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Umsatzsteuer: Zum Hieressen oder zum Mitnehmen?

Bei Schnellrestaurants, Imbissbuden, Bäckereien oder Marktständen streiten sich Betreiber und Finanzämter häufig über die korrekte Umsatzbesteuerung: Wann liegt ein Außer-Haus-Verkauf vor? Wann wird an Ort und Stelle verzehrt? Überwiegt der Dienstleistungscharakter oder handelt es sich um eine reine Essenslieferung? Mit der Frage, welcher Steuersatz für pauschale Sparmenüs beim Außer-Haus-Verkauf maßgebend ist, hat sich jetzt das FG Schleswig-Holstein befasst. Ergebnis: Bei solchen Menüs handelt es sich umsatzsteuerlich nicht um eine einheitliche Leistung. Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage muss deshalb auf die einzelnen Menübestandteile aufgeteilt werden.

Darum ging es: Ein Unternehmer betrieb mehrere Schnellrestaurants und veräußerte Speisen und Getränke entweder zum Verzehr innerhalb der Restaurants oder zum Mitnehmen. Er bot u.a. sog. Sparmenüs an, also Produktzusammenstellungen, die neben den Speisen wie Sandwichs, Hamburger und Pommes frites auch Getränke wie Cola und Limonade in verschiedenen Größen beinhalteten. Für diese Menüs zahlte der Kunde einen Pauschalpreis, der unter der Summe der Einzelveräußerungspreise der Menübestandteile lag. Eine erkennbare Aufschlüsselung der auf die einzelnen Bestandteile entfallenden Preise erfolgte dabei nicht.

Umsätze müssen aufgeteilt werden

Nach Einschätzung des FG Schleswig-Holstein liegt beim Verkauf der Außer-Haus-Menüs umsatzsteuerlich keine einheitliche Leistung, sondern eine Mehrheit von steuerbaren Leistungen vor. Bei diesen muss der einheitliche Menüpreis - als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage - auf die einzelnen Menübestandteile aufgeteilt werden. Denn bei Umsätzen aus dem Verkauf von Sparmenüs außer Haus zum Pauschalpreis ist

  • bezüglich der Speisen der ermäßigte Steuersatz maßgebend und
  • für das Getränk der Regelsteuersatz anzuwenden.

Bei der Aufteilung steht dem Unternehmer keine freie Gestaltung zu. Vielmehr muss er das auf die Speisen bzw. Getränke entfallende Entgelt so einfach wie möglich ermitteln. Für das FG Schleswig-Holstein liefert insbesondere die sogenannte Marktwertmethode einen sinnvollen Aufteilungsmaßstab: Dabei wird das gesamte Pauschalentgelt im Verhältnis der jeweiligen Einzelveräußerungspreise der einzelnen Menükomponenten auf diese aufgeteilt.

Wann liegt eine Gesamtleistung vor?

Unter welchen Bedingungen sind mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln? Nach der Rechtsprechung des BFH gilt, dass in der Regel jeder Umsatz als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten ist. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt.

Eine einheitliche Leistung liegt demnach vor, wenn

  • mehrere Hauptleistungselemente so aufeinander abgestimmt sind, dass sie ihre Eigenständigkeit verlieren und etwas Selbständiges bilden, oder 
  • ein oder mehrere Teile die Hauptleistung und ein oder mehrere Teile Nebenleistungen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen.

Die Nebenleistung einer Hauptleistung erfüllt für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern stellt das Mittel dar, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Abzustellen ist jeweils auf die Sicht eines Durchschnittsverbrauchers.

Nach diesen Grundsätzen stellen die Menüs keine einheitlichen, sondern jeweils mehrere eigenständige Leistungen dar. Die Zusammenstellung der Speisen und Getränke führt zu keiner Verbundenheit der Einzelbestandteile, durch die etwas Neues und Untrennbares entsteht. Die einzelnen Komponenten können in den Restaurants grundsätzlich auch einzeln erworben und vom Kunden in beliebigen anderen Variationen zusammengestellt werden. Die mit dem Pauschalpreis versehene Menüzusammenstellung stellt lediglich eine von vielen Variationsmöglichkeiten dar.

Selbst wenn die einzelnen Komponenten so aufeinander abgestimmt sind, dass sie einer wohl häufig gewählten Speisezusammenstellung (bestehend aus Fleischgericht, Beilage und Getränk) entsprechen, führt dies aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht zur Annahme einer Verbundenheit, die den Verlust der Eigenständigkeit der Einzelkomponenten begründet oder zur Folge hätte, dass einer der Bestandteile seinen eigenen Zweck verliert, und lediglich als Nebenleistung das Mittel darstellt, die anderen Menübestandteile unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.

Praxishinweis

Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der erbrachten Leistungen ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Danach beläuft sich das Entgelt für die Menükomponenten in Summe auf die vom Kunden geschuldete pauschale Gegenleistung abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer (Nettoentgelt). Anzuwenden sind bei den Außer-Haus-Verkäufen

  • für das auf die Getränke entfallende Nettoentgelt der Regelsteuersatz und
  • für das auf die zubereiteten Speisen entfallende Nettoentgelt der ermäßigte Steuersatz.

Insoweit muss das als einheitlicher Menüpreis gezahlte Entgelt auf die einzelnen Bestandteile aufgeteilt werden. Diese Aufteilung ist dergestalt vorzunehmen, dass das Gesamtentgelt für das Menü im Verhältnis der bekannten Einzelveräußerungspreise der Menübestandteile aufgeteilt wird.

Zwar entsteht für den Abnehmer nach Erhalt eines Belegs die Möglichkeit, die Aufteilung des Gesamtpreises auf die unterschiedlich zu besteuernden Nettoentgelte zu ermitteln. Aus der bloßen Entgegennahme dieser Abrechnung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Kunden Inhalt und Bedeutung ermitteln und ein Angebot zu einer entsprechenden nachträglichen Vereinbarung über die Kaufpreisaufteilung erklären wollen. Der Käufer macht sich über die Aufteilung des Kaufpreises mangels Relevanz überhaupt keine Gedanken.

Nach der Rechtsprechung des BFH und auch des FG Bremen ist die Aufteilung eines Pauschalentgelts für ein Bündel von Leistungen, welche umsatzsteuerlich unterschiedlich behandelt werden, unter Anwendung der einfachst möglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode vorzunehmen oder gegebenenfalls zu schätzen. Es ist sachgerecht, aus Gründen der Einfachheit und Transparenz grundsätzlich auf die jeweiligen Einzelveräußerungspreise der Menükomponenten abzustellen. Auf dieser Grundlage ist es mit geringem Ermittlungs- und Berechnungsaufwand möglich, das pauschale Entgelt für das Menü in dem Verhältnis, in welchem die Einzelveräußerungspreise der Komponenten zueinander stehen, sachgerecht aufzuteilen. Für diese Form der Ermittlung müssen lediglich die Verkaufspreise und der Menüpreis herangezogen werden, so dass die Berechnung bei einem aus drei Komponenten bestehenden Menü bei gleichbleibendem Verkaufspreis mit leicht ermittelbaren Zahlen erfolgen kann.

FG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 04.10.2012 - 4 V 30/11
BFH, Urt. v. 07.10.2010 - V R 12/10, BStBl 2011 II 303
BFH, Urt. v. 25.06.2009 - V R 25/07, BStBl 2010 II 239
BFH, Urt. v. 06.05.2010 - V R 15/09, BStBl 2011 II 142
FG Bremen, Beschl. v. 13.10.2009 - 2 V 115/09

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 26.02.13