Klaus Eppele © fotolia.de

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Pendlerpauschale: BMF veröffentlicht neuen Anwendungserlass

Pendeln Berufstätige abwechselnd mit Bahn und Pkw zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wird nur noch jahresbezogen geprüft, ob die Entfernungspauschale oder die Summe der Fahrpreise höher ist. Damit können Pendler nicht mehr wie bis 2011 pro Tag den jeweils höheren Abzug von Ticketpreis oder Pauschale geltend machen.

Die Pendlerpauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits- bzw. Betriebsstätte bei Arbeitnehmern oder Selbständigen berücksichtigt zwar auch weiterhin Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel, wenn diese über der Pauschale liegen. Pendeln Berufstätige jedoch witterungsbedingt abwechselnd mit der Bahn und dem Pkw zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, regelt das Steuervereinfachungsgesetz 2011, dass ab 2012 jahresbezogen geprüft wird, ob die Pauschale oder die Summe der tatsächlichen Fahrpreise höher und dann anzusetzen ist. Damit können Berufspendler nicht mehr wie bis 2011 pro Tag den jeweils höheren Betrag als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen; im Ergebnis lässt sich oft weniger absetzen.

Die Verwaltung hat jetzt rechtzeitig vor der Erstellung der Steuererklärungen für 2012 einen neuen Anwendungserlass zur Entfernungspauschale veröffentlicht, der den bisherigen komplett ersetzt. Hiernach können aufgrund der Gesetzesänderung Aufwendungen für die Benutzung von Bus und Bahn angesetzt werden, wenn sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag überschreiten. Die tageweise Prüfung ist ausgeschlossen.

Hintergrund

Die Entfernungspauschale ist auf einen Höchstbetrag von 4.500 € im Kalenderjahr begrenzt. Diese Begrenzung gilt nicht für Fahrten mit einem eigenen bzw. zur Nutzung überlassenen Pkw oder soweit die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Entfernungspauschale übersteigen. Nach einem BFH-Urteil aus 2005 war die Prüfung, inwieweit die tatsächlichen Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel die Entfernungspauschale übersteigen, tageweise vorzunehmen. Wie bei dieser tageweisen Günstigerprüfung die Begrenzung der Entfernungspauschale auf den Jahreshöchstbetrag von 4.500 € im Einzelnen zu berücksichtigen war, ergab sich unmittelbar weder aus dem Gesetz noch aus dem BFH-Urteil. Die Finanzverwaltung entwickelte daher einen komplexen Berechnungsmodus, um die tageweise Günstigerprüfung mit anschließender jahresbezogener Begrenzung der Entfernungspauschale auf den Höchstbetrag von 4.500 € zu ermöglichen.

Mit einer gesetzlichen Ergänzung wird daher nun geregelt, dass auch die Vergleichsrechnung zwischen Entfernungspauschale und den tatsächlich entstandenen Kosten für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln (entsprechend der Begrenzung der Entfernungspauschale auf 4.500 €) jahresbezogen vorzunehmen ist. Damit wird die tageweise Prüfung, inwieweit die tatsächlichen Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel die Entfernungspauschale übersteigen, ausgeschlossen, nicht aber die Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel generell. Dies vereinfacht die Berechnung der Entfernungspauschale in allen Fällen, in denen die Steuerpflichtigen ganz oder teilweise öffentliche Verkehrsmittel nutzen, kann aber im Gegenzug zu weniger Abzugspotential führen. Die Neuregelung trat zum 01.01.2012 in Kraft.

Inhalte des neuen BMF-Schreibens

Der neue Anwendungserlass enthält ausführliche Erläuterungen zu bekannten und jetzt geänderten Regelungen sowie eine Reihe von Beispielen zur praktischen Umsetzung. Das Schreiben berücksichtigt die aktuelle Rechtsprechung des BFH und ist mit Wirkung ab Neujahr 2012 anzuwenden. Der bisherige Anwendungserlass zu den Entfernungspauschalen ab 2007 wird aufgehoben.

Die Entfernungspauschale wird grundsätzlich unabhängig vom Verkehrsmittel gewährt; es kommt nicht auf die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen (mit Ausnahme der Unfallkosten als außergewöhnliche Aufwendungen) an. Die Entfernungspauschale wird auch bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt, wenn die Aufwendungen den im Jahr insgesamt als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag übersteigen. Diese Differenz kann zusätzlich angesetzt werden.

Für die Bestimmung der Entfernungspauschale ist unabhängig vom Verkehrsmittel die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Dabei kann bei Kfz-Benutzung eine andere als die kürzeste Straßenverbindung zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird. Eine mögliche, aber nicht tatsächlich benutzte Straßenverbindung gilt bei der Berechnung der Entfernungspauschale allerdings nicht. Eine von der kürzesten Straßenverbindung abweichende Strecke ist verkehrsgünstiger, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte - trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen - i.d.R. schneller und pünktlicher erreicht. Dabei ist eine Fährverbindung - sowohl bei der Ermittlung der kürzesten Straßenverbindung als auch bei der Ermittlung der verkehrsgünstigsten Straßenverbindung - einzubeziehen, soweit sie zumutbar erscheint und wirtschaftlich sinnvoll ist.

Behinderte Menschen können für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte anstelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen ansetzen, beim privaten Fahrzeug die Fahrtkosten ohne Einzelnachweis mit den pauschalen Kilometersätzen. Werden die Wege mit verschiedenen Verkehrsmitteln zurückgelegt, kann das Wahlrecht (Entfernungspauschale oder tatsächliche Kosten) für zurückgelegte Teilstrecken nur einheitlich ausgeübt werden.

Praxishinweis

Zunächst fünf Hinweise:

  1. Die Entfernungspauschale gilt bei Flügen nur für die An- und Abfahrten zu und von Flughäfen; für Flugstrecken sind die tatsächlichen Aufwendungen anzusetzen.
  2. Bei der Fahrgemeinschaft ist bei jedem Teilnehmer die Entfernungspauschale entsprechend der für ihn maßgebenden Entfernungsstrecke anzusetzen. Umwege zum Abholen von Mitfahrern sind nicht in die Entfernungsermittlung einzubeziehen.
  3. Der Höchstbetrag für die Entfernungspauschale von 4.500 € greift auch bei einer wechselseitigen Fahrgemeinschaft, und zwar für die Mitfahrer an den Arbeitstagen, an denen sie ihren Kraftwagen nicht einsetzen.
  4. Setzt bei einer Fahrgemeinschaft nur ein Teilnehmer seinen Kraftwagen ein, kann er die Entfernungspauschale ohne Begrenzung auf den Höchstbetrag von 4.500 € für seine Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte geltend machen.
  5. Auf die Entfernungspauschale für Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung sind die Regelungen entsprechend anzuwenden. Die Begrenzung auf den Höchstbetrag gilt aber bei Familienheimfahrten nicht.

Die Änderung bei der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel (etwa Park & Ride) hat auch Auswirkungen auf pauschale Zuschüsse des Arbeitgebers, nämlich auf die Höhe der als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale. Denn eine Pauschalierung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung von Bus und Bahn kommt jetzt erst dann in Betracht, wenn diese die im Jahr anzusetzende Entfernungspauschale übersteigen. Die hierzu gemachten Ausführungen im neuen BMF-Schreiben sind erstmals für den Lohnabrechnungszeitraum anzuwenden, der nach der Bekanntgabe dieses neuen Anwendungserlasses im BStBl beginnt. Betriebe müssen also die Gehaltsabrechnungen 2012 nicht zwingend korrigieren.

Dies betrifft etwa den Fall, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer für gezahlte Zuschüsse zu den Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte pauschal mit 15 % erhebt. Dann ist die Höhe der pauschalierungsfähigen Zuschüsse des Arbeitgebers bei ausschließlicher Benutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kfz auf die Höhe der als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale beschränkt. Ein höherer Zuschuss als 4.500 € ist in diesen Fällen pauschalierbar, soweit die anzusetzende Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte 4.500 € übersteigt.

BMF-Schreiben v. 03.01.2013 - IV C 5 - S-2351/09/10002
BMF-Schreiben v. 31.08.2009 - IV C 5 - S-2351/09/10002, BStBl 2009 I 891
BFH, Urt. v. 11.05.2005 - VI R 40/04, BStBl 2005 II 712
BFH, Urt. v. 16.11.2011 - VI R 46/10, BStBl 2012 II 470
BFH, Urt. v. 16.11.2011 - VI R 19/11, BStBl 2012 II 520
Steuervereinfachungsgesetz 2011 v. 01.11.2011, BGBl 2011 I 2131

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 22.01.13