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Verfahrensrecht -

Duldungsbescheid: Was darf das Finanzamt?

Mit einem Duldungsbescheid kann das Finanzamt die Zwangsvollstreckung auf Dritte ausweiten, auf die der Steuerschuldner Vermögen verlagert hat. Der BFH hat klargestellt, dass es hierfür an einem vollstreckbaren Schuldtitel fehlt, wenn der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist. Bei einer Fiskalerbschaft gehen das Anfechtungsrecht und der Duldungsanspruch allerdings nicht unter. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 24.04.2024 (VII R 57/20) die Grundsätze zur Anfechtbarkeit von Steueransprüchen weiter konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Das Finanzamt (FA) nahm K mit Bescheid auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück in Anspruch. K hatte dieses Grundstück zuvor von der Abgabenschuldnerin S, ihrer Schwägerin, erworben. 

Als Gegenleistung übernahm K eine Briefgrundschuld (samt des hierdurch gesicherten Kredits) sowie die Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren Kaufpreises. 

Zudem räumte sie der S und deren Ehemann ein lebenslanges dingliches Wohnungsrecht ein. K legte gegen den Duldungsbescheid Einspruch ein. 

Später verstarb S. Ob alle gesetzlichen Erben das Erbe ausgeschlagen haben, ist ungewiss. Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos. Der BFH folgte dem.

Entscheidung im Besprechungsfall

Einleitend stellt der BFH fest, dass die von S vorgenommene Grundstücksveräußerung das FA als Gläubiger zur Anfechtung i.S.d. AnfG berechtigt. Bei Erlass des Duldungsbescheids hatte das FA als Gläubiger einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt, und die Abgabenforderungen waren fällig. 

Der Schuldtitel bestand in den Steuerbescheiden. Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der S hatte auch nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt. 

Nach Ansicht des FA war der Duldungsbescheid nach dem Versterben der S auch nicht aufzuheben. Dabei kann dahinstehen, ob es infolge des Versterbens der S zu einer Fiskalerbschaft gekommen ist. 

Denn auch wenn in diesem Fall die zugrundeliegende Abgabenschuld der Hauptschuldnerin S erloschen wäre, ist jedenfalls der materielle Duldungsanspruch nicht untergegangen.

An einem vollstreckbaren Schuldtitel fehlt es grundsätzlich, wenn der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist. Jedoch bewirkt der Akzessorietätsgrundsatz des AnfG im Fall einer Fiskalerbschaft nicht, dass das Anfechtungsrecht erlischt und der Duldungsanspruch untergeht. 

Denn dem Anfechtungsrecht liegt der Zweck zugrunde, dem Gläubiger den Zugriff auf die Vermögenswerte zu bewahren, die dem Vermögen des Schuldners durch Übertragung auf eine andere Person entzogen worden sind. 

Daher ist es aufgrund des Sicherungszwecks geboten, auch in diesem Fall das Fortbestehen der Steuerschuld zu fingieren, wenn dies nach der Interessenlage etwa mit Rücksicht auf Rechte Dritter an der Forderung geboten erscheint. 

Für die Steuerrückstände der S ist auch keine Zahlungsverjährung eingetreten. Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist auch nicht erloschen. 

Zwar kommt eine Duldungsinanspruchnahme nicht mehr in Betracht, wenn hinsichtlich des Anspruchs, zu dessen Durchsetzung die Anfechtung erfolgt ist, im Zeitpunkt der letzten belastenden Behördenentscheidung (hier also der Einspruchsentscheidung) Zahlungsverjährung eingetreten ist. 

Aber die Verjährung wird durch eine Vollstreckungsmaßnahme, vorliegend eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der Bank, unterbrochen. Dabei ist es für die Entstehung des Pfändungspfandrechts unerheblich, ob der Pfändung weitere Pfändungen im Rang vorgehen (also auch ggf. ein vertragliches Pfandrecht laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank). 

Das früher begründete Pfandrecht geht lediglich demjenigen im Rang vor, das durch eine spätere Pfändung begründet wird. Das bedeutet aber nicht, dass ein nachrangiges Recht gar nicht erst entsteht. 

Praxishinweis

Der BFH hat mit diesem Beschluss die bisherigen Grundsätze zur Anfechtung wie folgt konkretisiert: Für einen Duldungsbescheid fehlt es grundsätzlich an einem vollstreckbaren Schuldtitel i.S.d. AnfG, wenn der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist. 

Im Fall einer Fiskalerbschaft bewirkt der Akzessorietätsgrundsatz des § 2 AnfG jedoch nicht, dass das Anfechtungsrecht erlischt und der Duldungsanspruch untergeht, weil die Steuerschuld in diesem Fall als fortbestehend gilt. 

BFH, Beschl. v. 24.04.2024 - VII R 57/20

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