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Rückstellungen für eine zu erwartende Betriebsprüfung

Eine zu erwartende Betriebsprüfung kann unter bestimmten Bedingungen zur Gewinnminderung führen, denn Unternehmer können in manchen Fällen Rückstellungen für die bei einer Außenprüfung anfallenden Kosten bilden. Der BFH hat sich kürzlich in einem Urteil mit dieser Thematik befasst, außerdem klärt ein aktuelles BMF-Schreiben weitere offene Fragen.

Nach Handels- und Steuerrecht ist eine gewinnmindernde Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzungen dafür sind:

  • Existenz einer ungewissen Verbindlichkeit, auch wenn die Höhe der Belastung zunächst noch unklar ist;
  • die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass künftig eine Verbindlichkeit entstehen wird;
  • es liegt eine wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag vor;
  • der Schuldner muss ernsthaft mit einer Inanspruchnahme durch finanzielle Belastung rechnen.

Der BFH hat in diesem Zusammenhang kürzlich entschieden, dass in der Bilanz einer als Großbetrieb im Sinne der Betriebsprüfungsordnung (BpO) eingestuften Gesellschaft Rückstellungen für im Zusammenhang mit einer Außenprüfung bestehende Mitwirkungspflichten grundsätzlich zu bilden sind, soweit diese die am jeweiligen Bilanzstichtag bereits abgelaufenen Wirtschafts- und damit Prüfungsjahre betreffen. Die gewinnmindernde Rückstellung für diese voraussichtlich anfallenden Kosten ist auch vor dem Erlass einer Prüfungsanordnung durch das Finanzamt möglich. Denn - so die Ansicht des BFH - es kommt für diesen Rückstellungposten auf der Passivseite der Bilanz nicht darauf an, ob bereits eine solche Prüfungsanordnung erfolgt oder ob sie lediglich in Zukunft zu erwarten ist.

Dieses Urteil entspricht nicht der bis dahin geltenden Verwaltungsansicht. Die Finanzverwaltung schließt sich aber der Ansicht des Gerichts jetzt an: Das BMF weist in einem aktuellen Schreiben darauf hin, dass die Grundsätze des BFH-Urteils für alle noch offenen Fälle allgemein anzuwenden sind, also sowohl für die Vergangenheit als auch für die anstehenden Bilanzen.

Der BFH ließ jedoch in seinem Urteil mangels Bedeutung für den konkreten Fall zwei Fragen offen:

  1. Darf eine Rückstellung für Betriebsprüfungskosten auch bei Betrieben gebildet werden, die mangels Einstufung als Großbetrieb keiner Anschlussprüfung unterliegen? 
  2. Welche Kosten sind bei der Bewertung der Rückstellung mit welchem Betrag zu berücksichtigen?

Das BMF gibt hierzu die Antworten aus Sicht der Verwaltung:

  1. Für Steuerpflichtige, bei denen keine Anschlussprüfung in Betracht kommt, gelten die Grundsätze des Urteils nicht. Die Vorgabe der Anschlussprüfung war nämlich ein tragender Grund für die BFH-Richter, um von einer hinreichend bestimmten Verpflichtung auszugehen, bei der die Inanspruchnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Somit kommt die Passivierung einer Rückstellung für Kosten, die in Zusammenhang mit einer zukünftigen möglichen Betriebsprüfung stehen, bei Klein- und Mittelbetrieben nicht in Betracht. 
  2. In die Rückstellung dürfen nur die Aufwendungen einbezogen werden, die in direktem Zusammenhang mit der Durchführung einer zu erwartenden Betriebsprüfung stehen. Hierzu zählen beispielsweise Kosten, die für die Inanspruchnahme rechtlicher oder steuerlicher Beratung zur Durchführung einer Betriebsprüfung entstehen. Die Rückstellung für diese Mitwirkungsverpflichtung zur Durchführung einer Betriebsprüfung ist eine Sachleistungsverpflichtung und grundsätzlich mit den Einzel- und den angemessenen Teilen der Gemeinkosten zu bewerten und abzuzinsen.

Nicht einzubeziehen in diese Rückstellung sind insbesondere allgemeine Verwaltungskosten, die bei anderen Verpflichtungen berücksichtigt worden sind. Dies betrifft etwa folgende Bereiche:

  • Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen;
  • Erstellung des Jahresabschlusses; 
  • Anpassung betrieblicher EDV-Systeme an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen.

Praxishinweis

Wenn bilanzierende Unternehmen die Grundsätze des BFH für noch offene Fälle aus früheren Jahren anwenden, müssen sie dabei die Regelungen zur Bilanzberichtigung beachten:

  • Eine Bilanzberichtigung ist unzulässig, wenn der Bilanzansatz im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung subjektiv richtig ist, also jede der bei Bilanzaufstellung der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung.
  • Entspricht ein Bilanzansatz im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung den Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung, wird er durch eine Änderung der Rechtsprechung nicht unrichtig.
  • Hat ein Unternehmer entsprechend der im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bestehenden Verwaltungsauffassung bilanziert, hält er aber einen davon abweichenden Ansatz für richtig, ist eine Bilanzberichtigung bei einer Änderung der Verwaltungsauffassung aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig, wenn er durch Zusätze oder Vermerke bei der Aufstellung der Bilanz dokumentiert hat, dass er einen von der Verwaltungsauffassung abweichenden Ansatz begehrt. Die Dokumentation ist zusammen mit der Steuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Soweit keine steuerlichen Ansatz- oder Bewertungsvorbehalte gelten, ist ein von der Handelsbilanz abweichender Ansatz in der Steuerbilanz als ausreichende Dokumentation anzusehen. 
  • Soweit eine Bilanzberichtigung nicht möglich ist, ist der falsche Bilanzansatz grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung geändert werden kann, erfolgswirksam richtigzustellen.

BMF-Schreiben v. 07.03.2013 - IV C 6 - S-2137/12/10001
BFH, Urt. v. 06.06.2012 - I R 99/10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 19.03.13