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Weitere grenzüberschreitende Kapitalkontrollen geplant

Seit Juli 2005 und somit seit knapp acht Jahren ist die EU-Zinsrichtlinie im Kraft. Neben den 27 EU-Staaten setzen auch die Schweiz, Liechtenstein, die Kanalinseln, Andorra, Gibraltar, die Cayman-Inseln und Guadeloupe die dort vorgegebenen Kontrollmaßnahmen um. Damals gelang den Finanzministern ein großer Schritt zu grenzüberschreitenden Kapitalkontrollen. In den Staaten werden ausgezahlte Zinsen ans heimische Finanzamt des Anlegers gemeldet oder einer Quellensteuer unterworfen.

25 EU-Staaten und einige Steueroasen in Übersee versenden automatisch Kontrollmitteilungen; Österreich, Luxemburg sowie weitere eingebundene Drittstaaten erheben eine Quellensteuer. Der Satz liegt bei 35 % und damit zehn Prozentpunkte über dem heimischen Abgeltungssatz. Banken in Österreich oder inder Schweiz kassieren auf diese Weise von deutschen Kunden Gelder für den heimischen Fiskus; die persönlichen Daten werden bankintern gemäß der Richtlinienanweisung erfasst, der Steuereinbehalt erfolgt jedoch anonym. Nur wer die Erträge dem heimischen Finanzamt deklariert, darf die jenseits der Grenze abkassierte Steuer anrechnen. Der entsprechende Eintrag befindet sich auf der Anlage KAP.

Sparer mit grenzüberschreitendem Kapital müssen sich also oftmals mit Quellensteuer oder Kontrollmitteilungen anfreunden. Die EU-Kommission strebt an, Hongkong, Singapur und Macao einzubinden. Insbesondere Schweizer Banken überweisen die Erträge ihrer ausländischen Kundschaft gerne an ihre Töchter in diesen asiatischen Staaten. Durch diesen Transfer entgehen die Zinsen derzeit noch der Quellensteuer.

So vereinbarten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien am 09.04.2013 untereinander einen erweiterten Informationsaustausch. In einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission kündigten die Finanzminister der G5 an, gemeinsam noch effektiver gegen internationale Steuerhinterziehung vorzugehen. Sie äußerten in ihrem Schreiben außerdem die Erwartung, dass sich weitere EU-Mitgliedstaaten anschließen, um einen erweiterten automatischen Informationsaustausch als neuen Standard innerhalb der EU zu etablieren.

In einem ersten Schritt wollen die Finanzminister der G5 den automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte untereinander über die EU-Zinsrichtlinie hinaus erweitern. Die fünf Staaten werden hierzu ein Pilotprojekt auf den Weg bringen. Dabei werden sich die G5 an dem orientieren, was sie mit den USA als Mustervereinbarung zur Umsetzung der US-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen (Foreign Account Tax Compliance Act - „FATCA") durch zwischenstaatliche Abkommen im Juli 2012 vorbereitet haben. Sie fordern zudem, dass der Prüfungsvorschlag zur EU-Zinsrichtlinie bald verabschiedet wird. Die Erweiterung des automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen greift die internationalen Entwicklungen der letzten Zeit auf, die insbesondere auf Ebene der G20, G8 und OECD stattfinden.

Angesichts des internationalen Charakters von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sowie der Notwendigkeit global funktionierender Lösungen ist es wichtig, dass Maßnahmen auf EU-Ebene und Anstrengungen auf breiterer internationaler Ebene sich wirksam ergänzen, so die Finanzminister. Ein wesentlicher Teil der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung auf internationaler Ebene ist die steuerliche Transparenz. Das zwischenstaatliche Musterabkommen über den automatischen Informationsaustausch mit den USA reduziert die Belastung der Unternehmen auf ein Minimum und stellt gleichzeitig einen effektiven und effizienten gegenseitigen Informationsaustausch sicher. Nach Ansicht der Finanzminister der G5 verbessert dieses Abkommen die steuerliche Transparenz wesentlich und versetzt die Länder in die Lage, noch resoluter gegen Steuerhinterziehung vorzugehen.

Diesbezüglich wird ein Pilotvorhaben für multilaterale Transfers zwischen den fünf EU-Ländern unter Verwendung des mit den Vereinigten Staaten vereinbarten Musters als Grundlage für diesen multilateralen Austausch erarbeitet. Dieses Pilotprojekt wird auch eine Vorlage für ein umfassenderes multilaterales Abkommen bieten.

Europa soll eine Führungsrolle bei der Förderung eines weltweiten automatischen Informationsaustauschsystems einnehmen. Insbesondere drängen die Finanzminister auf Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die gegenseitige Amtshilfe, in der der verpflichtende automatische Informationsaustausch vorgesehen ist. Sie rufen daher alle EU-Mitgliedstaaten auf, den Änderungsvorschlag für die Zinsrichtlinie zu vereinbaren und ihren Geltungsbereich auf maßgebliche Drittländer auszuweiten.

Praxishinweis

Sparer müssen beachten, dass sie die über ausländische Konten und Depots kassierten Kapitaleinnahmen und realisierten Kursgewinne in der heimischen Steuererklärung schon seit 2009 anzugeben haben. Dies gilt unabhängig davon, ob sie der Richtlinie unterliegen oder nicht. Dann erhebt das heimische Finanzamt die Pauschalsteuer von 25 % im Nachhinein.

Belgien hatte eine Umstellung von der Quellensteuer auf den automatisierten Datenaustausch an Neujahr 2010 vorgenommen, Luxemburg will dies nach dem Beschluss der Regierung vom 10.04.2013 zum 01.01.2015 vornehmen. Damit steigt der Druck auf das letzte verbleibende EU-Land Österreich. Dessen Regierung will über einen engeren Austausch von Kontodaten ausländischer Anleger mit anderen EU-Ländern verhandeln; im Gegensatz zu Luxemburg will aber Österreich sich im Vorfeld der Verhandlungen mit der EU über einen automatischen Datenaustausch bei Bankkontoinformationen im Vorhinein auf keinen fixen Zeitpunkt festlegen. Nach der Zinsrichtlinie dürfen die beiden EU-Länder Luxemburg und Österreich die Übergangsregelung einer Quellensteuerlösung nur so lange anwenden, bis Drittstaaten wie die Schweiz oder Liechtenstein Auskünfte nach dem OECD-Musterabkommen erteilen. Dies erschien vor einigen Jahren noch undenkbar, steht jetzt aber unmittelbar bevor. Laut Richtlinientext endet die Übergangsregelung, wenn die Schweiz oder Liechtenstein ihr Bankgeheimnis lockern und ausländischen Finanzverwaltungen Auskünfte erteilen.

Die EU-Quellensteuer ist in voller Höhe auf die Einkommen- bzw. Abgeltungsteuer anzurechnen und wird auch ab 2009 weiterhin in der Anlage KAP eingetragen. Demgegenüber wird nach § 14 Abs. 2 ZIV die „normale" ausländische Quellensteuer von den Banken sofort mit der Abgeltungsteuer verrechnet.
Die EU-Quellensteuer muss nicht nach einem vorgeschriebenen Muster bescheinigt werden. Daher sind zu ihrer Anrechnung alle Bescheinigungen (wie z.B. Erträgnisaufstellungen) ausreichend, aus denen sich folgende Angaben entnehmen lassen:

  • Name,
  • Anschrift der Zahlstelle (Kreditinstitut),
  • wirtschaftlicher Eigentümer,
  • Höhe der Quellensteuer einschließlich Währung,
  • Zahltag,
  • Kontonummer(n),
  • Ausweis, dass es sich um eine Quellensteuer aufgrund der Zinsrichtlinie oder entsprechender völkerrechtlicher Abkommen (EU-Quellensteuer) und nicht um eine nationale Quellensteuer (z.B. Schweizer Verrechnungssteuer) handelt.

BMF, Pressemitteilung Steuern Nr. 25/2013 v. 09.04.2013
Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, ABl EU Nr. L 157/38
Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (Zinsinformationsverordnung - ZIV) v. 26.01.2004, BGBl 2004 I 128
BMF-Schreiben v. 30.01.2008 - IV C 1 - S-2402-a/0, BStBl 2008 I 320
OFD Rheinland, Kurzinformation ESt Nr. 025/2008 v. 23.04.2008

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 16.04.13