Peter Adrian © fotolia.de

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Umsatzsteuer bei Schönheitsoperationen

Bei der Frage, ob eine Schönheitsoperation als ärztliche Heilbehandlung anzusehen und damit steuerbefreit ist, gibt es immer wieder Streit mit dem Finanzamt. So hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass ästhetisch-plastische Operationen nur dann von der Umsatzsteuer befreit sind, wenn die medizinische Indikation im jeweiligen Einzelfall nachgewiesen wird, z.B. durch Einzelgutachten mit Einverständnis des Patienten. Beim BFH ist unter dem Aktenzeichen V R 16/12 die Revision anhängig.

Das Thema war jetzt auch Gegenstand einer Erörterung zwischen dem Bund und den obersten Finanzbehörden der Länder. Auf der Agenda stand die Frage, ob die Tätigkeit eines Chirurgen bei Schönheitsoperationen als ärztliche Heilbehandlung anzusehen ist und damit zur Anwendung der Steuerbefreiung führt oder ob Umsatzsteuerpflicht besteht.

Dabei wurde Folgendes beschlossen:

  • Eine generelle Steuerbefreiung für ästhetisch-plastische Leistungen eines Chirurgen bei Schönheitsoperationen kommt nicht in Betracht.
  • Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob diese Leistungen der medizinischen Betreuung eines Menschen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Das wäre z.B. bei Eingriffen wegen psychischer Belastung der Fall, nicht jedoch bei rein kosmetischen Eingriffen.
  • Wenn Leistungen steuerpflichtig sind, ist eine Umsatzsteuerpflicht vergleichbarer Tätigkeiten auch bei Krankenhäusern, Diagnosekliniken usw. anzunehmen, da dort ebenfalls nur Heilbehandlungen begünstigt werden sollen. 
  • Der Arzt bzw. Chirurg als Unternehmer trägt die objektive Beweislast dafür, dass das Hauptziel der Leistung der Schutz oder die Wiederherstellung der Gesundheit ist. Dadurch kann er eine Steuerbefreiung erreichen. Indiz hierfür kann die regelmäßige Übernahme der Kosten durch Krankenversicherungen sein. Umgekehrt führt es jedoch nicht zwingend zur Steuerpflicht, wenn die Krankenversicherung nicht zur Kostenübernahme verpflichtet ist.
  • Als Muster für steuerpflichtige Umsätze werden z.B. folgende Leistungen angeführt, wenn sie kosmetischer Natur sind und kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht:

 

 

  • Fettabsaugung,
  • Faltenbehandlung,
  • Brustvergrößerung und -verkleinerung,
  • Lifting, Nasenkorrekturen, Hautverjüngung per Lasertherapie, Lippenaufspritzung,
  • Botox-Behandlung zur Verminderung von Falten durch Einspritzen des stark verdünnten Nervengifts Botulinum-Toxin,
  • Permanent Make-up, Anti-Aging-Behandlung, 
  • Bleaching (Bleichen der Zähne) und Dentalkosmetik.

 

Der BFH hatte die vorgenannten Grundsätze übrigens bestätigt. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.

Praxishinweis

Die umsatzsteuerliche Behandlung ärztlicher Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütung war Thema einer Besprechung der Umsatzsteuerreferatsleiter. Danach sind sowohl Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen als auch alle ärztlichen Leistungen zur Empfängnisverhütung umsatzsteuerfrei - und dies unabhängig von der jeweiligen Verhütungsmethode.

Die Umsatzsteuerreferatsleiter stellten klar: Einrichtungen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zählen zu den im UStG begünstigten Zentren.

OFD Frankfurt, Vfg. v. 07.02.2013 - S-7170 A - 69 - St 112
FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.01.2012 - 6 K 1917/07 (Rev. BFH unter V R 16/12)
BFH, Beschl. v. 18.02.2008 - V B 35/06
BFH, Urt. v. 30.01.2008 - XI R 53/06, BStBl 2008 II 647
BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 BvR 2241/04

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 25.03.13