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Burnout: Krankheitskosten sind nicht absetzbar

Wer an einem Burnout-Syndrom erkrankt ist, kann hierbei entstandene Krankheitskosten nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen. Denn diese Erkrankung wird nicht als typische Berufskrankheit anerkannt. Das entschied zuletzt das FG München. Bei Vorliegen eines Attests können die Kosten allenfalls als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Nach einem aktuellen Urteil des FG München ist das Burnout-Syndrom keine typische Berufskrankheit; ein Werbungskostenabzug der Behandlungskosten ist daher nicht möglich. Zudem muss für eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ein amtsärztliches Attest vorgelegt werden. Gegen die rückwirkende gesetzliche Anwendung in allen offenen Fällen bestehen nach Ansicht der Richter keine Bedenken.

Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht

Ein Angestellter machte Kosten für eine mehrwöchige stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Abteilung als Werbungskosten geltend. Seine Begründung: Er sei aufgrund der Fusion seines Arbeitgebers nicht wie erwartet zum Prokuristen ernannt worden. Zudem habe man ihm mit einer Vertragsanpassung gedroht, die aus seiner Sicht einer Degradierung gleichgekommen wäre. Daraufhin habe er akute gesundheitliche Beschwerden verspürt. Daraufhin überwies ihn seine Hausärztin in Abstimmung mit einem Facharzt für Psychiatrie zur stationären Behandlung in die psychosomatische Klinik. Die Krankenversicherung kam für die Kosten nicht auf, da kein stationärer Aufenthalt erforderlich gewesen sei.

FG München: „Keine typische Berufskrankheit"

Es handelt sich bei einer psychischen oder psychosomatischen Krankheit, die z.B. durch eine starke emotionale Belastung im Beruf ausgelöst wird, nicht um eine typische Berufskrankheit. Die in der Rechtsprechung den Werbungskosten zugeordneten Fälle sind insoweit anders gelagerte Ausnahmen. Bei diesen Ausnahmen handelt es sich um Erkrankungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nahezu ausschließlich aus typischen Berufsumständen herrühren.

Beispiele:

  • Vergiftungserscheinungen eines Chemikers,
  • Strahlenerkrankung aufgrund einer Strahlenexposition,
  • Staublunge eines Bergmanns,
  • Tuberkuloseerkrankung in einer TBC-Heilungsstätte,
  • Sportunfall eines Berufsfußballspielers.

Eine solch zwingende Kausalität zwischen Belastungssituationen im Beruf und einer psychische Erkrankung sah das FG München in diesem Fall nicht.
Beruflicher Stress kann zwar konkreter Auslöser einer Verschlechterung mit Krankheitscharakter sein. Dies macht ihn aber nicht zur alleinigen bzw. nahezu zwingenden Ursache der Krankheit.

Vielmehr spielen bei psychischen Erkrankungen (wie auch bei den meisten körperlichen Krankheiten) eine Vielzahl bekannter und unbekannter Faktoren zusammen. Vor diesem Hintergrund hatte es der BFH abgelehnt, den Herzinfarkt als typische Berufskrankheit bei Freiberuflern anzuerkennen. So steht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Erkrankung und Beruf nicht fest, weil ein Herzinfarkt erfahrungsgemäß außer bei Angehörigen geistiger Berufe auch bei Handwerkern, Arbeitern und Hausfrauen auftritt.

Dies lässt sich auf den Urteilsfall übertragen: Psychische Erkrankungen treten im Alltag in allen Bevölkerungsschichten gleichermaßen in erheblichem Umfang auf. Das gilt auch für Krankheitsbilder wie ein Burnout-Syndrom oder vergleichbare psychische Erkrankungen, die durch akute Belastungssituationen ausgelöst werden.

Praxishinweis

Für eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen erforderlich. Dies kann z.B. geschehen durch

  • ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder
  • eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung.

Gegen die rückwirkende Anwendung der neu gefassten Vorschrift auf alle Fälle, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist, bestehen keine Bedenken. Diese Regelung bestimmt jetzt gesetzlich, was aufgrund der gefestigten Rechtsprechung des BFH zu § 33 EStG (außergewöhnliche Belastungen) zuvor allgemein als geltendes Recht angenommen wurde.

Das FG München hat die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert. Der BFH hat sich mit der Frage, ob psychische Erkrankungen Berufskrankheiten sein können, noch nicht beschäftigt. Die angewendete BFH-Rechtsprechung zu Berufskrankheiten stammt aus der Zeit vor der Aufgabe des Aufteilungsverbots bei gemischt veranlassten Kosten. Zudem ist derzeit bereits ein Verfahren vor dem BFH zur Anerkennung von Krankheitskosten als Werbungskosten anhängig (Aktenzeichen: VI R 37/12).

FG München Urt. v. 26.04.2013 - 8 K 3159/10
BFH, Urt. v. 17.07.1992 - VI R 96/88
BFH, Urt. v. 04.10.1968 - IV R 59/68, BStBl 1969 II 179
BFH, Urt. v. 09.02.1962 - VI 10/61 U, BStBl 1962 III 235
BFH, Beschl. v. 21.09.2009 - GrS 1/06, BStBl 2010 II 672
BFH, Urt. v. 19.04.2012 - VI R 74/10, BStBl 2012 II 577
BFH, Urt. v. 14.02.1980 - VI R 218/77, BStBl 1980 II, 295
BFH, Urt. v. 11.11.2010 - VI R 17/09, BStBl 2011 II 969
BVerfG, Urt. v. 21.07.2010 - 1 BvL 11/06, BGBl 2010 I 1358

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 30.07.13