Andreas Klein © fotolia.de

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Lohnsteuerliche Behandlung der Übernahme von Gebühren für ein berufsbegleitendes Studium

Grundsätzlich gehören auch vom Arbeitgeber übernommene Gebühren für ein berufsbegleitendes Studium des Arbeitnehmers zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles Dienstverhältnis veranlasst sind. Doch oftmals unterstellt der Fiskus hierbei ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers. Die übernommenen Studiengebühren haben dann keinen steuerpflichtigen Arbeitslohncharakter, worauf die OFD Frankfurt in einer aktuellen Verfügung hinweist. Dabei sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden.

Ausbildungsdienstverhältnis

Ein berufsbegleitendes Studium findet im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses ist. Voraussetzung ist, dass die Teilnahme an dem berufsbegleitenden Studium zu den Pflichten des Arbeitnehmers gehört. Im Gegensatz hierzu findet das berufsbegleitende Studium insbesondere dann nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt,

  • wenn es nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, auch wenn das Studium seitens des Arbeitgebers z.B. über ein Stipendium gefördert wird, oder 
  • wenn Teilzeitbeschäftigte ohne arbeitsvertragliche Verpflichtung ein berufsbegleitendes Studium absolvieren und das Arbeitsverhältnis lediglich das Studium ermöglicht.

Schuldner der Studiengebühren

Ist der Arbeitgeber im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses Schuldner der Studiengebühren, wird ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse unterstellt und steuerrechtlich kein Vorteil mit Arbeitslohncharakter angenommen. So sind auch Studiengebühren kein Arbeitslohn, die der Arbeitgeber bei einer im dualen System durchgeführten Ausbildung aufgrund einer Vereinbarung mit der Bildungseinrichtung als unmittelbarer Schuldner trägt.

Ist der Arbeitnehmer Schuldner und übernimmt der Arbeitgeber die Studiengebühren, wird ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers unterstellt und steuerrechtlich kein Vorteil mit Arbeitslohncharakter angenommen, wenn

  • sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichtet und
  • der Arbeitgeber die übernommenen Studiengebühren vom Arbeitnehmer zurückfordern kann, sofern dieser das ausbildende Unternehmen auf eigenen Wunsch innerhalb von zwei Jahren nach Studienabschluss verlässt.

Ein eigenbetriebliches Interesse wird auch dann angenommen, wenn der Arbeitgeber die übernommenen Studiengebühren nur zeitanteilig zurückfordern kann.

Scheidet der Arbeitnehmer zwar auf eigenen Wunsch aus, fällt der Grund des Ausscheidens aber allein in die Verantwortungs- oder Risikosphäre des Arbeitgebers, genügt die Vereinbarung der Rückzahlungsverpflichtung für die Annahme eines eigenbetrieblichen Interesses - z.B. Arbeitsort entfällt, Arbeitgeber schließt Standort, Arbeitnehmer nimmt Angebot eines Ausweicharbeitsplatzes nicht an.

Berufliche Fort- und Weiterbildungsleistung

Ein berufsbegleitendes Studium kann als Fort- und Weiterbildungsleistung des Arbeitgebers anzusehen sein, wenn es die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb erhöhen soll. Dann führt die Übernahme von Studiengebühren nicht zu Arbeitslohn, da ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse angenommen wird. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer Schuldner der Studiengebühren ist.

Übernahme von Studienkosten durch ein Darlehen

Vergibt der Arbeitgeber ein Darlehen zu marktüblichen Vereinbarungen über Verzinsung, Kündigung und Rückzahlung, führt weder die Hingabe noch die Rückzahlung der Mittel zu lohnsteuerlichen Folgen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so stellt etwa der (Teil-)Erlass des Darlehens einen steuerpflichtigen Vorteil für den Arbeitnehmer dar. Gleiches gilt für einen Zinsvorteil. Arbeitslohn fließt beim Erlass in dem Zeitpunkt des Verzichts vom Arbeitgeber zu.

Praxishinweis

Aus Vereinfachungsgründen beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die lohnsteuerliche Beurteilung nach folgendem Prüfschema vorgenommen wird:

  1. Liegt eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium als Erstausbildung außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses i.S.v. § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG vor?
    • Wenn ja: Es liegen weder Werbungskosten des Arbeitnehmers noch ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vor. Die Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn.
    • Wenn nein: Ist keine berufliche Veranlassung gegeben, liegen weder Werbungskosten des Arbeitnehmers noch ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vor. Die Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn. 
  2. Sind die rechtlichen Voraussetzungen wie etwa die Rückzahlungsbedingungen erfüllt?
    • Wenn nein: Es liegen Werbungskosten des Arbeitnehmers, aber kein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vor. Die Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn.
    • Wenn ja: Es liegt eine Leistung des Arbeitgebers im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse vor. Die Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber führt nicht zu Arbeitslohn.

Beachten Sie: Nach einem in der vergangenen Woche vom FG Düsseldorf veröffentlichten Urteil sind Fahrten zum Sitz des Ausbildungsträgers als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu behandeln, wenn sie im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses erfolgen. Als Folge daraus erhalten Azubis nur die Entfernungspauschale.

OFD Frankfurt, Vfg. v. 20.08.2012 - S-2332 A - 63 - St 211
BMF-Schreiben v. 13.04.2012 - IV C 5 - S-2332/07/0001, BStBl 2012 I 531
BMF-Schreiben v. 01.10.2008 - IV C 5 - S-2334/07/0009, BStBl 2008 I 892
FG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2012 - 14 K 1173/11 Kg

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 20.11.12