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Saisonarbeitskräfte: Umsatzsteuer bei Unterkunft und Verpflegung

 

Sommer und Herbst sind Erntezeit. In der Land- und Forstwirtschaft werden dann vermehrt Saisonarbeiter und Erntehelfer eingesetzt. Für deren Unterbringung und Verpflegung kann Umsatzsteuer fällig werden. Das Bayerische Landesamt für Steuern hat nun eine aktuelle Verfügung erlassen, wonach in diesem Zusammenhang keine Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung gem. § 24 UStG erfolgen kann.

Vom Bayerischen Landesamt für Steuern ist in Sachen Umsatzsteuer eine für Steuerberater und Mitarbeiter von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben interessante Verfügung ergangen. Pünktlich zur Erntezeit 2013 richtet sich eine Anweisung an diese Zielgruppe. Das Landesamt weist darauf hin, dass im Zusammenhang mit der Unterbringung und Verpflegung von Saisonarbeitskräften die Durchschnittssatzbesteuerung regelmäßig nicht angewendet werden kann.

Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG ist ausgerichtet auf die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erbrachten „sonstigen Leistungen".

Sie hat drei Voraussetzungen:

  1. Die Leistungen der Durchschnittssatzbesteuerung müssen mit Hilfe der Arbeitskräfte des Betriebs erbracht werden.
  2. In diesem Zusammenhang sind möglicherweise verwendete Wirtschaftsgüter der normalen Ausrüstung des Betriebs hinzuzurechnen.
  3. Die sonstigen Leistungen tragen normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung bei.

Ob eine sonstige Leistung normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beiträgt, ist aus Sicht des Leistungsempfängers zu beurteilen. Daraus folgt, dass die kostenpflichtige Unterbringung und Verpflegung von Arbeitnehmern eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs nicht der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt. Begründung: Diese Leistungen dienen überwiegend den privaten Bedürfnissen von saisonalen Arbeitskräften und Beschäftigten.

Hinweis: Betroffene land- und forstwirtschaftliche Betriebe sollten die Übergangsregelung für vor dem 01.01.2011 ausgeführte Umsätze beachten. Denn die derzeitige umsatzsteuerliche Beurteilung aus der Vorgabe des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ist erstmals mit einem Schreiben des BMF vom 27.10.2010 veröffentlicht worden und sollte erst auf ab dem 01.01.2011 ausgeführte Umsätze anzuwenden sein. Aus diesem Grund konnten die Land- und Forstwirte bis zum 31.12.2010 noch darauf vertrauen, dass diese Umsätze als „Hilfsumsätze" der Durchschnittssatzbesteuerung unterlagen.
Hintergrund ist, dass die ausgeführten Umsätze bei der Durchschnittssatzbesteuerung nur in folgenden Fällen gelten:

  • bei Lieferungen von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, außer Sägewerkserzeugnissen (5,5 % Umsatzsteuer),
  • bei Lieferungen von Sägewerkserzeugnissen und Getränken sowie von alkoholischen Flüssigkeiten (19 %),
  • bei übrigen Umsätzen (10,7 %).

Vorsteuerbeträge werden (je nach Art des Umsatzes) auf 5,5 % oder 10,7 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt.

Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten:

  • (klassische) Land- und Forstwirtschaften,
  • Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, 
  • Baumschulen sowie Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, 
  • Binnenfischerei, Teichwirtschaft, Fischzucht, 
  • Imkerei, 
  • Wanderschäferei, 
  • Saatzucht,
  • Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.

Führt der Unternehmer neben diesen Umsätzen noch andere aus, ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als ein gesonderter Betrieb des Unternehmens zu behandeln. Der Unternehmer kann spätestens bis zum 10. Tag eines Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamt erklären, dass seine Umsätze vom Beginn des vorangegangenen Kalenderjahres an nicht nach der Durchschnittssatzbesteuerung, sondern nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens fünf Kalenderjahre und kann vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden (spätestens bis zum 10. Tag nach Beginn des Kalenderjahres).

Praxishinweis

Für die Frage, ob eine steuerpflichtige, kurzfristige Beherbergung von Fremden oder eine langfristige steuerfreie Vermietung vorliegt, ist die Absicht des Vermieters entscheidend. Soll das Mietverhältnis nach den konkreten Vorstellungen des Land- und Forstwirts nicht länger als sechs Monate dauern, wird von einer nur kurzfristigen Beherbergung ausgegangen. Diese Verwaltungsvorgabe hatte auch das FG Baden-Württemberg im Januar 2013 bestätigt.

Gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg wurde Revision beim BFH eingelegt. In der anhängigen Revision (Aktenzeichen: V R 7/13) geht es konkret um die Frage, ob die kurzfristige Beherbergung von Arbeitnehmern, die der Unternehmer für einige Wochen als Erntehelfer beschäftigt, auch steuerfrei ist.

Beruft sich ein Unternehmer eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs in seinem Einspruch auf das vor dem BFH anhängige Verfahren, ruht das Einspruchsverfahren kraft Gesetzes.

Bayerisches Landesamt für Steuern, Vfg. v. 16.07.2013 - S 7410.1.1-13/5 St 33
BMF, Schreiben v. 27.10.2010 - IV D 2 - S 7410/07/10016
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 09.01.2013 - 12 K 2489/09

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 06.08.13