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Wann für ärztliche Eingriffe Umsatzsteuer fällig wird


Für rein kosmetische Operationen wie Fettabsaugung, Faltenbehandlung, Brustvergrößerung, Brustverkleinerung, Lifting oder Nasenkorrekturen wird regelmäßig Umsatzsteuer fällig. Steuerbefreit sind hingegen i.d.R. ärztliche Eingriffe im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütung.

Ist die Tätigkeit eines ästhetisch-plastischen Chirurgen bei sog. Schönheitsoperationen als ärztliche Heilbehandlung anzusehen und damit von der Umsatzsteuer befreit? Diese Frage war Gegenstand einer Erörterung zwischen dem Bund und den obersten Finanzbehörden der Länder. Die OFD Frankfurt hat die Ergebnisse jetzt zusammengefasst. Der zentrale Punkt lautet: Eine generelle Steuerbefreiung für ästhetisch-plastische Eingriffe eines Chirurgen wie Schönheitsoperationen kommt nicht in Betracht.

Allerdings hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob dies der medizinischen Betreuung eines Menschen im Rahmen der Diagnose und der Behandlung von Krankheiten oder anderer Gesundheitsstörungen dient. Die Frage ist also, ob ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Dies kommt z.B. bei psychischen Belastungen in Betracht, nicht jedoch bei rein kosmetischen Eingriffen.

Wenn derartige Leistungen steuerpflichtig sind, ist eine Umsatzsteuerpflicht vergleichbarer Leistungen auch bei Krankenhäusern, Diagnosekliniken usw. anzunehmen. So sollen nach dem UStG nur Heilbehandlungen begünstigt werden. Die Faustregel lautet: Steuerpflichtig sind Leistungen immer dann, wenn sie kosmetischer Natur sind und kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.

Der BFH hat diese Grundsätze bestätigt. Die gegen das Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Auch der EuGH hat diese Rechtsprechung bestätigt.

Hinweis: Der Unternehmer trägt die objektive Beweislast dafür, dass das Hauptziel der Leistung der Schutz oder die Wiederherstellung der Gesundheit ist. Indiz hierfür kann die regelmäßige Übernahme der Kosten durch Krankenversicherungen sein. Es führt jedoch nicht zwingend zur Steuerpflicht, wenn die Krankenversicherung nicht zur Kostenübernahme verpflichtet ist.

Das FG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass ästhetisch-plastische Operationen nur dann steuerbefreit sind, wenn die medizinische Indikation im jeweiligen Einzelfall (ggf. durch Einzelgutachten mit Einverständnis des Patienten) nachgewiesen wird. Das Revisionsverfahren ist beim BFH anhängig (Aktenzeichen: V R 16/12). Ein weiteres Revisionsverfahren zur Frage des Nachweises der medizinischen Indikation ist gegen das Urteil des FG Niedersachsen anhängig (Aktenzeichen: V R 33/12).

Das FG Köln hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Unternehmer trotz der ärztlichen Schweigepflicht zum Nachweis der medizinischen Indikation verpflichtet ist. Erbringt er diesen Nachweis nicht, sind die strittigen Leistungen als steuerpflichtig zu behandeln.
Steuerbefreiung bei Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütung:

Die umsatzsteuerliche Behandlung ärztlicher Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen und der Empfängnisverhütung war Thema einer Besprechung der Umsatzsteuerreferatsleiter. Danach sind sowohl die Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen als auch alle ärztlichen Leistungen zur Empfängnisverhütung (unabhängig von der Verhütungsmethode) unter den gesetzlichen Voraussetzungen umsatzsteuerfrei.

Einrichtungen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zählen zu den begünstigten Zentren. Zwar erfolgt bei diesen Einrichtungen die für die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift notwendige Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht durch ein Zulassungs- oder Ermächtigungsverfahren, sondern durch eine vertragliche Regelung (Vergütungsvereinbarung).

Eine solche Vereinbarung stellt aber als Sonderfall der vertragsärztlichen Versorgung gleichwohl die erforderliche Teilnahme an dieser her.
Aufgrund des aktuellen Schreibens wird die bisherige Rundverfügung der OFD Frankfurt vom Februar 2013 aufgehoben.

Praxishinweis

Steuerpflichtig im Rahmen von Schönheitsoperationen sind z.B. folgende Leistungen, wenn sie kosmetischer Natur sind und kein therapeutisches Ziel haben:

  • Fettabsaugung,
  • Faltenbehandlung, 
  • Brustvergrößerung und -verkleinerung, 
  • Lifting, Nasenkorrekturen, 
  • Hautverjüngung (Lasertherapie), 
  • Aufspritzen von Lippen,
  • Botox-Behandlung (Verminderung von Falten durch Einspritzen eines stark verdünnten Nervengiftes Botulinum-Toxin), 
  • Permanent Make-up, 
  • Anti-Aging-Behandlung, 
  • Bleaching (Bleichen der Zähne),
  • Dentalkosmetik.

OFD Frankfurt, Vfg. v. 01.08.2013 - S 7170 A - 69 - St 16
OFD Frankfurt, Vfg. v. 07.02.2013 - S 7170 A - 69 - St 112
BFH, Urt. v. 15.07.2004 - V R 27/03, BStBl 2004 II 862
BFH, Beschl. v. 18.02.2008 - V B 35/06
BFH, Urt. v. 30.01.2008 - XI R 53/06, BStBl 2008 II 647
BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 BvR 2241/04
EuGH, Urt. v. 21.03.2013 - C-91/12
FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.01.2012 - 6 K 1917/07
FG Niedersachsen, Urt. v. 02.02.2012 - 16 K 10148/07
FG Köln, Urt. v. 28.02.2013 - 15 K 4521/07

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 10.09.13