Ewe Degiampietro © fotolia.de

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Sofortige Erleichterung für Arbeitnehmer, die den Firmenwagen selten nutzen

Die Finanzverwaltung teilt neuerdings die für Arbeitnehmer günstige BFH-Sichtweise zur lohnsteuerlichen Behandlung von Firmenwagen bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese wendet sie ab sofort in allen offenen Fällen - und damit auch für Jahre vor 2011 - an, wie sich aus einem neuen BMF-Anwendungserlass ergibt. Zuvor hatte sich das BMF noch mit zwei Nichtanwendungserlassen von 2008 und 2009 dagegen gewehrt, doch diese sind nunmehr aufgehoben.

Damit verbessert sich die steuerliche Situation für Arbeitnehmer, die mit dem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Pkw durchschnittlich an weniger als 15 Tagen im Monat von der Wohnung zur Arbeitsstätte pendeln. Sie müssen den geldwerten Vorteil nicht mehr zwingend mit 0,03 % des Listenpreises pro Monat ansetzen, sondern dürfen dies alternativ mit 0,002 % tun. Insoweit haben sie die Wahl zwischen zwei Rechenalternativen:

  • Zuschlag durch Einzelbewertung: Tatsächliche Fahrten (Tage) x 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer
  • Pauschalregel: Monatlich 0,03 % des Listenpreises x Entfernungskilometer

Im Veranlagungsverfahren ist die Einzelbewertung in allen offenen Fällen anwendbar. Im Lohnsteuerabzugsverfahren gilt dies allerdings erst ab 2011, so dass der vorgenommene Lohnsteuerabzug bis Ende 2010 nicht zu ändern ist.

Beim Lohnsteuerabzug ist der Arbeitgeber nicht zur Einzelbewertung der tatsächlichen Pendelfahrten verpflichtet; er kann weiterhin die Pauschalregel als Zuschlag ansetzen. Dabei muss er die Anwendung in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer für jedes Kalenderjahr einheitlich festlegen und darf unterjährig nicht wechseln. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ist der Arbeitnehmer nicht an die für die Lohnsteuer gewählte Methode gebunden und kann diese einheitlich für das gesamte Kalenderjahr wechseln.

Obwohl das BMF nun die günstige BFH-Rechtsprechung anwendet, betont es, dass die Ermittlung des Zuschlags grundsätzlich weiter mit 0,03 % pro Entfernungskilometer und Monat vorzunehmen ist. Denn die Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten ist nur bei Vorliegen der nachfolgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber monatlich schriftlich zu erklären, an welchen konkreten Tagen (mit Datumsangabe) er den Firmenwagen tatsächlich für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte genutzt hat. Dabei darf der Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug aus Vereinfachungsgründen die Erklärung des Vormonats zugrunde legen und muss diese als Beleg zum Lohnkonto aufbewahren.
  • Stehen dem Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere Firmenwagen zur Verfügung, ist der Zuschlag fahrzeugbezogen zu ermitteln.
  • Werden im Lohnsteuerabzugsverfahren die tatsächlichen Fahrten einzeln bewertet, muss der Arbeitgeber für alle dem Arbeitnehmer überlassenen betrieblichen Kfz eine jahresbezogene Begrenzung auf insgesamt 180 Fahrten vornehmen.
  • Hat der Arbeitgeber im laufenden Jahr im Lohnsteuerabzugsverfahren die Pauschalregel angewandt, kann er 2011 noch zur Einzelbewertung übergehen. Die Jahresbegrenzung ist dann für die Monate, in denen die 0,03 %-Regelung angewandt wurde, um je 15 Tage zu kürzen.
  • Um im Veranlagungsverfahren zur Einzelbewertung wechseln zu können, muss der Arbeitnehmer fahrzeugbezogen darlegen, an welchen Tagen er das betriebliche Kfz tatsächlich für Fahrten zur Arbeit genutzt hat. Zudem muss er durch Belege glaubhaft machen, dass und in welcher Höhe der Arbeitgeber den Zuschlag mit 0,03 % des Listenpreises ermittelt und versteuert hat. Das gelingt z.B. durch die Gehaltsabrechnung, die die Besteuerung des Zuschlags erkennen lässt, oder eine gesonderte Bescheinigung des Arbeitgebers.


Praxishinweis

Die Verwaltung hat sich darüber hinaus zu weiteren BFH-Urteilen geäußert:

  • Gestellung eines Fahrers: Stellt der Arbeitgeber für Strecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Fahrer zur Verfügung, wird der geldwerte Vorteil für diese Fahrten um 50 % erhöht.
  • Privat- und Pendelfahrten: Die Zuschlagsregelung für Pendelstrecken zur Arbeit kann selbständig zur Wahl der Berechnung der übrigen Privatfahrten ausgeübt werden. Werden also keine sonstigen Privatfahrten mit dem Firmenwagen durchgeführt, kann die Strecke zwischen Wohnung und Arbeit mit 0,002 % oder 0,03 % angesetzt werden. Dabei sind jedoch die bestehenden Verwaltungsregeln zum Nutzungsverbot des Betriebsfahrzeugs für private Zwecke zu beachten.
  • Park and ride: Wird der Dienstwagen auf dem Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte nur auf einer Teilstrecke eingesetzt, beschränkt sich der Zuschlag auf diese Strecke. Dies gilt aber nur, wenn

 

 

  • der Arbeitgeber den Wagen nur für die Teilstrecke zur Verfügung stellt und die Einhaltung seines Nutzungsverbots überwacht oder
  • für die restliche Teilstrecke ein Nachweis über die Nutzung eines anderen Verkehrsmittels erbracht wird - z.B. eine auf den Arbeitnehmer ausgestellte Jahresbahnfahrkarte

 

BMF-Schreiben v. 01.04.2011 - IV C 5 - S 2334/08/10010
BMF-Schreiben v. 12.03.2009 - IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl I 2009, 500
BMF-Schreiben v. 23.10.2008 - IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl I 2008, 961
BMF-Schreiben v. 28.05.1996 - IV B 6 - S 2334 - 173/96, BStBl I 1996, 654
BFH, Urt. v. 22.09.2010 - VI R 57/09
BFH, Urt. v. 22.09.2010 - VI R 55/09
BFH, Urt. v. 22.09.2010 - VI R 54/09
BFH, Urt. v. 04.04.2008 - VI R 68/05, BStBl II 2008, 890
BFH, Urt. v. 04.04.2008 - VI R 85/04, BStBl II 2008, 887

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 12.04.11