matttilda © fotolia.de

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Streit um EDV-Rechnungen geht weiter!

Die Bundesregierung hat jetzt den Vermittlungsausschuss zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 angerufen. Dies hatte das Kabinett am 31.08.2011 beschlossen. Hintergrund: Der Bundesrat hatte den bisherigen Entwurf am 08.07.2011 vorerst gestoppt, da er insbesondere das Vorhaben ablehnt, nur alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben zu müssen. Da die Regierung ein besonderes Interesse am Zustandekommen des Gesetzes hat, weil es zahlreiche wichtige Maßnahmen zur Steuervereinfachung enthält, von denen sowohl die Bürger als auch Unternehmen profitieren, wurde die Vermittlung nun auf den Weg gebracht.

Die Verschiebung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 hat insbesondere zur Folge, dass die geplanten Vereinfachungen bei EDV-Rechnungen erst später als geplant kommen. Dabei geht es darum, dass Unternehmer derzeit elektronische Rechnungen nur dann zum Vorsteuerabzug verwenden können, wenn die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts durch zwei Verfahren gewährleistet werden:

  1. die qualifizierte elektronische Signatur bzw. die qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz: Hier ist für den Rechnungsempfänger sofort sichtbar, wenn während der Übertragung Änderungen in der Rechnung vorgenommen wurden;
  2. das Verfahren zum elektronischen Datenaustausch (EDI), wenn in der Vereinbarung hierüber der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten. Bei dem EDI-Verfahren ist der Übertragungsweg gesichert, so dass während der Übermittlung grundsätzlich keine Änderungen möglich sind.

Die Anerkennung elektronischer Rechnungen sollte eigentlich bereits für ab Juli 2011 ausgestellte Rechnungen deutlich einfacher werden, indem generell neben Rechnungen auf Papier auch die elektronisch erstellten zulässig sind. Damit darf ein Beleg für die Umsatzsteuer in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen werden, sofern die Anforderungen des Umsatzsteuerrechts erfüllt sind. Das gilt für jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie es im Geschäftsverkehr bezeichnet wird, sofern die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleistet werden. Das bedeutet insbesondere,

  • dass die Identität des Rechnungsausstellers - also des leistenden Unternehmers - und bei Gutschriften des Empfängers, sichergestellt ist und
  • dass es zu keiner nachträglichen Änderung der erforderlichen Pflichtangaben kommen kann.

Besonders vorteilhaft ist, dass künftig jeder Unternehmer selbst festlegen kann, in welcher Weise er diese Bedingungen gewährleistet. Dies kann er durch jedes innerbetriebliche Kontrollverfahren erreichen. Damit entfällt die Differenzierung zwischen Papierrechnungen und elektronischen Rechnungen, denn umsatzsteuerlich werden beide gleich behandelt. Rechnungen können dann beispielsweise in folgenden elektronischen Formaten ausgestellt und empfangen werden:

  • digital als E-Mail; das beinhaltet auch PDF-, Text- und Bildanhänge (z.B. tiff, jpg),
  • als Computer-Telefax oder unter Nutzung eines Fax-Servers, 
  • als Web-Download, 
  • als DE-Mail bzw. E-Postbrief und
  • wie bisher schon mit qualifizierter elektronischer Signatur oder im Wege des elektronischen Datenaustauschs (EDI).

Hinweis: Die Übermittlung einer Rechnung von einem zum anderen Standard-Fax oder von einem Computer-Telefax bzw. Fax-Server an ein Standard-Fax soll zukünftig als Papierrechnung gelten.

Durch die Neuregelung für elektronische Rechnungen erhöhen sich die Anforderungen an die Pflichtangaben nicht, die bislang für Papierbelege vorgeschrieben waren.

Praxishinweis

Ursprünglich war das Inkrafttreten des Steuervereinfachungsgesetzes ab Juli 2011 vorgesehen. Da dieser Termin mittlerweile längst ergebnislos verstrichen ist, stellt sich für viele Unternehmer die entscheidende Frage, ab wann sicher mit einer verlässlichen Einführung der Vereinfachungen zu rechnen ist, um für den Vorsteuerabzug elektronisch erstellte Rechnungen nutzen zu können. Auch ist offen, ob eine Rückwirkung des Gesetzes vorgesehen ist.

Das BMF teilte am 26.07.2011 auf seiner Internet-Homepage mit, dass sich die geplante Einführung verschiebt. Insoweit wird eine rechtssichere Anwendung der vorgesehenen Neuregelung zur EDV-Rechnung für Unternehmen erst mit Inkrafttreten des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 möglich sein. Eine Übergangsregelung hält das BMF aber insoweit nicht für erforderlich, da die Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung herabgesetzt werden und die bislang zulässigen Verfahren ohnehin weiterhin angewandt werden können.

Noch herrscht kein Zeitdruck, da die dem Gesetzentwurf zugrundeliegende EU-Richtlinie erst mit Beginn des Jahres 2013 national eingeführt sein muss. Erst dann sind Papier- und elektronische Rechnungen zwingend gleichzubehandeln. Vor diesem Hintergrund erscheint es realistischer, dass ein Inkrafttreten der Regelungen nach Einigung im Vermittlungsausschuss auf später verschoben wird und sie erst ab Neujahr 2012 gelten werden.

Tipp: Unternehmern, die eher auf die EDV setzen, sollten daher bis zur Gesetzesverkündung elektronisch übermittelte Rechnungen nur für den Vorsteuerabzug nutzen, wenn die derzeit gültigen Regelungen erfüllt sind, also sofern die qualifizierte elektronische Signatur oder das EDI-Verfahren verwendet werden. Anderenfalls ist der Vorsteuerabzug gefährdet, und bei versendeten Rechnungen droht Mehrarbeit, indem diese anschließend erneut ausgestellt werden müssten.

Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011, Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v. 08.06.2011 BT-Drs. 17/6105
Steuervereinfachungsgesetz 2011, Beschluss des Bundesrates v. 08.07.2011 BR-Drs. 360/11
Steuervereinfachungsgesetz 2011, Unterrichtung durch die Bundesregierung v. 31.08.2011 BT-Drs. 17/6875 (Anrufung des Vermittlungsausschusses)

 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 14.09.11