Reinhold Fögler © fotolia.de

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Vermögensverlust nach dem Scheidungsantrag beeinflusst den Zugewinnausgleich nicht

Besteht eine Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft in der vergleichbaren Ausgleichsgemeinschaft und übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht im Fall der Scheidung dem anderen Ex-Ehepartner als Ausgleichsforderung die Hälfte des Saldos zu. Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden ist.

Die sich hieraus ergebende Begrenzung der Ausgleichsforderung erhöht sich unter bestimmten Bedingungen, nämlich wenn der den Zugewinn Zahlende bis dahin

  • Schenkungen an den anderen Ex-Ehegatten gemacht hat,
  • Vermögen verschwendet hat oder 
  • Aktionen mit dem Zweck vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.

Im Falle der Scheidung ist für die Berechnung des Zugewinns und damit für die Höhe der Ausgleichsforderung nicht die Beendigung des Güterstands, sondern der frühere Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgebend.

Hinweis: Durch eine Neuregelung im BGB wurde der Stichtag für die Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorverlegt. Der Schuldner kann aber die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, wenn der Ausgleich grob unbillig wäre. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergaben, schuldhaft nicht erfüllt hat.

Aus der Gesetzesänderung mit dem früheren Stichtag für die Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung ergibt sich nach einem aktuellen Urteil des BGH keine einschränkende Auslegung dahingehend, dass bei einem vom Ausgleichspflichtigen nicht zu verantwortenden Vermögensverlust eine Begrenzung in Betracht kommt. Mit der Neuregelung sollte nämlich erreicht werden, dass gezielte Vermögensänderungen - insbesondere das Beiseiteschaffen von Vermögen - nach Zustellung des Scheidungsantrags den Zugewinn nicht mehr beeinflussen können. Zwar ist die Neuregelung ungünstig, wenn der Schuldner sein Vermögen unverschuldet ganz oder teilweise verliert - etwa durch fallende Notierungen der eigenen Aktien oder den Kurseinbruch eines Wertpapierdepots. Angesichts des klaren Wortlauts im BGB, des Ziels und der Begründung des Gesetzes kommt aber keine einschränkende Auslegung zugunsten des von einem unverschuldeten Vermögensverfall nach dem Stichtag betroffenen Ausgleichspflichtigen in Betracht. Die Neuregelung kann aber für den Schuldner auch positiv sein, wenn sich die Wertpapiere zwischen Antrag und Scheidung merklich im Kurs erholen.

Steuerlich gilt Folgendes:

  • Sofern die Beendigung des Güterstands durch Tod eintritt, unterliegt der Nachlass in Hinsicht auf den anteiligen Zugewinn nicht der Erbschaftsteuer. 
  • Wird die Ehe hingegen vorher geschieden, unterliegt die Bezahlung einer Zugewinnausgleichsschuld grundsätzlich dem privaten Vermögensbereich. Der Begünstigte hat keine Einnahmen im Sinne der Einkommensteuer und der Zahlungspflichtige kann keine steuerlichen Vergünstigungen in Anspruch nehmen.

Praxishinweis

Wird der Zugewinnausgleich nicht in bar, sondern durch Aufteilung des Vermögens geleistet, ist diese Vermögensübertragung steuerlich grundsätzlich unbeachtlich, sofern es sich um die Aufteilung von Privatvermögen handelt. Dennoch können sich gravierende Steuerfolgen ergeben, wenn der Ausgleich beispielsweise durch Übertragung von Immobilien, Wertpapieren oder Firmenanteilen erfolgt. Dann kann

  • ein Spekulationsgewinn bei Immobilien entstehen,
  • der Veräußerungserlös von Aktien oder Anleihen der Abgeltungsteuer unterliegen,
  • sich bei Hingabe von Betriebsvermögen der Gewinn erhöhen oder
  • beim Neubesitzer eine neue Bemessungsgrundlage für die AfA anfallen.

Diese Konsequenzen bedenken viele Paare nicht, da sie eher mit der Wertermittlung des Zugewinns beschäftigt oder dauerhaft im Streit sind. Doch steuerlich kann es besonders dann eine böse Überraschung geben, wenn der Zugewinn durch die Übergabe eines Hauses ausgeglichen wird, da das Finanzamt hier die AfA wieder rückgängig macht.

Beispiel: Ehemann A erwarb 2004 für 200.000 € ein Grundstück zum alleinigen Eigentum, das von ihm seither vermietet wurde. Die Ehe wurde im Jahr 2012 geschieden; bis dahin hatte A bereits AfA-Beträge von 50.000 € geltend gemacht. Der geschiedenen Ehefrau B stand daraufhin ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen A in Höhe von 250.000 € zu. Zur Abgeltung dieses Anspruchs übertrug ihr A das Grundstück, das im Übertragungszeitpunkt einen Verkehrswert von 250.000 € hatte.

      Veräußerungserlös         250.000 €
   + bisherige AfA                + 50.000 €
   -  Anschaffungskosten  ./. 200.000 €  

Gewinn aus § 23 EStG =    100.000 €

A muss also einen Spekulationsgewinn versteuern. In Höhe des entgeltlich erworbenen Anteils am Gebäude beginnt eine neue zehnjährige Veräußerungsfrist.

Diese Berechnung gilt auch im unternehmerischen Bereich. Gehörte die übertragene Immobilie zum Betriebsvermögen, ist die Entnahme ein steuerpflichtiger Gewinn. Da es hier keine Spekulationsfrist gibt, ist stets der Unterschied zwischen Verkehrs- und Buchwert zu erfassen, auch für die Gewerbesteuer.

BGH, Urt. v. 04.07.2012 - XII ZR 80/10
BGH, Urt. v. 02.02.2011 - XII ZR 185/08
BGH, Urt. v. 09.02.2011 - XII ZR 40/09
Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts v. 06.07.2009, BGBl 2009 I 1696

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 25.09.12