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Gewerblicher Grundstückshandel trotz Einhaltens der Fünfjahresfrist?

Es vergeht wohl kaum ein Monat, in dem sich der BFH nicht mit der Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel auseinandersetzen muss. So äußerte er sich in den beiden vergangenen Wochen gleich zweimal zu den Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels. Im ersten Fall ging es um den Einbezug von Verkäufen nach mehr als fünf Jahren.

Der Kläger hatte 1989 zwei unbebaute Grundstücke erworben und diese als Sonderbetriebsvermögen einer Baumarkt-KG ausgewiesen, an der er beteiligt war. Im Jahr 1992 entnahm er die Grundstücke in sein Privatvermögen und veräußerte sie im Jahr 1994. Zwei Jahre später erwarb er drei weitere mit Fabrikgebäuden bebaute Grundstücke. Zwei davon verkaufte er 1998 und das dritte 1999.

Das Finanzamt und die Vorinstanz gingen davon aus, dass innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von fünf Jahren und dreieinhalb Monaten mindestens vier Objekte verkauft wurden. Aufgrund der umfangreichen Branchenkenntnisse des Klägers im Immobilienbereich war der Zeitraum auszudehnen. Denn der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer mehrerer Baumärkte und Baufirmen und hielt umfangreichen Grundbesitz im Privatvermögen.

Aus dem Beschluss lassen sich folgende praxisrelevanten Aspekte herausfiltern:

  • Es ist nach Ansicht des BFH schon unklar, weshalb der Ausweis der Grundstücke im Anlagevermögen eines Unternehmens eine bindende Wirkung für eine künftige dauerhafte Nutzung der Grundstücke entfalten soll. Denn durch eine solche Buchung ist keine Veräußerung innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs mit dem Erwerb auszuschließen, weil diese Option weiterhin jederzeit frei und unbeschränkt möglich ist.
  • Dass umfangreicher Grundbesitz im Privatvermögen gehalten wird, kann nicht als Indiz gegen eine bedingte Veräußerungsabsicht gewertet werden.
  • Grundsätzlich müssen bei der Prüfung der Frage, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, alle Veräußerungen innerhalb des üblichen Fünfjahreszeitraums einbezogen werden. Die von der Verwaltung zum gewerblichen Grundstückshandel genannte Höchstfrist von zehn Jahren bezieht sich auf Fallgestaltungen, in denen zwischen Erwerb und Veräußerung zwar mehr als fünf Jahre liegen, aber aufgrund weiterer Umstände auf eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht geschlossen werden kann. Somit können die zwischen fünf und zehn Jahren veräußerten Objekte nur mitgerechnet werden, wenn weitere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass im Zeitpunkt der Errichtung, des Erwerbs oder der Modernisierung eine Veräußerungsabsicht vorgelegen hat. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Branchenkundiger innerhalb von fünf Jahren zwar weniger als vier, danach aber in relativ kurzer Zeit planmäßig weitere Objekte veräußert.
  • Bei der Bestimmung der Anzahl der veräußerten Grundstücke im Sinne der Drei-Objekt-Grenze sind auch die früheren Verkäufe in abgelaufenen Veranlagungszeiträumen zu berücksichtigen, selbst wenn hierfür keine verfahrensrechtliche Möglichkeit zum Erlass von Änderungsbescheiden mehr besteht. Denn erst die vierte Veräußerung lässt die Betätigung im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung als gewerbliche Aktivität erscheinen. Hierbei sind ebenfalls die Verhältnisse in der Vergangenheit einzubeziehen.
  • Die vierte Veräußerung stellt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne der Abgabenordnung dar.
  • Allein die Branchennähe eines Steuerpflichtigen rechtfertigt es im Regelfall nicht, davon auszugehen, dass eine Veräußerungsabsicht von Anfang an bestanden hat, selbst wenn die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten wurde. Bei einem Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze kann eine solche Branchennähe jedoch eine geringfügige Ausdehnung des Fünfjahresregelzeitraums rechtfertigen.

Hinweis: Wird im Nachhinein - in der Praxis oftmals erst im Rahmen der Betriebsprüfung - der schädliche Verkauf des vierten Objekts festgestellt und kommt es hierdurch rückwirkend ab dem ersten Objekt zu einem gewerblichen Grundstückshandel, können bestandskräftige Steuerbescheide für die Vorjahre noch berichtigt werden, in denen es um die ersten drei Immobilien geht. Es handelt sich zwar nicht um ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung, die Informationen über den vierten Verkauf, dessen Zeitpunkt und die erfolgte Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze stellen jedoch neue Tatsachen dar, die eine Änderung zuungunsten der betroffenen Hausverkäufer rechtfertigen.

Praxishinweis

Im zweiten sich unmittelbar anschließenden Fall hat der BFH klargestellt, dass ein ungeteiltes Grundstück mit fünf freistehenden Mehrfamilienhäusern im Sinne der Drei-Objekt-Grenze nur einfach zählt. Gleiches gilt, wenn eine gesamte Häuserzeile oder mehrere Gewerbehallen oder Bürogebäude veräußert werden, sofern sie nur auf einem Grundstück liegen.

Als selbständiges Objekt gilt grundsätzlich jede allein veräußerbare und nutzbare Immobilie - unabhängig von Größe, Wert und anderen Umständen - als räumlich abgegrenzter Teil, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes unter einer besonderen Nummer gebucht ist. Die Objekte werden dort nach dem Liegenschaftskataster benannt. In Abgrenzung zu diesem Grundbuchgrundstück wird der Begriff Flurstück im Vermessungs- und Katasterwesen verwendet. Ein Grundbuchgrundstück kann aus mehreren Flurstücken bestehen, nicht aber umgekehrt. Davon ausgehend können mehrere Gebäude auf einem ungeteilten Grundbuchgrundstück nicht als selbständige Objekte angesehen werden. So ist beispielsweise die Teilung eines mit zwei Doppelhaushälften bebauten Grundstücks Voraussetzung für das Entstehen selbständiger Objekte.

BFH, Beschl. v. 05.05.2011 - X B 149/10
BFH, Urt. v. 05.05.2011 - IV R 34/08

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 20.07.11