vorjahresergebnis (3.004 Erledigungen) nicht ganz erreicht. Der Bestand an unerledigten Verfahren hat sich dementsprechend leicht erhöht. Anhängig blieben zum Ende des Berichtsjahres 2.237 Verfahren (gegenüber 2.183 im Vorjahr).
  • Die anhaltende Normalisierung der Arbeitslage zeigt sich vor allem auch darin, dass sich die durchschnittliche Verfahrensdauer bei acht Monaten stabilisiert hat. Diese Zahl umfasst alle Arten von Verfahren, mithin auch Nichtzulassungsbeschwerden und Prozesskostenhilfeanträge. Die Dauer dieser Revisionsverfahren hat im Jahr 2010 erstmals die Grenze von 20 Monaten unterschritten. Sie betrug im vorigen Jahr 19 Monate (nach 17 Monaten in 2011). Bei den Nichtzulassungsbeschwerden entsprach die Bearbeitungsdauer mit sechs Monaten der des Vorjahres.
  • Lediglich 128 der derzeit offenen Verfahren sind seit mehr als zwei Jahren beim BFH anhängig. 
  • Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH ergingen in elf Fällen; das BVerfG in Karlsruhe wurde in zwei Verfahren angerufen.

BFH, Jahresbericht 2012

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 19.02.13