matttilda © fotolia.de

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Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag 2012: Achten Sie auf die Neuerungen!

Die Zeit der Lohnsteuerkarte ist abgelaufen: Im Oktober dieses Jahres gab es bereits zum zweiten Mal keine Post mehr von der Gemeinde. Künftig sind die für die Berechnung der Lohnsteuer benötigten Informationen in der Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern hinterlegt. Diese persönlichen Elektronischen LohnSteuerAbzugsMerkmale (ELStAM) kann der Arbeitgeber elektronisch abrufen.

Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 und das Gesetz zur Umsetzung der EU-Beitreibungsrichtlinie ergeben sich zahlreiche Änderungen. Die OFD Münster weist jetzt auf zwölf Punkte aus beiden Gesetzen hin, die beim Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag bereits beachtet werden müssen:

  1. Begünstigte Kinder über 18 werden ab 2012 unabhängig von der Höhe ihrer eigenen Einkünfte und Bezüge berücksichtigt, wenn sie noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und sich in Berufsausbildung befinden, diese aber mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können, oder wenn sie einen Freiwilligendienst leisten.
  2. Nach dem EU-Beitreibungsrichtlinien-Gesetz sind auch Kinder zu berücksichtigen, die Internationalen Jugendfreiwilligendienst oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten. Diese Neuregelung ist erst nach Inkrafttreten des EU-Beitreibungsrichtlinien-Gesetzes möglich.
  3. Volljährige Kinder können für Zwecke der ELStAM für mehrere Jahre berücksichtigt werden, wenn zu erwarten ist, dass sich die Verhältnisse nicht ändern, z.B. weil sich das Kind in einer mehrjährigen erstmaligen Berufsausbildung befindet. Auch diese Neuregelung ist erst nach Inkrafttreten des EU-Beitreibungsrichtlinien-Gesetzes möglich.
  4. Ab 2012 kann ein Elternteil die Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden Kinderfreibetrags auch dann beantragen, wenn der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Eine Übertragung des Kinderfreibetrags ist für die Zeiträume nicht mehr möglich, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.
  5. Die Übertragung des Kinderfreibetrags auf einen Großelternteil ist ab 2012 auch möglich, wenn das Kind zwar nicht zum Haushalt des Großelternteils gehört, diesen aber - z.B. mangels Leistungsfähigkeit der Elternteile - eine konkrete Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Enkelkind trifft.
  6. Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene können wie bisher für mehrere Kalenderjahre berücksichtigt werden. Stehen die Freibeträge dem Kind bzw. Ehegatten zu und werden sie auf eine andere Person übertragen, ist eine mehrjährige Speicherung aus technischen Gründen derzeit noch nicht möglich. Die betroffenen Fälle müssen daher auf Wiedervorlage genommen werden.
  7. Bisher ist die Prüfung, inwieweit die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel die Entfernungspauschale übersteigen, für jeden Arbeitstag gesondert durchzuführen. Ab 2012 entfällt diese tageweise Prüfung. Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel werden nur noch als Werbungskosten abgezogen, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. 
  8. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wurde schon ab 2011 auf 1.000 € erhöht. 
  9. Ab 2012 werden die Kosten für die Betreuung eines zum Haushalt gehörenden Kindes unter 14 unabhängig davon, ob sie erwerbsbedingt anfallen oder nicht, als Sonderausgaben berücksichtigt.
  10. Bei Unterhaltsleistungen an Angehörige im Ausland ergeben sich nach einem aktuellen BMF-Schreiben bei der Ländergruppeneinteilung ab 2012 Änderungen bei einigen Staaten.
  11. Ab 2012 wird der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs für ein volljähriges Kind in Berufsausbildung, das auswärtig untergebracht ist, unabhängig von der Höhe der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes gewährt. Auch Ausbildungshilfen, die das Kind aus öffentlichen Mitteln bezieht, und Zuschüsse von Fördereinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, mindern den Freibetrag nicht mehr.
  12. Die Regelungen zum Nachweis der Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen im Krankheitsfall werden gesetzlich festgeschrieben. Dies ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

Praxishinweis

Bundesweit informiert die Finanzverwaltung derzeit Arbeitnehmer über ihre zum 01.01.2012 gültigen Elektronischen LohnSteuerAbzugsMerkmale wie Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Kirchensteuermerkmal und Freibeträge, soweit diese in der Datenbank der Finanzverwaltung gespeichert sind und dem Arbeitgeber in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden. Die Finanzämter sind gesetzlich verpflichtet, die Arbeitnehmer noch vor 2012 über ihre erstmals gebildeten ELStAM zu informieren. Die Schreiben müssen nicht an den Arbeitgeber weitergeleitet werden.

Der Inhalt der Schreiben basiert auf dem Datenbestand vom 16.09.2011. Anträge auf Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale (z.B. Steuerklassenwechsel, Antrag als Alleinerziehender auf die Steuerklasse II, Berücksichtigung weiterer Kinder für den Lohnsteuerabzug, Antrag auf weitere Freibeträge wie z.B. Werbungskosten oder Sonderausgaben), die nach diesem Zeitpunkt gestellt oder bearbeitet wurden, sind in die Schreiben nicht mehr eingeflossen. Sie sind jedoch in der zentralen Datenbank berücksichtigt.

Im Gegensatz zum Jahreswechsel 2010/2011 werden vorhandene Freibeträge nicht automatisch für 2012 berücksichtigt. Freibeträge, beispielsweise für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Reisekosten oder doppelte Haushaltsführung, sollten daher bis zum Jahresende über den Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag bei den Finanzämtern neu beantragt werden, damit sie ab Januar 2012 bei der Lohnabrechnung berücksichtigt werden können.

OFD Münster, Kurzinfo ESt 30/2011 v. 11.10.2011
BMF-Schreiben v. 04.10.2011 - IV C 4 - S-2285/07/0005 :005
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG), BT-Drucks. 17/6263 v. 22.06.2011
Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011 v. 21.09.2011, BT-Drucks. 17/7025

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 26.10.11