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Neuregelung der Besteuerung von Erstattungszinsen

Erhalten Steuerpflichtige vom Finanzamt eine Steuererstattung oder müssen sie eine Nachzahlung leisten, wird dieser Betrag zu ihren Gunsten oder Lasten verzinst, wobei der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist. Für die Einkommensteuer 2009 ist diese Berechnung danach ab dem 01.04.2011 angelaufen. Nach früherer Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung waren Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig, obwohl auf der anderen Seite Nachzahlungszinsen seit 1999 nicht mehr als Sonderausgaben absetzbar waren.

Mitte 2010 hat der BFH seine Rechtsprechung zu Erstattungszinsen geändert und entschieden, dass Steuerzinsen generell nicht steuerbar sind. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 erfolgte eine „gesetzliche Klarstellung“ und Festschreibung der früheren Rechtsprechung, wonach Erstattungszinsen rückwirkend in allen offenen Fällen zu den Einkünften aus sonstigen Kapitalforderungen gehören. Damit unterliegen sie seit 2009 der Abgeltungsteuer. Nachzahlungszinsen, die vom Steuerpflichtigen an das Finanzamt zu zahlen sind, können nach wie vor als private Schuldzinsen steuerlich nicht geltend gemacht werden.

Das Bayerische LfSt erläutert jetzt die Anwendungsregeln aufgrund der Gesetzesänderung, sofern es sich bei den Erstattungszinsen nicht um Betriebseinnahmen handelt:

  • Werden Erstattungszinsen festgesetzt, so sind diese im Zeitpunkt des Zuflusses als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen - in der Regel bei Gutschrift auf dem eigenen Konto.
  • Kommt es anschließend zu einer Änderung des Steuerbescheids zugunsten des Finanzamts und damit zu einer Rückzahlung zuvor festgesetzter Erstattungszinsen, handelt es sich insoweit wie bei realisierten Kursverlusten um negative Kapitaleinnahmen, die im Zeitpunkt des Abflusses (Überweisung) mindernd zu berücksichtigen sind. 
  • Entsprechend werden auch Rückzahlungen von beglichenen Nachzahlungszinsen beurteilt. Da sie zu den nicht abziehbaren Aufwendungen gehören, liegen bei einer Rückzahlung vom Finanzamt keine steuerpflichtigen Kapitaleinnahmen vor. Es handelt sich vielmehr um die Minderung zuvor festgesetzter Nachzahlungszinsen. 
  • Werden Nachzahlungszinsen erstattet, die noch bis 1998 als Sonderausgaben abgezogen werden durften, führt dies zu einer Berichtigung des entsprechenden ehemaligen Einkommensteuerbescheids. Da insoweit ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung vorliegt, darf diese auch bei bestandskräftigen Bescheiden noch erfolgen. Die Festsetzungsfrist beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eingetreten ist. Insoweit lassen sich auch die alten Sachverhalte noch berücksichtigen.
  • Beruhen Erstattungs- und Nachzahlungszinsen auf ein- und demselben Ereignis, ist zu differenzieren, wie das nachfolgende Beispiel zeigen soll:

Beispiel: Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 15.10.2009 enthält eine Nachzahlung von 200.000 € und Nachzahlungszinsen von 6.000 €. Der Änderungsbescheid vom 22.01.2010 bringt eine Erstattung von 220.000 € und Erstattungszinsen von 3.900 €. Aufgrund der zuvor bezahlten Nachzahlungszinsen von 6.000 € zahlt das Finanzamt insgesamt 9.900 € Zinsen aus. Bei dem Erstattungsbetrag handelt es sich in Höhe von 3.900 € um Erstattungszinsen (negative Kapitaleinnahmen), der darüber hinausgehende Betrag von 6.000 € stellt eine Rückerstattung von im Jahr 2009 entrichteten Nachzahlungszinsen dar und zählt nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Praxishinweis

Steuerzahler, die sich auf die für sie günstige BFH-Rechtsprechung berufen wollen, müssen zunächst ihre erhaltenen Erstattungszinsen in der Zeile 21 der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung angeben. Im Anschluss warten sie den Steuerbescheid mit den als Kapitaleinnahmen erfassten Erstattungszinsen ab und können hiergegen Einspruch einlegen. Mit Verweis auf die beim BFH bereits anhängigen Revisionen können Rechtsbehelfe dann ruhend gestellt und der Sachverhalt insoweit offen gehalten werden.

Es ist davon auszugehen, dass der BFH seine erst vor gut einem Jahr geäußerte Ansicht in den Revisionsverfahren bestätigen wird und damit nicht der Gesetzesbegründung folgt, die lediglich eine klarstellende Definition enthält.

Bayerisches LfSt, Vfg. v. 08.09.2011 - S 2252.1.1-6/4 St32
BFH, Urt. v. 15.06.2010 - VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503
FG Münster, Urt. v. 16.12.2010 - 5 K 3626/03 E, Rev. BFH: VIII R 1/11
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 29.01.2010 - 10 K 2720/09, Rev. BFH: VIII R 36/10

 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 21.09.11