Andreas Klein © fotolia.de

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BMF veröffentlicht Entwurf der Einkommensteuer-Richtlinien 2012

Der auf den Internetseiten des BMF veröffentlichte Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2008 (Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 - EStR 2012) enthält zum Zweck einer einheitlichen Anwendung des EStG durch die Finanzbehörden Erläuterungen der Rechtslage, Weisungen zur Auslegung sowie zur Vermeidung unbilliger Härten und zur Verwaltungsvereinfachung.

Nachfolgend werden im Kurzüberblick wichtige Neuerungen für die Praxis vorgestellt:

  • Voraussetzung für den Ehrenamtsfreibetrag ist, dass die Tätigkeit der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke dient. Ehrenamtlich tätige Schiedsrichter können im Amateurbereich - im Gegensatz zu Amateursportlern - die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen.
  • Steuerfreie Stipendien kann auch eine in der EU oder im EWR ansässige Körperschaft vergeben, soweit sie gemeinnützig ist und ein Amtshilfeabkommen mit dem Ansässigkeitsstaat besteht.
  • Dachintegrierte Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerke sind selbständige, bewegliche Wirtschaftsgüter; beim gewerblichen Betrieb einer Photovoltaikanlage ist der private Stromverbrauch eine Sachentnahme.
  • Die Bilanzänderung bezieht sich bei Mitunternehmerschaften auf Maßnahmen für die Gesamthands-, Ergänzungs- und Sonderbilanz; eine Bilanzberichtigung in der Gesamthandsbilanz kann zu einer Änderung in den Ergänzungs- oder Sonderbilanzen der Mitunternehmer oder zwischen diesen Bilanzen berechtigen.
  • Von der EU-Kommission festgesetzte Geldbußen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht enthalten keine Abschöpfung eines rechtswidrig erlangten wirtschaftlichen Vorteils und unterliegen voll dem Betriebsausgabenabzugsverbot.
  • Für die Gewerbesteuerrückstellung ist trotz Betriebsausgabenabzugsverbot in der Steuerbilanz eine Gewerbesteuerrückstellung zu bilden; dadurch verursachte Gewinnauswirkungen sind außerbilanziell zu neutralisieren.
  • Zu den Herstellungskosten gehören auch die angemessenen Kosten der allgemeinen Verwaltung, die angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung. Das handelsrechtliche Bewertungswahlrecht für Fremdkapitalzinsen gilt auch für die steuerliche Gewinnermittlung. Weicht die Bewertung von der Handelsbilanz ab, sind die entsprechenden Anlagegüter in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen. Weicht dies von den EStR 2008 ab, darf für Wirtschaftsjahre, die vor der Veröffentlichung der EStÄR 2012 im BStBl enden, noch nach der alten Anweisung verfahren werden.
  • Die außerplanmäßige Abschreibung in der Handelsbilanz ist nicht zwingend in der Steuerbilanz durch eine Teilwert-AfA nachzuvollziehen.
  • Bei einer Abweichung der Steuer- von der Handelsbilanz sind die Wirtschaftsgüter in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.
  • Die Anwendung der Lifo-Methode setzt keine Bewertung der Wirtschaftsgüter auch in der Handelsbilanz nach dieser Methode voraus.
  • Für jedes Wirtschaftsjahr, in dem einheitlich für alle GWG-Anlagegüter von der Bildung eines Sammelpostens Gebrauch gemacht wurde, ist ein gesonderter Sammelposten zu bilden, und die nicht mehr im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung anfallenden Kosten erhöhen den Sammelposten des Jahres, in dem die Aufwendungen entstehen.
  • Die Zustimmung zum Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben dem Grunde nach wirkt unabhängig davon auch für die Erhöhung durch geleistete Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung des Empfängers.
  • Auch die eigenen Beiträge des Kindes zur Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherung sind Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs. Sie können bei den Eltern berücksichtigt werden, wenn diese das Kind durch Bar- oder Sachleistungen unterstützen. Ob das Kind über eigene Einkünfte verfügt, ist insoweit ohne Bedeutung.
  • Gestundete Studienbeiträge sind im Jahr der Tilgung und somit auch nach Abschluss der Berufsausbildung als Sonderausgaben abziehbar.
  • Schulgeldzahlungen als Drittaufwand sind auch abziehbar, wenn das unterhaltsberechtigte Kind volljährig und daher selbst Vertragspartner der Schule ist. Zu den abziehbaren Sonderausgaben gehören u.a. Schulgeldzahlungen für den Besuch einer Bildungsstätte im EU-/EWR-Raum, wenn der Besuch mit dem Internationalen Abitur abschließen soll.
  • Für landwirtschaftliche Betriebe gelten umfangreiche neue Anweisungen, wenn teils gewerbliche und teils land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten vorliegen.
  • Der Veräußerungsfreibetrag kann gewährt werden, wenn im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe eine dauernde Berufsunfähigkeit vorliegt. Die Kausalität zwischen der Veräußerung/Aufgabe und der Berufsunfähigkeit ist nicht erforderlich.
  • Unterliegen Kapitalerträge dem gesonderten Steuertarif, sind sie in die Berechnung des Altersentlastungsbetrags nicht einzubeziehen.
  • Es gibt Anpassungen aufgrund der Änderungen durch das Steuervereinfachungsgesetz bei der Übertragung des Kinderfreibetrags.
  • Für nahestehende Personen ist bei der Abgeltungsteuer von einem Näheverhältnis zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter nicht schon allein deshalb auszugehen, weil der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, an der die Personengesellschaft beteiligt ist, ein Darlehen gewährt und dafür Zinszahlungen erhält.
  • Es gibt folgende Änderungen beim Nachweis der Aufwendungen wegen Krankheit und Behinderung unter Beachtung der gesetzlichen Neuregelungen durch das Steuervereinfachungsgesetz:
    • Aufwendungen für die behindertengerechte Pkw-Umrüstung können im VZ des Abflusses als außergewöhnliche Belastungen neben den angemessenen Aufwendungen für Fahrtkosten berücksichtigt werden.
    • Um- oder Neubaukosten von Haus oder Wohnung können im VZ des Abflusses eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn die Baumaßnahme durch die Behinderung bedingt ist.
  • Deutschkurse sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Gleiches gilt für Integrationskurse, wenn nicht durch Vorlage einer Bestätigung der Teilnahmeberechtigung nach der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler nachgewiesen wird, dass die Teilnahme am Integrationskurs verpflichtend war und damit aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erfolgte. 
  • Die Anweisungen zu Einkünften und Bezügen beim Unterhaltsempfänger reagieren auf Änderungen durch das Steuervereinfachungsgesetz in Bezug auf die Berücksichtigung von abgeltend besteuerten Kapitalerträgen.

Praxishinweis

Die Richtlinien sind zwar nur für die Finanzverwaltung bindend, geben aber Steuerpflichtigen eine verlässliche Richtschnur im Umgang mit den Finanzbehörden. Es gelten folgende Anwendungsregeln:

  • Die EStÄR 2012 sind ab dem VZ 2012 anzuwenden.
  • Die EStÄR 2008 sind mit den Abweichungen, die sich aus der Änderung von Rechtsvorschriften für die Zeit bis zum 31.12.2011 ergeben, letztmals für den VZ 2011 anzuwenden.
  • Anordnungen zu den Vorschriften über den Steuerabzug vom Arbeitslohn ergeben sich aus den LStÄR 2011 - entsprechend auch für die Veranlagung zur Einkommensteuer.

Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2008 (EStR 2008) - Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 (EStÄR 20012) v. 10.05.2012
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2005 (Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2008 - EStÄR 2008) v. 18.12.2008, BStBl 2008 I 1017
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Lohnsteuer-Richtlinien 2008 (Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2011 - LStÄR 2011) v. 24.09.2010, BR-Drs. 589/10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 22.05.12