Die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 sind da: Was kommt nun auf die Steuerpflichtigen zu?

Achtung, es bewegt sich wieder etwas bei der Erbschaftsteuer: Nach der großen Reform vor einigen Jahren treten nun die neuen Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) in Kraft.

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Die ErbStR 2019 ersetzen die ErbStR 2011. Dies ist auch notwendig, da sich aufgrund der Erbschaftsteuerreform 2016 einige Rechtsänderungen ergeben haben. In der Praxis musste man dadurch neben den Richtlinien noch einige Erlasse zu den Änderungen berücksichtigen.

Auch gelten die Regelungen nun wieder einheitlich, denn es gab zwar koordinierte Ländererlasse, allerdings nur von 15 Bundesländern. Bayern hatte in einigen Punkten eine andere Auffassung. Jetzt hat man allerdings Klarheit hinsichtlich der Auffassung der Finanzverwaltung und dies gilt nun gleichwohl wieder in allen Bundesländern.

Alles in allem bringen die ErbStR zahlreiche Neuerungen mit sich, die Sie als Steuerberater im Blick haben sollten. Welche Regeln die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 im Detail geändert haben, erfahren Sie in den folgenden Beiträgen sowie komplett in unserem Spezialreport ErbStR 2019. Lesen Sie jetzt weiter!

1. Schwellenwert von 26 Mio. € nach den neuen Erbschaftsteuer-Richtlinien (R E 13a.1 und R E 13a.2 ErbStR)

Die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG bzw. die Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG ist ausgeschlossen, wenn der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens nach § 13b Abs. 2 ErbStG den Wert von 26 Mio. € überschreitet (Schwellenwert § 13a Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG). Welche Neuerungen die ErbStR 2019 rund um den Schwellenwert bringen, erfahren Sie im folgenden Beitrag. Hier mehr zum Schwellenwert von 26 Mio. Euro nach den neuen ErbStR erfahren.

 

2. Ermittlung der Lohnsumme (R E 13a. 7 ErbStR) und Lohnsumme in Umwandlungsfällen (Lohnsummenregelung)

In R E 13a.7 Abs. 1 ErbStR erfolgt eine Klarstellung, wie die Lohnsumme ermittelt wird. Sofern sich Änderungen der Rechtsform oder Umsetzungen des Personals in einem Ermittlungszeitraum in einem Unternehmensverbund ergeben, sind die Einheiten auch zur Ermittlung der Ausgangslohnsumme einzubeziehen, die an die Stelle der früheren Einheiten getreten sind. Ebenso gilt dies bei Verschmelzungen oder Einbringungen. Außerdem gibt es Anpassungen bei der Ermittlung der Lohnsumme in Umwandlungsfällen. Hier mehr zur Ermittlung der Lohnsumme nach den ErbStR 2019 erfahren.

 

3. Behaltensregelungen für Betriebsvermögen (R E 13a.13 ErbStR)

Der Verschonungsabschlag bzw. der Abzugsbetrag fallen für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber während der Behaltefrist schädlich über das Vermögen verfügt. Dazu zählt die Veräußerung des Vermögens. Nach R E 13a.13 ErbStR ist hierbei das obligatorische Rechtsgeschäft maßgebend und nicht erst die zivilrechtliche Wirksamkeit der Veräußerung. Welche Anpassungen die Erbschaftsteuer-Richtlinien bei den Behaltensregelungen sonst noch vornehmen, erfahren Sie hier.

 

4. Vorwegabschlag bei Familienunternehmen (R E 13a.20 ErbStR)

Nach § 13a Abs. 9 ErbStG setzt der Vorwegabschlag das Vorliegen bestimmter Beschränkungen von Entnahmen/Ausschüttungen, Verfügungsmöglichkeiten und Abfindungen im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung voraus. Wenn diese erfüllt sind, kann ein Wertabschlag von bis zu 30 % vom begünstigten Vermögen erfolgen. Was die Erbschaftsteuer-Richtlinien zum Vorwegabschlag neu regeln, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

 

5. Übermäßiges Verwaltungsvermögen (R E 13b.10 ErbStR)

Besteht das begünstigte Vermögen zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen (= übermäßiges Verwaltungsvermögen), sind Verschonungen nach §§ 13a, 13c ErbStG, Stundung nach § 28 Abs. 1 ErbStG und Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG ausgeschlossen (sog. 90%-Test). Alles Wichtige zum übermäßigen Verwaltungsvermögen nach den Erbschaftsteuer-Richtlinien erfahren Sie hier in unserem Spezialreport.

 

6. Altersversorgungsvermögen (R E 13b.11 Abs. 2 Satz 3 ErbStR)

Nach R E 13b.11 Abs. 2 Satz 3 ErbStR sollen junge Finanzmittel nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG nicht zu dem begünstigten Vermögen gehören, das ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubigern entzogen ist.

 

7. Überlassene Grundstücke bei Betriebsaufspaltung (R E 13b.14 ErbStR)

Grundstücke, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung überlassen werden, sollen nicht zum Verwaltungsvermögen gehören. Das soll allerdings nur gelten, soweit die Betriebsgesellschaft das Grundstück unmittelbar selbst nutzt. Ist das Grundstück stattdessen durch die Betriebsgesellschaft an Dritte überlassen, führt dies zu Verwaltungsvermögen. Diese Voraussetzung in den Richtlinien lässt sich jedoch § 13b Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a) ErbStG nicht entnehmen.

 

8. Wohnungsunternehmen (R E 13b.17 ErbStR)

Der BFH hatte entschieden, dass für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eines Wohnungsunternehmens mehrere qualitative Merkmale vorliegen müssen (BFH, Urt. v. 24.10.2017 – II R 44/15, BStBl 2018 II, 358.). Die Finanzverwaltung hat in die Richtlinien jedoch ihre typisierende Auffassung, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bei mehr als 300 eigenen Wohnungen regelmäßig vorliegt, übernommen (R E 13b.17 Abs. 3 Satz 2 ErbStR).

Dies war jedoch auch aufgrund der Ländererlasse vom 23.04.2018 (BStBl 2018 I, S. 692) anzunehmen.

Neu wurde auch aufgenommen, dass die Zweckbestimmung maßgeblich ist, wenn ein zur Vermietung bestimmtes Grundstück oder ein dazu bestimmter Teil im Besteuerungszeitpunkt nicht vermietet ist, z.B. aufgrund eines Mieterwechsels leer steht (R E 13b.17 Abs. 2 Satz 3 ErbStR).

 

9. Finanzmittel (R E 13b.23 ErbStR)

Die Finanzverwaltung stellt in R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR klar, dass auch Kryptowährungen wie Bitcoins zu den Finanzmitteln gehören.

 

10. Investitionsklausel (R E 13b.24 EStR)

Die Investitionsklausel nach § 13b Abs. 5 Satz 1 und 2 ErbStG ermöglicht es, Verwaltungsvermögen nachträglich dem begünstigten Vermögen zuzurechnen. Nach R E 13b.24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ErbStR müssen die dadurch geschaffenen Gegenstände unmittelbar einer land- und forstwirtschaftlichen oder originär gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dienen. Hier ist nicht ganz klar, ob darunter auch das Umlaufvermögen verstanden wird. Erfahren Sie hier mehr zur Investitionsklausel nach den Erbschaftsteuer-Richtlinien.

 

11. Ausschluss der Schuldenverrechnung (R E 13b.28 ErbStR)

Eine anteilige Schuldenverrechnung ist ausgeschlossen, wenn zum Steuerentstehungszeitpunkt der vorhandene Schuldenstand den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre übersteigt, es sei denn, dass dies durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Hier mehr zum Ausschluss der Schuldenverrechnung nach den ErbStR 2019 in unserem Spezialreport erfahren.

 

12. Verbundvermögensaufstellung (R E 13b.29 ErbStR)

In R E 13b.29 ErbStR nimmt die Finanzverwaltung Stellung zur Ermittlung des begünstigten Vermögens durch eine Verbundvermögensaufstellung. Sie stellt klar, dass eine Konzernbilanz nicht als Grundlage einer Verbundvermögensaufstellung dienen kann (R E 13b.29 Abs. 1 Satz 3 ErbStR). Welche Folgen das hat, erfahren Sie hier anhand eines anschaulichen Praxisbeispiels in unserem Spezialreport ErbStR 2019.

 

13. Verwaltungsvermögen – negativer Wert

Die Richtlinien enthalten Regelungen zu dem Fall, dass der Wert der Beteiligung des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen negativ ist:

  • R E 13b.12 Abs. 4 Satz 3 ErbStR: Das auf den Anteil am Gesamthandsvermögen entfallende Verwaltungsvermögen ist mit 0 € anzusetzen.
  • R E 13b.23 Abs. 9 Satz 4 ErbStR: Die auf den Anteil am Gesamthandsvermögen entfallenden Finanzmittel und die Schulden sind mit 0 € anzusetzen.
  • R E 13b.27 Satz 5 ErbStR: Das auf den Anteil am Gesamthandsvermögen entfallende junge Verwaltungsvermögen ist mit 0 € anzusetzen.


14. Tarifbegrenzung (R E 19a.1 ErbStR)

Der Entlastungsbetrag kommt nur für den Teil des zum Erwerb gehörenden begünstigten Vermögens nach § 13b Abs. 2 ErbStG in Betracht, für den kein Verschonungsabschlag nach § 13a oder § 13c ErbStG gewährt wird.

Dies sind:

  • Der nach Abzug des Verschonungsabschlags von 85 % verbleibende Betrag des begünstigten Vermögens (Regelverschonung, § 13a Abs. 1 ErbStG),
  • der nach Abzug des Verschonungsabschlags verbleibende Betrag des begünstigten Vermögens (Abschmelzmodell, § 13c ErbStG)
  • das gesamte begünstigte Vermögen (Verschonungsbedarfsprüfung, § 28a ErbStG).

Nicht gewährt wird er bei:

  • Optionsverschonung (§ 13a Abs. 10 ErbStG)
  • Überschreiten der 90%-Grenze (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG)
  • Schädliche Nettoverwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG)


15. Verschonungsbedarfsprüfung (R E 28a ErbStR)

Überschreitet der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. €, so kann auf Antrag eine Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG durchgeführt werden. Aufgrund dieser kann es dann zu einem teilweisen bzw. vollständigen Erlass der Steuer kommen, die auf das begünstigte Vermögen entfallen würde. Ein Erlass der Steuer kommt dann nur für den Teil des begünstigten Vermögens in Frage, den der Erwerber nicht aus seinem verfügbaren Vermögen begleichen kann. Nach R E 28a.2 Abs. 2 Satz 6 ErbStR mindert die auf den steuerpflichtigen Erwerb entfallende Steuer das verfügbare Vermögen nicht. Was das konkret bedeutet, erfahren Sie hier anhand eines Beispiels in unserem Spezialreport ErbStR 2019.

 

16. Gemeiner Wert (§ 9 BewG)

Die Finanzverwaltung definiert den gemeinen Wert dahin gehend, dass er sich durch den erzielbaren Preis bestimmt, der sich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung ergibt (R B 9.1 Satz 1 ErbStR). Was die ErbStR zum so genannten gemeinen Wert regeln, erfahren Sie hier.

 

17. Bewertung von Anteilen

Die Finanzverwaltung führt in R B 11.4 Abs. 10 ErbStR nochmal aus, dass nach ihrer Ansicht der gemeine Wert nicht notierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft nicht negativ sein kann und dann mit 0 € anzusetzen ist. Dies begründet sie damit, dass der Gesellschafter haftungsbeschränkt ist. Dass es in der Praxis durchaus Fälle gibt, bei denen auch Gesellschafter einer GmbH persönlich haften, wird hier ignoriert.

Für Kommanditisten enthält R B 97.5 Abs. 2 ErbStR eine korrespondierende Regelung. Auch dem Kommanditisten kann kein negativer Wert des Gesamthandsvermögens zugerechnet werden, soweit seine Kommanditeinlage vollständig erbracht wurde und sofern er nicht nachschusspflichtig ist. Der Wert ist dann mit 0 € anzusetzen. Hier wurde auch die Nachschusspflicht berücksichtigt. Bei den Anteilen an Kapitalgesellschaften wurde z.B. eine Nachschusspflicht nach § 26 GmbHG nicht bedacht.

Alle Änderungen auf einen Blick!

Was ändert sich 2019 bei der Erbschaftsteuer? In diesem Spezialreport sehen Sie alle relevanten Anpassungen mit zahlreichen Praxisbeispielen und Experten-Hinweisen.

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