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Finanzamt muss Auskunft über Besteuerung der Konkurrenz erteilen

Besteht der Verdacht, dass ein Konkurrent durch ungerechtfertigte Steuervergünstigungen Wettbewerbsvorteile erhält, kann man darüber beim Finanzamt Auskünfte einholen.

Vermutet ein Unternehmer, dass ein Mitbewerber steuerlich günstiger behandelt wird, kann er seinen Verdacht durch Fakten klären lassen, indem er beim Finanzamt Auskunft über seinen Konkurrenten einholt. Ein solcher Anspruch auf Informationsfluss ergibt sich nicht lediglich aus der AO, sondern aus dem verfassungsmäßigen Grundrecht auf Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG, sofern eine ungleiche Besteuerung gegen das Rechtsstaatsprinzip verstößt.

Zu diesem Urteilstenor kam jetzt das FG Münster, sofern die Leistungen eines Unternehmens in Konkurrenz zu ähnlichen Angeboten eines gemeinnützigen Vereins stehen. Dann kann der Gewerbetreibende unter bestimmten Voraussetzungen vom Finanzamt Auskunft darüber verlangen, mit welchem Tarif die entsprechenden Tätigkeiten des Vereins der Umsatzsteuer unterworfen worden sind. Für diesen Anspruch auf Informationen hinsichtlich der Besteuerung des Mitbewerbers muss der Unternehmer lediglich konkret darlegen, dass er durch die zu vermutende oder zumindest nicht auszuschließende unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten handfeste Wettbewerbsnachteile erleidet.

Denn erst mit diesen erwünschten Informationen kann ein Unternehmer anschließend gegen die Steuerbehörde mit Aussicht auf Erfolg eine Konkurrentenklage wegen unzutreffender Besteuerung erheben. Um diese aber konkret vorbringen zu können, benötigt der Betrieb zunächst einmal vom Finanzamt Auskunft darüber, ob die Umsätze des Mitbewerbers tatsächlich geringer besteuert werden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Transportunternehmen Anlass zur Annahme, dass ein gemeinnütziger Verein mit vergleichbaren Angeboten seine Leistungen lediglich mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz versteuert. Darin sah das Unternehmen eine Wettbewerbsverzerrung. Denn da es mit 19 % Umsatzsteuer abrechnete, waren die Angebote des Unternehmens für diejenigen Kunden deutlich teurer, die - wie etwa Privatpersonen, Ärzte oder gemeinnützige Einrichtungen - diesen Betrag nicht beim Finanzamt als Vorsteuer geltend machen können. Da der Verein nur 7 % Umsatzsteuer in Rechnung stellte, weil er solche Tätigkeiten im Rahmen seines begünstigten Zweckbetriebs ausübte, kostete seine Nettoleistung von 1.000 € den Kunden immerhin 120 € weniger.

Zwar sind in der Regel die Rechte eines Steuerzahlers nicht schon automatisch dadurch verletzt, dass ein anderer zu niedrig besteuert wird. Anders ist dies allerdings, wenn eine solche niedrigere Besteuerung gegen das Rechtsstaatsprinzip verstößt. Dieses soll nämlich steuerlich nicht begünstigte Betriebe davor schützten, dass Mitbewerber wie z.B. Vereine auch bezüglich solcher Umsätze privilegiert werden, die gerade nicht der Erfüllung ihrer gemeinnützigen Zwecke dienen.
Besteht die Vermutung einer solchen steuerschädlichen Konkurrenzsituation, weil Leistungen möglicherweise unzutreffend mit dem ermäßigten Tarif besteuert werden, oder kann dies zumindest nicht ausgeschlossen werden, steht das strenge Steuergeheimnis dem Anspruch auf Auskunft durch das Finanzamt nicht entgegen.

Praxishinweis

Solche Anträge auf Erteilung von Auskünften über die Besteuerung Dritter sind grundsätzlich zulässig, wenn zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage geklärt werden soll, ob und inwieweit Vorschriften verletzt sein könnten. Ein solcher Auskunftsanspruch setzt nach Ansicht der Verwaltung allerdings voraus, dass eine Person oder ein Unternehmen glaubhaft darlegt, durch die unzutreffende Besteuerung des Konkurrenten konkret feststellbare und spürbare Wettbewerbsnachteile zu erleiden. Ist der Antrag erfolgreich, geben die Beamten jedoch nur Auskunft über die Art und Weise der Besteuerung der für die Konkurrenzsituation relevanten Umsätze, nicht aber über die Höhe und die hierauf festgesetzte Steuer. Zudem soll der betroffene Dritte gehört werden, so dass er weiß, dass sich ein Mitbewerber für seine steuerlichen Belange interessiert.

FG Münster, Urteil v. 07.12.2010 - 15 K 3614/07 U, Rev. zugelassen

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 11.01.11