Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

Drei zusätzliche Steueränderungen durch das Gemeindefinanzreformgesetz

Der Bundesrat hat am 30.03.2012 dem Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften zugestimmt. Dem Inkrafttreten durch Veröffentlichung im BStBl steht damit nichts mehr im Wege.

Eigentlich geht es lediglich darum, den Gemeinden einen bestimmten Anteil am Aufkommen aus veranlagter Einkommensteuer sowie Lohn- und Kapitalertragsteuer durch einen Verteilungsmaßstab bundesgesetzlich zuzuteilen. Der Verteilungsmaßstab ermittelt sich auf Grundlage der Einkommensteuerbeträge, die auf zu versteuernde Einkommen bis zu bestimmten und regelmäßig zu aktualisierenden Höchstbeträgen entfallen. Hierbei erfolgt nun eine Anpassung an die Ergebnisse der Lohn- und Einkommensteuerstatistik 2007, über die es zu einem Anstieg der Höchstbeträge von 30.000 € auf 35.000 € kommt.

Doch auf Empfehlung des Finanzausschusses sieht das vom Bundestag bereits verabschiedete Gesetz - ergänzend zu den im Ursprungsentwurf vorgesehenen Änderungen des Gemeindefinanzreformgesetzes - drei weitere punktuelle Steueränderungen vor:

  1. In das EStG wird eine Steuerbefreiung der Vorteile von Arbeitnehmern aus der privaten Nutzung unentgeltlich oder verbilligt überlassener Software eingeführt.
  2. Zur Verhinderung von unberechtigten Steuerausfällen wird die in vielen von Deutschland abgeschlossenen DBA enthaltene Möglichkeit der Freistellung des Dividendenbezugs zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften (sog. Schachtelprivileg) in bestimmten Konstellationen eingeschränkt. Das sind Fälle, in denen die Steuererleichterung im Ergebnis nicht dem begünstigten Personenkreis zufließt. 
  3. Im UStG wird eine Entscheidung des EuGH aus dem Mai 2011 zur Lieferung von Pferden mit Umsatzsteuerermäßigung umgesetzt.

Die drei Änderungen im Einzelnen:

Verbilligte PC-Nutzung durch Arbeitnehmer

Die bisher gewährte Steuerfreiheit der Vorteile des Arbeitnehmers aus der kostenlosen oder verbilligten privaten Nutzung von Computern, Software oder Telekommunikationsgeräten wird neu gefasst und erweitert. Der geänderte Begriff „Datenverarbeitungsgeräte" (statt „Personalcomputer") bezieht auch neuere Geräte wie Smartphones oder Tablets ein. Zudem werden auch geldwerte Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von System- und Anwendungsprogrammen, die ihm Arbeitgeber (oder aufgrund des Dienstverhältnisses Dritte) unentgeltlich oder verbilligt überlassen, steuerfrei gestellt. Neben dem Ziel der Steuervereinfachung und Aktualisierung geht es hierbei auch darum, die Schaffung von Heimarbeitsplätzen mit Hilfe der Steuerfreiheit zu erleichtern.

Die geänderte Steuerfreiheit auf Vorteile gilt rückwirkend ab dem 01.01.2000 in offenen Fällen.

Steuerfreier Bezug von Auslandsdividenden

Sind Dividenden beim Zahlungsempfänger nach DBA von der deutschen Einkommen- bzw. Kapitalertragsteuer auszunehmen, wird die Freistellung ungeachtet eines bestehenden DBA nur insoweit gewährt, als sie nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen ist. Soweit sie jedoch einer anderen Person als Zahlungsempfänger zuzurechnen sind, werden sie bei dieser freigestellt, wenn sie bei ihr ebenfalls nach DBA-Maßgabe freigestellt würden. Hierzu wird eine Änderung im EStG benötigt, da die Freistellung der ausländischen Schachteldividenden durch entsprechende Gestaltungen in der Praxis vielfach gezielt eingesetzt wird, damit natürliche Personen die Gewinnausschüttungen ohne Teileinkünfteverfahren (Ansatz von Einnahmen und Ausgaben mit je 60 %) steuerfrei vereinnahmen können.

Die Neuregelung tritt rückwirkend für Zahlungen ab dem 01.01.2012 in Kraft.

Umsatzsteuersatz auf Lieferungen von Pferden

Der bislang gültige ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % auf die Lieferungen von lebenden Pferden einschließlich reinrassiger Zuchttiere (ausgenommen Wildpferde) wird aufgehoben. Auf sämtliche Lieferungen, Einfuhren und innergemeinschaftlichen Erwerbe von Pferden wird der reguläre Steuersatz erhoben, indem diese Tiere aus der Anlage zum UStG gestrichen werden. Die Gesetzesänderung erfolgt aufgrund der Vorgabe des EuGH zum Steuersatz für die Lieferung von Pferden auf eine Klage der Europäischen Kommission hin. Hiernach ist eine Ermäßigung nur zulässig für Tiere, die zur Herstellung von Nahrungs- oder Futtermitteln dienen oder zum Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung eingesetzt werden.

Die Neuregelung tritt für Umsätze ab dem 01.07.2012 in Kraft.

Hinweis: Die EU-Kommission hat Deutschland darüber hinaus jetzt förmlich aufgefordert, seine Vorschriften zur Anwendung ermäßigter Umsatzsteuersätze für die Lieferung und das Vermieten von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken zu ändern, weil die derzeit geltenden Vorschriften mit dem EU-Recht unvereinbar sind. Das EU-Recht ist eng auszulegen und strikt anzuwenden, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden.

Praxishinweis

Der Finanzausschuss empfahl dem Bundesrat nicht nur, dem Gemeindefinanzreformgesetz zuzustimmen, sondern auch eine zusätzliche Entschließung zu fassen. Das verabschiedete Gesetz soll die Inanspruchnahme von DBA-Schachtelprivilegien verhindern, die inländischen Kapitalgesellschaften beim Bezug von Dividenden ausländischer Kapitalgesellschaften zustehen, soweit durch eine hybride Rechtsform der inländischen Gesellschaft eine Inanspruchnahme durch natürliche Personen möglich ist. Dies betrifft insbesondere

  • die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und 
  • die atypisch stille Gesellschaft (z.B. GmbH & atypisch still).

Das Gesetz ist zwar geeignet, dieses Ziel zu erreichen, und angesichts der bekanntgewordenen Steuermindereinnahmen und entsprechenden Gestaltungsmodelle auch erforderlich. Die Änderung ist aber lediglich eine Zwischenlösung auf dem Weg zur grundlegenden Klärung der Besteuerung hybrider Rechtsformen, so der Finanzausschuss. Denn sie bedeutet insbesondere keine Vorabfestlegung eines in- oder teiltransparenten Besteuerungssystems bezüglich der KGaA. Der Bundesrat soll deshalb die Bundesregierung auffordern, die Problemanalyse bei der Besteuerung hybrider Gesellschaften zügig abzuschließen und notwendige gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen.

Hintergrund dieser Problematik ist, dass KGaA oder atypisch stille Gesellschaften zwar der Körperschaftsteuer unterliegen. Schachteldividenden aus dem Ausland sind jedoch nach den Regelungen in DBA steuerfrei, und die Gewinnanteile für persönlich haftende Gesellschafter sind in diesen Fällen ebenfalls steuerfrei, wenn die Steuerpflicht in DBA nicht ausdrücklich geregelt wird. Daher hat Deutschland in fast allen DBA besondere Ausschlussklauseln aufgenommen. Bei einigen DBA ist das aber nicht der Fall: Als Beispiele sind hier etwa Frankreich, Luxemburg, Großbritannien, die Niederlande, die USA und Portugal zu nennen.

Hinweis: Ein weiterer Vorschlag des Bundesrates betraf die Wiedereinführung des bis zum 31.12.2011 geltenden ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Fahrgastschiffe. Die Bundesregierung lehnte den Vorschlag ab und verwies darauf, dass es für Personenbeförderungen mit Schiffen im genehmigten Linienverkehr und im Fährverkehr innerhalb einer Gemeinde oder bei Beförderungen von nicht mehr als 50 km auch nach Auslaufen der Übergangsregelung beim ermäßigten Steuersatz bleibt. Für die anderen Fälle soll nach dem Gesetzgeber mit Auslaufen der Übergangsregelung die Regelbesteuerung eintreten. Die Schiffsbranche habe zudem genug Zeit gehabt, sich auf die Änderung ab dem 01.01.2012 einzustellen.

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 21.12.2011, BT-Drs.17/8235
Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften, Empfehlung der Ausschüsse v. 16.03.2012, BR-Drs. 114/1/12
Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften v. 30.03.2012, BR-Drs. 114/12 (B)
EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - C-453/09

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 10.04.12