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Bundesrat berät über Steuergesetze

In der letzten Sitzung des Jahres 2012 hat der Bundesrat am 14.12.2012 das parlamentarische Verfahren zu insgesamt 26 Gesetzen abgeschlossen; sie werden nun dem Bundespräsidenten zur Verkündung zugeleitet. Gebilligt haben die Länder u.a. den Bundeshaushalt 2013, die Abschaffung der Praxisgebühr, Entlastungen für Kleinstkapitalgesellschaften und energiewirtschaftliche Regelungen für Offshore-Anlagen.

Trotz des Widerstands in der SPD hat der Bundesrat außerdem das Betreuungsgeld verabschiedet, denn unter den SPD-regierten Ländern fand sich keine Mehrheit zur Anrufung des Vermittlungsausschusses. Damit ist das umstrittene Betreuungsgeld endgültig unter Dach und Fach. Es soll an Eltern gezahlt werden, die sich in den ersten Jahren nach der Geburt eines Kindes zu Hause in Vollzeit der Erziehung widmen und ganz bewusst keinen Krippenplatz bzw. keine Kindertagesstätte in Anspruch nehmen wollen. Das Betreuungsgeld soll am 01.08.2013 eingeführt werden. Im ersten Jahr beträgt die Leistung 100 €, von August 2014 an 150 € im Monat. Der Betrag wird auf Hartz-IV-Leistungen, Sozialhilfe und Kinderzuschlag angerechnet. Das Geld kann für Kinder beantragt werden, die nach dem 31.07.2012 geboren wurden.

Nicht wie geplant in Kraft treten kann das SEPA-Begleitgesetz, das der Bundesrat in den Vermittlungsausschuss überwies. Grund für die Anrufung des Ausschusses sind die neuen Regelungen zur Ausschüttung der Bewertungsreserven von Lebensversicherungen, die aus Sicht des Bundesrates einseitig die Verbraucher benachteiligen. Der Vermittlungsausschuss wurde mit dem Ziel angerufen, die vorgesehenen Gesetzesregelungen zur Risikotragfähigkeit der Lebensversicherungsunternehmen zu überarbeiten. Ziel ist es einerseits, die in der aktuellen Niedrigzinsphase entstehenden Belastungen der Unternehmen zu bewältigen, aber andererseits, diese Belastungen nicht einseitig auf die Versicherten abzuwälzen.

Keine Zustimmung haben außerdem einige weitere Steuergesetze gefunden, etwa die Steuerbefreiung für Streubesitzdividenden ausländischer Anteilseigner oder den geplanten Neuregelungen im Gemeinnützigkeitsrecht. Bundestag und -regierung haben nun die Möglichkeit, zu diesen Gesetzen den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Im steuerlichen Sektor betreffen die Entscheidungen folgende Bereiche:

  • Aufhebung der Steuerbefreiung für Streubesitzdividenden (Beteiligungen von weniger als 10 %): keine Zustimmung,
  • Entlastungen für Kleinstkapitalgesellschaften: Zustimmung,
  • Steuervereinfachungsgesetz 2013: Übermittlung an die Bundesregierung, die innerhalb von sechs Wochen an den Bundestag weiterleitet,
  • Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz: Stellungnahme mit Änderungswünschen,
  • Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012: Zustimmung mit Änderungswünschen.

Streubesitzdividenden

Die EU-Kommission hatte Deutschland wegen der unterschiedlichen Behandlung von inländischen und ausländischen Anteilseignern verklagt: Bislang war auf Streubesitzdividenden Kapitalertragsteuer einzubehalten, die bei inländischen Anteilseignern erstattet, bei ausländischen Anteilseignern hingegen definitiv wurde. Der EuGH hat entschieden, dass diese unterschiedliche Behandlung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, und Deutschland verpflichtet, die Ungleichbehandlung von Inlandsdividenden und Auslandsdividenden zu beseitigen.

Die vom EuGH gerügte Ungleichbehandlung kann dadurch beseitigt werden, dass (wie im Gesetz vorgesehen) Auslandsdividenden von der Körperschaftsteuer freigestellt werden. EU-rechtlich zulässig ist aber auch die Aufhebung der Steuerbefreiung für die Streubesitzdividenden (Beteiligungen von weniger als 10 %), die von inländischen und ausländischen Körperschaften mit einer inländischen Betriebsstätte bezogen werden. Die Lösung des Bundesrates hätte dabei nicht nur den Vorteil, dass erhebliche Steuermindereinnahmen für die öffentliche Hand vermieden würden, sie würde auch zu einer grenzüberschreitenden Steuerrechtsangleichung führen, denn die Besteuerung von Streubesitzerträgen ist international üblich. Aus Sicht des Bundesrates muss eine Steuerbefreiung für Streubesitzdividenden auf das EU-rechtliche Minimum begrenzt werden.

Steuervereinfachungen

Der Bundesrat übermittelt den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts 2013 zunächst der Bundesregierung. Diese leitet ihn innerhalb von sechs Wochen an den Bundestag weiter und legt dabei ihre Auffassung dar. Das Gesetz enthält Maßnahmen, die einerseits vereinfachend wirken, andererseits aber durch Subventionsabbau zur Gegenfinanzierung beitragen:

  • Pauschalierung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer,
    Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags,
  • Zweijährige Gültigkeit von Freibeträgen im Lohnsteuerabzugsverfahren, 
  • Erhöhung der Pauschbeträge für behinderte Menschen bei gleichzeitiger Neuregelung des Einzelnachweises tatsächlicher Kosten und der Dauerwirkung,
  • Übertragung des Pauschbetrags eines behinderten Kindes auf die Eltern,
  • Neuregelung beim Abzug und Nachweis von Pflegekosten,
  • Neuregelung beim Abzug von Unterhaltsleistungen an Personen mit Wohnsitz in Staaten außerhalb des EU-/EWR-Raumes,
  • Vereinfachung des Verlustabzugs nach § 15a EStG bei Beteiligung an einer KG oder vergleichbaren in der Haftung beschränkten Beteiligungsformen,
  • Begrenzung der Steuerfreiheit der Arbeitgeberleistungen zur Kinderbetreuung,
  • Senkung der Freigrenze für Sachbezüge auf 20 €,
  • Sockelbetrag von 300 € bei der Steuerermäßigung für Handwerkerrechnungen,
  • Wegfall der steuerlichen Ausnahmen für Geschäftsführervergütungen (Carried Interest).

Gemeinnützigkeit

Der Bundesrat äußerte zahlreiche formale Änderungswünsche im BGB und in der AO beim Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz. Im EStG sollen einige neue Vorschriften hinzukommen.
So müssen in der Steuerbilanz übernommene Verbindlichkeiten, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer so bilanziert werden, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.

Hintergrund: Unternehmen dürfen in ihrer Steuerbilanz aufgrund einkommensteuerlicher Passivierungsbegrenzungen bestimmte (ungewisse) Verbindlichkeiten entweder nicht ausweisen oder sie haben die Verbindlichkeiten mit geringeren Werten anzusetzen als in ihrer Handelsbilanz. Nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH können Unternehmen hierdurch entstehende stille Lasten steuermindernd realisieren, wenn Dritte die Verbindlichkeiten rechtlich oder wirtschaftlich übernehmen. Der Übernehmer der Verbindlichkeit braucht seinerseits die Passivierungsbegrenzungen nicht mehr zu beachten. Die vorgeschlagene Neuregelung ordnet an, dass der Übernehmer (oder dessen Rechtsnachfolger) in der ersten nach der Übernahme aufzustellenden Bilanz die Ansatzverbote, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalte zu beachten hat, die auch für den ursprünglich Verpflichteten gegolten haben. Dadurch wird verhindert, dass gesetzliche Passivierungsbeschränkungen insoweit ins Leere laufen.

Die Regelung ist für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2012 beginnen. Auf Antrag kann sie auch für frühere Wirtschaftsjahre angewandt werden. Hat der die Verpflichtung Übernehmende die Verpflichtung bisher aufgrund der BFH-Rechtsprechung ohne die Ansatzverbote, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalte ausgewiesen, muss er sie für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2012 beginnen, beachten und entsprechende Gewinne versteuern.

Einkommensteuer-Richtlinien

Hier erteilte der Bundesrat die Zustimmung, allerdings mit Änderungswünschen. Das betrifft zwei neue Verwaltungsvorschriften:

  1. Ungeachtet des Abzugsverbots ist in der Steuerbilanz eine Gewerbesteuerrückstellung zu bilden; dadurch verursachte Gewinnauswirkungen sind außerbilanziell zu neutralisieren.
  2. Mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen darf die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten. Für den Gewinn, der sich aus der erstmaligen Anwendung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) durch die Auflösung von Rückstellungen ergibt, die bereits in dem vor dem 01.01.2010 endenden Wirtschaftsjahr passiviert wurden, kann jeweils in Höhe von 14/15 eine gewinnmindernde Rücklage passiviert werden. Diese ist in den folgenden vierzehn Wirtschaftsjahren (Auflösungszeitraum) jeweils mit mindestens 1/15 gewinnerhöhend aufzulösen.

Praxishinweis

Das eingebrachte Steuervereinfachungsgesetz 2013 bringt (anders als sein Vorgänger aus dem Jahre 2011) auch neue Belastungen für Steuerzahler, etwa bei Unterhaltszahlungen, bei dem häuslichen Arbeitszimmer und dem steuerfreien Kindergartenzuschuss vom Chef. Zwar sind auch Verbesserungen wie die Erhöhung von Behinderten- und Arbeitnehmer-Pauschbetrag vorgesehen, doch sollen diese Erleichterungen im Gegensatz zu den neuen Verschlechterungen erst 2014 und damit ein Jahr später wirken.

Grund dafür ist, dass auch Maßnahmen einbezogen werden, die durch Subventionsabbau oder Schließen von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten zur Gegenfinanzierung beitragen. Die Vorschläge sehen daher per Saldo folgende Mehreinnahmen für den Fiskus vor:

• 2013: 170 Mio. € höhere Steuereinnahmen,
• 2014: 55 Mio. € höhere Steuereinnahmen,
• 2015: 15 Mio. € höhere Steuereinnahmen.

Die Mehreinnahmen ergeben sich vor allem daraus, dass Aufwendungen für Handwerkerleistungen steuerlich nur noch berücksichtigt werden, wenn sie einen Sockelbetrag von 300 € jährlich übersteigen. Weiterhin sind die Mehreinnahmen auf die Senkung der Freigrenze für Sachbezüge zurückzuführen sowie darauf, dass Unterhaltsleistungen ins Ausland an höhere Auflagen geknüpft werden.

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben (Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz - MicroBilG), Beschluss des Bundesrates, BR-Drs. 738/12 (B) v. 14.12.2012
Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09, Beschluss des Bundesrates, BR-Drs. 736/12 (B) v. 14.12.2012
Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts 2013 (StVereinfG 2013), Gesetzentwurf des Bundesrates, BR-Drs. 684/12 (B) v. 14.12.2012
Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz - GemEntBG), Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 663/12 (B) v. 14.12.2012
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2008 (Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 - EStÄR 2012), Beschluss des Bundesrates, BR-Drs. 681/12 (B) v. 14.12.2012
BFH, Urt. v. 17.10.2007 - I R 61/06, BStBl 2008 II 555
BFH, Urt. v. 26.04.2012 - IV R 43/09
BFH, Urt. v. 16.12.2009 - I R 102/08, BStBl 2011 II 566
BFH, Urt. v. 14.12.2011 - I R 72/10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 18.12.12