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Vorteile bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Börsenverlusten

Selbstständige (Einzelunternehmer, Freiberufler, Landwirte) oder Personen- und Kapitalgesellschaften können bilanzierte Wirtschaftsgüter im Falle einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zu Lasten des Gewinns auf ihren niedrigeren Teilwert abschreiben. Voraussichtlich dauernd ist eine solche Wertminderung bei an der Börse gehandelten Aktien und Anteilen an in- und ausländischen Investmentfonds, bei denen das Vermögen überwiegend aus Aktien besteht, dann, wenn der Kurs zum Geschäftsjahresende einmalig um mindestens 5 % (Bagatellgrenze) unter den beim Kauf des Papiers geltenden Kurs gesunken ist. Dies berechtigt zu einer Teilwert-AfA. Der Teilwert von börsennotierten Wertpapieren richtet sich dabei grundsätzlich ausschließlich nach dem Börsenkurs am Bilanzstichtag, wenn der Erwerb einer gleichhohen Beteiligung am Bewertungsstichtag zu diesem Wert möglich erscheint. Die spätere Kursentwicklung ist irrelevant.

Mit zwei Urteilen widerspricht der BFH der Verwaltungsauffassung, nach der die Teilwert-AfA bei Aufstellung der Handels- bzw. Steuerbilanz bei Kursverlusten nur gelingt, wenn

  • entweder der Börsenkurs am Bilanzstichtag um mehr als 40 % unter dem Kurs (Anschaffungs- plus Nebenkosten des Erwerbs) bei Erwerb des Wertpapiers liegt oder
  • der Börsenkurs an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen jeweils um mehr als 25 % unter dem Einstandspreis liegt und 
  • zusätzliche Erkenntnisse (Kurserholung) bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handels- bzw. Steuerbilanz berücksichtigt werden.

Somit ist eine Teilwertabschreibung nicht nur bei massiven Kurseinbrüchen möglich. Vielmehr reichen hierzu bereits rote Zahlen aus, die über die üblichen Wertschwankungen im Rahmen der Bagatellgrenze hinausgehen. Zudem kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Höhe sich die Kurse nach dem Bilanzstichtag wieder erholt haben.

Die 5-%-Grenze gilt nur dann nicht mehr, wenn konkrete und objektiv nachprüfbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Börsenkurs nicht den tatsächlichen Anteilswert widerspiegelt. Vom neuen BFH-Grundsatz ist nur ausnahmsweise abzurücken, zum Beispiel wenn

  • der Kurs durch Insidergeschäfte beeinflusst (manipuliert) war oder
  • über einen längeren Zeitraum hinweg mit den zu bewertenden Aktien(-fonds) praktisch kein Handel stattgefunden hat.

Allein die Möglichkeit oder Aussicht einer Wertsteigerung in der Zukunft steht einer Teilwertabschreibung nicht entgegen. Denn hierbei handelt es sich um wertbeeinflussende (wertbegründende) Umstände, die grundsätzlich die Bewertung der Aktien oder Investmentfonds zum Bilanzstichtag nicht berühren. Der aktuelle Börsenkurs spiegelt die informationsgestützte Einschätzung einer großen Zahl von Marktteilnehmern über die künftigen Risiken und Erfolgsaussichten des jeweiligen Unternehmens wider und drückt zugleich deren Erwartung aus, dass der jetzt gefundene Kurs voraussichtlich dauerhaften Charakter besitzt.

Der BFH begründet den typisierenden Rückgriff auf eine feste Bagatellgrenze damit, dass eine einzelfallbezogene Prüfung der voraussichtlichen Dauer von Kursdifferenzen aufgrund der Vielzahl der Steuerfälle sowie der begrenzten personellen Ressourcen sowohl die Finanzbehörden und -gerichte als auch die Steuerpflichtigen überfordern würde. Im Interesse eines möglichst einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs ist deshalb von dem grundsätzlich maßgeblichen Prozentsatz auszugehen.

Praxishinweis

Im betrieblichen Bereich sind - im Gegensatz zum Privatvermögen - noch zwei Besonderheiten bei Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (also Aktien und Investmentfonds mit einer entsprechenden Aktienquote) zu beachten:

  1. Bei der GmbH als Kapitalgesellschaft sind Aktiengewinne steuerfrei. Daher hat die Teilwert-AfA keinen Einfluss auf das steuerliche Einkommen. Da ein steuerliches Wahlrecht besteht, sollte die GmbH bei Aktien(-fonds) auf die Teilwert-AfA verzichten, Das erspart bei einer späteren Zuschreibung bei steigenden Kursen oder dem Verkauf die pauschale 5-%ige Hinzurechnung des Zuschreibungsbetrags oder Veräußerungsgewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe.
  2. Aktienverluste wirken sich bei Personenunternehmen, bilanzierenden Freiberuflern und Landwirten durch das sog. Teileinkünfteverfahren nur zu 60 % steuerlich gewinnmindernd aus, da auf der anderen Seite realisierte Gewinne mit 40 % steuerfrei bleiben.

Halten Selbstständige hingegen Anleihen und vergleichbare zinsbringende Wertpapiere im Betriebsvermögen, gelingt die Teilwert-AfA in der Regel nicht. Denn hier erfolgt - im Gegensatz zu Aktien - bei Fälligkeit die Einlösung zum Nennwert, und je näher der Fälligkeitstermin rückt, umso mehr notieren die Rententitel gegen 100 %, also auf das Niveau des Nominalwertes. Zwischenzeitliche Verluste etwa aufgrund von ungünstiger Zinsentwicklung sind daher steuerlich irrelevant, sofern die Anleihe dann nicht verkauft wird.

BFH, Urt. v. 21.09.2011 - I R 89/10
BFH, Urt. v. 21.09.2011 - I R 7/11
BFH, Urt. v. 26.09.2007 - I R 58/06, BStBl 2009 II 294
BFH, Urt. v. 08.06.2011 - I R 98/10
BMF-Schreiben v. 05.07.2011 - IV C 1 - S-1980-1/10/10011 :006, BStBl 2011 I 735
BMF-Schreiben v. 25.02.2000 - IV C 2 - S-2171 b - 14/00, BStBl 2000 I 372

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 03.01.12