Klaus Eppele © fotolia.de

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Pendlerpauschale: BFH urteilt zur offensichtlich verkehrsgünstigeren Verbindung

Ausgehend von der Entscheidung des BVerfG von Ende 2008, wonach die Kürzung der Pendlerpauschale um die ersten 20 km verfassungswidrig war, brachte das Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale wieder den Ansatz der Fahrten ab dem ersten Kilometer als Werbungskosten oder Betriebsausgaben und zusätzlich die Möglichkeit, den Aufwand für Fahrkarten und Unfälle zu berücksichtigen. Mit der Entfernungspauschale für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte und für Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung sind weiterhin sämtliche Aufwendungen wie Parkgebühren und Benzinkosten abgegolten.

Wie auch schon in der Vergangenheit ist für die Bestimmung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die auf volle Kilometer abgerundete kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Dies gilt unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel, also auch bei davon abweichenden längeren oder kürzeren Fahrten mit Zug, Bus oder Bahn sowie bei der Wegstrecke zu Fuß und mit dem Rad. Auch die zusätzlichen Abholfahrten von Kollegen im Rahmen einer Fahrgemeinschaft zählen nicht separat.

Alternativ darf jedoch die offensichtlich verkehrsgünstigere und regelmäßig genutzte Umwegstrecke über die Straße geltend gemacht werden, wenn dies das Pendeln zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeits- oder Betriebsstätte einfacher, stressfreier und vor allem zeitlich kürzer macht. Im Rahmen der Bestimmung der kürzesten Straßenverbindung ist grundsätzlich auch eine Fährverbindung einzubeziehen, betont aktuell der BFH. Spezifische Besonderheiten können bei Überquerung des Wassers jedoch dazu führen, dass eine längere Straßenverbindung als offensichtlich verkehrsgünstiger anzusehen ist.

Hinweis: Generell ist diese Regelung für den Fährbetrieb nachteilig, wenn der Pendler eine Schiffsverbindung nutzt, um einen größeren Umweg über die Brücke zu vermeiden. Denn dann ist die kürzere Strecke - minus die Kilometer der Wasserentfernung plus Fahrkarte - für die Fähre absetzbar und nicht der Umweg über die Autobahn. Beträgt die Fahrt zur Arbeitsstätte über die nächstgelegene Brücke beispielsweise 56 km und bei Benutzung der Autofähre nur 41 km, gibt es die Entfernungspauschale nur für 12,30 € (41 x 0,30) pro Tag statt 16,80 €. Das macht aufs Jahr hochgerechnet 1.035 € weniger an Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Insoweit kann es sinnvoll sein, die Wahl der längeren Straßenverbindung plausibel zu machen. Hierzu gibt der BFH in einem aktuellen Urteil Argumente an die Hand.

Bei der Wahl für oder gegen eine Fährverbindung sind folgende Umstände zu berücksichtigen:

  • lange Wartezeiten vor der Überfahrt,
  • häufig auftretende technische Schwierigkeiten wie Motorenschäden oder
  • Auswirkungen der Witterungsbedingungen auf den Fährbetrieb, etwa durch Nebel, Hoch- oder Niedrigwasser.

Führen solche oder vergleichbare äußere Umstände dazu, dass sich der Berufspendler auf den Fährbetrieb im Rahmen der Planung seiner Arbeitszeiten und Geschäftstermine nicht mehr verlassen kann, ist dies im Rahmen der steuerlichen Beurteilung zu berücksichtigen. Der längere Weg über die Autobahnbrücke kann der verkehrsgünstigere - mit höherer Pauschale - sein.

Hierzu sind aber folgende Ermittlungen anzustellen und Fragen zu stellen:

  • An wie vielen Tagen wird die gewählte Fahrtstrecke tatsächlich zurückgelegt?
  • Wie sind die Verkehrsverhältnisse beider Alternativstrecken?
  • Sind die Nachteile der Fährverbindung im Einzelfall ausreichend genug, um diese nicht zu nutzen?

Auf der Grundlage der Antworten kann dann beurteilt werden, ob die längere Fahrtstrecke als offensichtlich verkehrsgünstiger anzusehen ist.

Praxishinweis

Der BFH betont, dass insbesondere nicht nur auf die 20-minütige Zeitersparnis abgestellt werden kann. Denn entsprechend dem Sinn und Zweck der steuerlichen Regelung ist nur die zumutbare Fährverbindung in die Entfernungsbestimmung einzubeziehen. "Offensichtlich verkehrsgünstiger" als die kürzeste Straßenverbindung ist eine Verbindung landläufig bei einer Zeitersparnis. Konkrete zeitliche Vorgaben müssen jedoch dazu nicht erfüllt sein und es kann nicht in jedem Fall eine Zeitersparnis von 20 Minuten gefordert werden. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Das Merkmal „verkehrsgünstig" beinhaltet nämlich auch andere Umstände als eine Zeitersparnis. Aus diesem Grund kann eine längere Straßenverbindung auch dann offensichtlich verkehrsgünstiger sein als die kürzeste Verbindung über Fluss oder See, wenn sich dies aus den Besonderheiten des Einzelfalls ergibt. Wer also dauernd Ärger mit dem Fährbetrieb hat, kann durchaus mehr Kilometer geltend machen.

BFH, Urt. v. 19.04.2012 - VI R 53/11
BVerfG, Urt. v. 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08
BMF-Schreiben v. 31.08.2009 - IV C 5 - S-2351/09/10002, BStBl 2009 I 891

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 28.08.12