Freitag, 25. September 2015: Die lang erwartete 1. Sitzung des Bundesrats nach der Sommerpause findet statt.
Auf der Agenda steht das Gesetz zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer – einem der wohl größten Streitpunkte zwischen Bundesrat, -tag, Kabinett und Wirtschaft in diesem Jahr.
Und eine Lösung ist bei der Erbschaftsteuerreform 2015 dringend notwendig. Denn bereits im vergangenen Jahr hat das Bundesverfassungsgericht am 17. Dezember 2014 die Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig erklärt.
Dauerstreitpunkt Erbschaftsteuer: Was bisher geschah
Die Karlsruher Richter störten sich insbesondere an den zu großzügigen Ausnahmen für Betriebserben. So sei es unter anderem möglich, dass jedes Betriebsvermögen steuerfrei übertragen werden kann, ohne dass überhaupt überprüft wird, ob der Betriebserbe nicht doch die dafür vorgesehenen Steuern zahlen kann. Ausführlich berichteten wir in unserer Urteilsbesprechung zum Nachlesen: „BVerfG urteilt zum ErbStG – Begünstigungen für Betriebsvermögen sind verfassungswidrig“.
Bereits kurze Zeit nach Veröffentlichung des Urteils kündigte Finanzminister Schäuble an, das Gesetz neu ordnen zu wollen – aber nur mit einer „minimalinvasiven“ Reform. Er wollte keine größeren Einschnitte bei der gängigen Praxis der Erbschaft- und Schenkungsteuer vornehmen.
Herausgekommen ist aber ein Gesetzesentwurf, der für einen regelrechten Aufschrei in der Wirtschaft (und teilweise auch in der Politik) gesorgt hat, sodass der Gesetzgeber erneut gezwungen war, den Referentenentwurf zu überarbeiten.
Gesetzentwurf 2.0: Politik gibt nach
Ein „Gesetzentwurf 2.0“ wurde veröffentlicht, der maßgeblich aber nicht mehr nur allein von Schäuble und dem BMF erstellt worden war. Denn zwischenzeitlich wurde die Erbschaftsteuerreform zur „Chefsache“ erhoben – zur Entscheidung, wie es weitergehen sollte, trafen sich die Spitzen der Koalition und des BMF am 6. Juli 2015.
Herausgekommen ist ein weicher Entwurf, der dem Verlangen der Wirtschaft deutlich entgegenkommt: So einigte man sich vor allem darauf, die Prüfschwellen für die Verschonung von Firmenerben nach oben zu verschieben.
Eine übersichtliche Betrachtung der neuen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen stellen wir Ihnen ebenso als Download bereit. Klicken Sie hier und laden Sie sich die Tabelle zur Änderung der Verschonungregeln kostenlos herunter!
Bundesrat ist nicht überzeugt
Allerdings sieht der Bundesrat die „Verwässerung“ des ursprünglichen Entwurfs ein wenig kritischer: Er ist nicht von der abgeschwächten Neufassung der Verschonungsregeln überzeugt. Zumal die geplanten Mehreinnahmen durch die Reform, die ein jährliches Plus von rund 200 Mio. EUR versprechen, mit weicheren Verschonungsregeln auch kaum noch zu halten sein dürften, „da [...] Verhaltensreaktionen sowie neue Gestaltungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen sind.“ – so der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 25.9.2015.
Grundkonzept bleibt bestehen
Zwar nimmt der Bundesrat zahlreiche Anpassungen am Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuer vor, behält jedoch im Großen und Ganzen das Konzept der bisherigen Verschonung bei. Firmenerben sollen somit auch weiterhin von Steuern befreit bleiben, sofern sie Arbeitsplätze durch eine Fortführung der Unternehmen über einen bestimmten Zeitraum sichern.
Nichtsdestotrotz spricht sich auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme für eine deutlich stärkere Besteuerung von Unternehmen aus, die mehr als 26 Mio. EUR Betriebsvermögen besitzen.
BR mahnt an: Reform vielleicht verfassungswidrig
Das dürfte allerdings ein noch bitterer Rückschlag für den Gesetzgeber sein: Der Bundesrat sieht im Reformvorhaben die Vorgabe der verfassungsgemäßen Ausgestaltung nicht erfüllt.
In seiner Stellungnahme weist der Bundesrat ausdrücklich auf noch offene verfassungsrechtliche Fragen hin. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die „geplante Verschonung bei sehr hohen Unternehmensvermögen ohne entsprechende Bedürfnisprüfung“ noch einmal genau von der Bundesregierung zu prüfen.
Darüber hinaus fordert die Länderkammer auch eine rechtssichere Abgrenzung des neuen begünstigten Unternehmensvermögens – nicht zuletzt auch aus verwaltungsökonomischer Sicht für die Finanzverwaltungen sowie für die Steuerpflichtigen. Bisher ist aus dem Gesetzesentwurf nämlich nicht gänzlich ersichtlich, auf was das begünstigte Unternehmensvermögen genau abzielt.
Das Reformvorhaben: Zurück zum Bundestag
Die Stellungnahme mit allen Änderungsanträgen des Bundesrates geht nun an die Bundesregierung – mit ihrer Gegenäußerung können dann alle Dokumente zur Entscheidung an den Bundestag weitergeleitet werden.
Ein fixer Termin für die nächste Lesung der Reform der Erbschaftsteuer im Bundestag steht jedoch noch nicht fest.
Lesen Sie die Stellungnahme des Bundesrates zur Reform der Erbschaft- und Schenkungssteuer vom 25.9.2015 im Volltext.
Quelle: bundesrat.de