Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

Keine Fristverlängerung für Jahressteuererklärungen ohne Teilnahme am Kontingentierungsverfahren

Nimmt ein Steuerberater nicht am sog. Kontingentierungsverfahren teil, kann er nur mit guter Begründung eine Fristverlängerung für die Abgabe der Jahressteuererklärungen seiner Mandanten über Silvester des Folgejahres hinaus beanspruchen. Dies ist der Tenor eines aktuellen Urteils des FG Münster. Ohne die Teilnahme am Kontingentierungsverfahren gibt es keine besondere Fristverlängerung, etwa wenn der Berater erhöhte Arbeitsbelastung geltend macht.

Hintergrund für den dem Urteil vorausgegangenen Streit ist das kaum bekannte Kontingentierungsverfahren, das es in einigen Bundesländern, u.a. in Nordrhein-Westfalen, gibt.

Hierbei dürfen von Steuerberatern eingereichte Erklärungen - nicht wie allgemein üblich bis spätestens Silvester des Folgejahres - bis zu einer Höchstgrenze von 25 % Gesamtmenge der abzugebenden Jahressteuererklärungen ohne begründeten Fristverlängerungsantrag bis zum 28.02. des Zweitfolgejahres übersandt werden. Für den Veranlagungszeitraum 2011 wäre das also bis zum 28.02.2013. Das Kontingentierungsverfahren ist in einem Ministerialerlass geregelt.

Im jetzt entschiedenen Urteilsfall beantragte der Steuerberater für die Abgabe der Steuererklärungen 2010 Fristverlängerung bis Ende Februar 2012 und begründete dies mit erhöhter Arbeitsbelastung aufgrund der steigenden Anzahl von Prüfungen durch Sozialkasse, Finanzamt und Berufsgenossenschaft. Da er aber am Kontingentierungsverfahren nicht teilnahm, versagte das Finanzamt diese Fristverlängerung. Die Ablehnung erfolgte ohne Ermessensfehler, betonten die Richter. Das Finanzamt hat eine Fristverlängerung über den Ablauf des Folgejahres hinaus nur aufgrund begründeter Einzelanträge zuzulassen.

Das vom Berater geltend gemachte Argument der erhöhten Arbeitsbelastung ist nicht einzelfallbezogen, weil die steigende Anzahl von Prüfungen die gesamte Beraterschaft betrifft. Eine besondere Begünstigung ist aber nur für diejenigen Mandanten gerechtfertigt, deren Steuerberater am Kontingentierungsverfahren teilnehmen. Denn die Berater lassen sich auf bestimmte Verfahrensregeln ein. Wer dies nicht möchte, kann auch die Vorteile dieses Verfahrens nicht in Anspruch nehmen.

Das Kontingentierungsverfahren ist noch in der Pilotphase; es sieht folgende Einzelschritte per Verwaltungsanweisung vor:

  • Der Steuerberater reicht bis zum 30.09. des Folgejahres 40 % der Erklärungen seiner Mandantschaft ein. Bis Silvester folgen dann weitere 35 %, so dass drei Viertel erreicht sind. Der restliche Teil folgt dann bis 28./29.02. des Zweitjahres. Dann sollten 100 % der zu erstellenden Steuererklärungen vorliegen.
  • Für Berater, die nicht an dem Verfahren teilnehmen, läuft die Abgabefrist bis Silvester des Folgejahres. Sie kann nur bei begründetem Einzelantrag bis Ende Februar des Zweitfolgejahres verlängert werden.
  • Voraussetzung für die freiwillige Teilnahme am Kontingentierungsverfahren ist, dass der Steuerberater seiner zuständigen OFD eine Liste der eigenen Mandanten mit deren Steuernummern übersendet. Die OFD erfasst die teilnehmenden Steuerberater mit deren Beraternummern im Rechenzentrum. Die Teilnehmerliste ist im landesweiten verwaltungsinternen Intranet eingestellt.
  • Das Rechenzentrum übermittelt der OFD zu den Stichtagen Ende September, Dezember und Februar jeweils am 15. des Folgemonats eine beraterbezogene Auswertung darüber, inwieweit die teilnehmenden Steuerberater die jeweils vorgegebenen Kontingente erfüllt haben. Die OFD informiert die teilnehmenden Steuerberater zum jeweiligen Stichtag über die erreichten Quoten.
  • Während der Teilnahme am Kontingentierungsverfahren erhalten Steuerberater keine Erinnerungen für noch ausstehende Jahressteuererklärungen; sie müssen sich also selbst um die Einhaltung der Quoten kümmern. 
  • Die Finanzämter sehen von Schätzungen sowie Verspätungszuschlägen bis zum 28.02. des Zweitfolgejahres landesweit ab. Vorweganforderungen sind jedoch - wie in den übrigen Fällen - möglich.
  • Erfüllt ein teilnehmender Steuerberater zu einem der Stichtage das entsprechende Kontingent nicht, wird er nach Anhörung von der OFD für den jeweiligen Veranlagungszeitraum vom Verfahren ausgeschlossen. Als Folge gilt - ggf. mit rückwirkender Anwendung - der Fristenerlass für sämtliche von dem Steuerberater zu erstellenden und noch ausstehenden Jahressteuererklärungen.

Praxishinweis

Auch wenn die derzeit laufende Initiative der Finanzverwaltung zur Verbesserung des Erklärungseingangs und zur Lösung der Fristenproblematik durch das Kontingentierungsverfahren dienen soll, bleibt es dabei, dass das Finanzamt die Abgabe der Steuererklärungen weiterhin - etwa bei hohen Abschlusszahlungen - vorweg anfordern kann.

Die am Kontingentierungsverfahren teilnehmenden Steuerberater müssen der OFD eine Liste ihrer Mandanten mit aktuellen Steuernummern nach einem von der Finanzverwaltung vorgegebenen Format elektronisch als Excel-Datei per E-Mail übersenden. Die Offenlegung der Mandatsverhältnisse steht der beruflichen Verschwiegenheitspflicht nicht entgegen, da die Mitarbeiter der Finanzverwaltung das Steuergeheimnis ebenfalls beachten müssen. Anderenfalls drohen die im StGB vorgesehenen Sanktionen. Daher gibt es keinen Datenmissbrauch; entsprechende pauschale Befürchtungen sind haltlos, meinte jüngst das FG Düsseldorf.

Aus den bisherigen Auswertungen ergibt sich, dass zum 31.12. der Erstfolgejahre und auch zum 28.02. der Zweitfolgejahre ein erheblicher Teil der Erklärungen noch nicht bei den Finanzämtern eingegangen war. Das Finanzministerium NRW hat sich deshalb entschlossen, die bisherige Praxis der Gewährung von Fristverlängerungen für die Abgabe von Steuererklärungen sowie der Festsetzung von Verspätungszuschlägen zu vereinheitlichen und zu straffen.

FG Münster, Urt. v. 18.07.2012 - 12 K 553/12 Kg
FG Düsseldorf, Urt. v. 15.03.2012 - 12 K 509/12 AO
FG Düsseldorf, Urt. v. 29.07.2011 - 12 K 2461/11 AO
FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlass v. 30.11.2010 - S-0320 - 1/6 - V A 2
OFD Rheinland, Vfg. v. 25.01.2011 - S-2319 - 1001 - St 10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 04.12.12