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Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung auf eine 100-prozentige Tochtergesellschaft

Die vom BFH aufgestellten Grundsätze für die Bewertung börsennotierter Aktien des Anlagevermögens können nicht auf die Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten übertragen werden. Insbesondere rechtfertigt eine Devisenkurserhöhung von mehr als 5 % nicht ohne Weiteres die sofortige Teilwertzuschreibung auf die Fremdwährungsverbindlichkeiten und eine entsprechende Folgeanpassung der Bewertung der Tochter auf der Ebene ihrer Muttergesellschaft. So hat jüngst das FG Schleswig-Holstein entschieden.

Der BFH hat hinsichtlich der Bewertung börsennotierter Aktien typisierend die Regeln eines informationseffizienten Kapitalmarkts zugrunde gelegt. Danach können Aktienkursverluste oberhalb einer Bagatellgrenze von 5 % grundsätzlich als ausreichend für eine Teilwertabschreibung angesehen werden.

Die hiermit verbundenen Einschätzungen können jedoch nicht ohne Weiteres auf Fremdwährungsverbindlichkeiten übertragen werden, entschied jetzt das FG Schleswig-Holstein hinsichtlich einer 100-prozentigen GmbH-Beteiligung. Die Kapitalgesellschaft war wegen eines ungünstigen Wechselkurses bei einem Immobilienkredit bilanziell überschuldet. Begründet wird der Unterschied damit, dass über die Kursbildung an der Börse eine Aktiengesellschaft selbst bewertet wird, während hingegen Devisennotierungen nicht direkt den Wert eines langfristigen Fremdwährungskredits abbilden und auch keine konkrete Aussage über den Wert des Schuldners beinhalten.

Hierzu stellt der Urteilstenor folgende fünf Grundsätze auf:

  1. Der Teilwert einer beim Alleingesellschafter als Finanzanlage im Anlagevermögen gehaltenen GmbH-Beteiligung ist nicht schon deshalb voraussichtlich dauerhaft gemindert, wenn die Tochtergesellschaft eine Teilwertzuschreibung infolge gesunkenem Euro-Kurs auf ihre Fremdwährungsverbindlichkeiten vornimmt und diese zu ihrer bilanziellen Überschuldung führt.
  2. Bei einer Restlaufzeit der Fremdwährungsverbindlichkeiten von etwa zehn Jahren und mehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen im Zeitverlauf bis hin zur Fälligkeit bzw. Tilgung etwa wieder ausgleichen. Diesen Grundsatz hatte der BFH bereits im April 2009 aufgestellt.
  3. Eine von der Einordnung zu Fremdwährungsverbindlichkeiten abweichende Bewertungsentscheidung ist für die Ermittlung des Teilwerts der GmbH-Tochter durch die Muttergesellschaft nicht maßgeblich. Dies gilt jedenfalls immer dann, wenn keine sonstigen gewichtigen Faktoren oder Einflüsse vorliegen, die auf ein dauerhaftes Absinken des inneren Wertes der Tochtergesellschaft hindeuten.
  4. Die vom BFH für die Bewertung börsennotierter Aktien des Anlagevermögens aufgestellten Grundsätze können nicht auf die Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten übertragen werden. Insbesondere rechtfertigt eine Devisenkurserhöhung von mehr als 5 % (= Bagatellgrenze) nicht ohne Weiteres die sofortige Teilwertzuschreibung auf die Fremdwährungsverbindlichkeiten.
  5. Nach diesem Grundsatz erfolgt dann auch keine entsprechende Folgeanpassung auf der Ebene ihrer Muttergesellschaft, sollte die Tochter fälschlicherweise schwankende Wechselkurse berücksichtigt haben.

Im entschiedenen Urteilsfall führten Verluste aus Fremdwährungsdarlehen zur bilanziellen Überschuldung (durch Eigenkapital nicht gedeckter Fehlbetrag), weil die GmbH eine Aufwertung des Schweizer Franken (CHF) - zunächst gegen die D-Mark und anschließend (nach der Währungsumstellung) gegen den Euro - zu beklagen und insoweit eine Teilwertabschreibung von 1,7 Mio. € vorgenommen hatte. In CHF war ein Kredit für den Erwerb von Gewerbeimmobilien aufgenommen worden, anschließend kam es zu einer Aufwertung des Franken von ca. 5,4 %, allein in einem Jahr. Als Folge daraus schrieb die Mutter den Wertansatz der Tochter-GmbH auf 0,50 € zum Bilanzstichtag ab.

Die Voraussetzungen einer Teilwert-AfA sind nicht erfüllt. Eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung ergibt sich insbesondere nicht bereits aus der bilanziellen Überschuldung eines verbundenen Unternehmens. Denn resultiert die bilanzielle Überschuldung der Tochtergesellschaft aus Devisenverlusten, stammt das Minus gerade nicht aus dem operativen Geschäft, sondern maßgeblich aus den verbuchten Aufwendungen aufgrund von Verlusten aus Wechselkursdifferenzen. Der Ansatz dieser Aufwendungen ist sachlich nicht gerechtfertigt. Denn es ist davon auszugehen, dass sich die Währungsschwankungen im weiteren Vertragsverlauf bis zur Fälligkeit ausgleichen werden. Läuft ein Fremdwährungsdarlehen noch einige Zeit, so kann ein Ausgleich erwartet werden.

Praxishinweis

Aus ähnlichen Gründen gibt es für festverzinsliche Wertpapiere im Anlage- und Umlaufvermögen keine Teilwert-AfA, weil der Inhaber am Ende der Laufzeit den Nominalwert erhält. Bei Devisenverlusten ist es die voraussichtliche Werterholung. Für eine Wertminderung muss für die Rückzahlung von Anleihen ein Bonitäts- und Liquiditätsrisiko des Schuldners bestehen und sie muss gefährdet sein. Das ist in der Bilanz 2012 etwa bei Griechenland-Anleihen der Fall.

Denkbar bei Anleihen ist lediglich eine Teilwert-AfA bis zum Nennwert, wenn das Papier in der Bilanz Anschaffungskosten von mehr als 100 % ausweist. Diesen Aufschlag erhält der Gläubiger nicht zurück.

FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.06.2012 - 1 K 130/09, Rev. unter I R 53/12
BFH, Urt. v. 23.04.2009 - IV R 62/06, BStBl 2009 II 778
BFH, Urt. v. 21.09.2011 - I R 89/10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 20.11.12